Letzte Woche hat sich die Credit Suisse mit ihrer neuen Debit Mastercard auf die Überholspur gesetzt, wir haben berichtet, hier. Diese Karte soll die altgediente Maestro-Karte ersetzen und dabei CS-Kunden deutlich mehr an Leistung bieten, zu günstigeren Konditionen. Smarter Move von der Grossbank, um den Angeboten von Challenger-Banken wie Revolut oder Neon in der Schweiz mit einer eigenen Karte zu begegnen, welche die Insel der Hochpreis-Karten verlassen hat.
UBS zieht nach und lanciert die Global Cards
Mit Global Cards platziert die Grossbank ein Kartenangebot, das vor allem für Vielreisende und Online Shopper attraktiv sein soll. Ab August soll die neue Kreditkarte verfügbar sein, welche das Bezahlen im Ausland kostengünstiger machen wird. Für Herbst 2020 kündigt UBS die neue Generation der Debitkarten an, welche im Gegensatz zur Maestro-Karte auch internetfähig sind und zum Bezahlen in Online Shops eingesetzt werden können.
Einkäufe in Fremdwährungen werden zum Mastercard-Wechselkurs umgerechnet, mit einem Aufschlag von 0,5 Prozent. Gleichbleibend und unabhängig von der Währung, deshalb transparent, und auch gültig am Wochenende, verspricht die Grossbank. Weitere Bearbeitungsgebühren bei Zahlungen im Ausland oder auch bei Internet-Einkäufen in ausländischen Online Shops fallen nicht an.
Die Offensiven der Challenger-Banken zeigen Wirkung
Neo-Banken wie Revolut, N26 und andere verdanken einen beträchtlichen Teil ihres schnellen Wachstums den transparenten und vor allem sehr tief gelegten Gebühren bei Kartenzahlungen. Operieren diese Neo-Banken im Vergleich zu Schweizer Grossbanken noch nicht in alarmierender Grösse, setzen sie dennoch deutlich sichtbare Signale und beeinflussen zunehmend und spürbar das Verhalten bestehender und neuer Bankkunden.
Sofern Revolut Neukunden weiterhin mit dem Caterpillar einsammelt, dürfte die Challenger-Bank inzwischen deutlich über 300'000 Kunden in der Schweiz haben und kann deshalb nicht mehr als vernachlässigbare Grösse betrachtet werden. Das Schweizer FinTech Neon weist über 30'000 Kunden aus, hat Anfang 2020 das Revolut-Modell übernommen und bei Kartenzahlungen im Ausland oder im Internet alle Gebühren und Wechselkursaufschläge gestrichen, wir haben berichtet, hier.
Die Antwort der Schweizer Banken: Neue Alternativen zu Neo-Banken
Avancieren die Karten der Challenger-Banken mit steigender Tendenz zur Zweitkarte, die im Internet oder auf Reisen eingesetzt wird, entgehen Schweizer Banken dadurch mehr und mehr Teile ihres Kartengeschäfts. Diese Abwanderung soll gestoppt werden – so lesen sich die Statements der beiden Grossbanken auch ziemlich ähnlich.
Bei der Einführung der neuen Debitkarte der Credit Suisse warf Anke Bridge Haux, Head Digitalization & Products bei der Credit Suisse (Schweiz), letzte Woche den folgenden argumentativen Anker:
Die neu kostenlosen Auslandstransaktionen machen die Debit Mastercard zu einer attraktiven Alternative zu Angeboten von Neo-Banken
Die aktuelle Lancierung der UBS Global Cards begleitet Karin Oertli, Chief Operating Officer UBS Personal & Corporate Banking and Region Switzerland, mit den Worten:
Wir freuen uns, mit den UBS Global Cards eine attraktive Alternative zu den Angeboten von Neo-Banken anzubieten
So oder so eine erfreuliche Entwicklung. Kunden sollen aus einem breiten Karten-Angebot die Kombinationen auswählen können, die ihrem persönlichen Bezahl-Verhalten am besten entsprechen. Der Fächer der Angebote wird breiter, aus allen Richtungen, das kommt den unterschiedlichen Wünschen von verschiedenen Kundengruppen entgegen.
Neon setzt einen obendrauf und kooperiert mit Transferwise
Über die Multiwährungs-Konten mit Debitkarte und die ziemlich unschlagbaren Konditionen des Unicorns Transferwise bei grenzüberschreitenden Zahlungen haben wir schon mehrfach berichtet. Das FinTech scheint auch in der Schweiz Grosses vorzuhaben und hat mit der kürzlich gegründeten "TransferWise Switzerland AG" bereits einen ersten sichtbaren Absichts-Pflock eingeschlagen.
Transferwise kooperiert seit längerem mit Banken, traditionellen und Neo-Banken, damit deren Kunden jeweils direkt in der Banken-App von Komfort, Tempo und tiefen Gebühren profitieren können.
Neu kooperiert das FinTech Neon mit Transferwise, öffnet die Services bei Auslandsüberweisungen für seine Kunden und integriert die Transferwise-Funktionalität direkt in die Neon-App. Damit werden Überweisungen aus der App in 20 Währungen und mehr als 40 Länder möglich – jeweils zum Devisenmittelkurs, schnell und günstig, Gebühren und Wechselkurs werden vor der Überweisung jeweils transparent ausgewiesen.
Diese Kooperation ist die erste dieser Art in der Schweiz und verbindet Transferwise, Neon und Open Banking-Partner Hypothekarbank Lenzburg zum Pionierteam, das für Bankkunden einen weiteren attraktiven Service öffnet.
Da kommt noch mehr – aus allen Richtungen
Wir haben bei Transferwise nachgefragt, ob die aktuelle Kooperation bereits etwas mit der Schweizer Gesellschaft und deren Plänen zu tun hat. Nein, hat es nicht. Von Transferwise wird jedoch noch einiges zu erwarten sein, zumal das global agierende Technologie-Unternehmen bei der Gründung ihrer Schweizer Niederlassung letzten Mai zu Protokoll gegeben hat:
Die Schweiz gehört für uns zu den wichtigsten und wachstumsstärksten Märkten in Europa
Mehr ist auch aus anderen Ecken zu erwarten. Zum Beispiel von der Challenger-Bank Revolut, die sich im Februar 2020 mit 500 Millionen frischem Kapital versorgt hat und sich kaum mit 300'000 Schweizer Kunden zufriedengeben wird. Oder von N26, sofern aus dem Eurokonto ein voll nutzbares CH-Konto gemacht werden kann. Auch von der Schweizer Neo-Bank Yapeal, die mit der ersten Schweizer FinTech-Lizenz, dem schnellsten digitalen Onboarding, einer grossen Community und einer im realen Markt intensiv getesteten App bald starten wird.
Und, besonders erfreulich, auch von traditionellen Schweizer Banken ist vieles zu erwarten. Diese setzen vermehrt sichtbare Zeichen und haben sich offensichtlich entschlossen, das grosse Feld der Neukundengewinnung mit smarten Apps und attraktiven Gebühren auf Dauer nicht Challenger- und Neo-Banken zu überlassen.
Dabei geht's nicht um die einen gegen die anderen, nicht um die Traditionellen gegen die Neos, es geht um sehr viel mehr. Wie das Beispiel von Transferwise zeigt, können sich Finanzdienstleister in Kooperation hervorragend verstärken. Haben die einen das, was die anderen brauchen – und umgekehrt – profitieren alle, vor allem auch die Kunden.
Es muss auch noch mehr kommen, aus allen Richtungen
Wir berichten laufend darüber, was sich im Bereich Neo-Banken im Ausland tut. Da ist sehr viel in Bewegung. Diese Bewegung wird auch auf die Schweiz überschwappen, früher oder später. Eher früher. Was sich heute in der Schweiz vor allem über Revolut und N26 manifestiert, ist erst der sichtbare Anfang. Dazu kommen bestehende und neue Schweizer Challenger-Banken, die sehr agil operieren und für Überraschungen sorgen werden. Mit im Spiel sind mehrere Big Techs, die auf unterschiedliche Weise Terrain besetzen.
Die aktuellen Initiativen der traditionellen Schweizer Banken sind deshalb auch erst der Anfang. Im besten Fall der Anfang einer Aufbruchstimmung, die ebenfalls für Überraschungen sorgen wird. Nicht aus der Defensive heraus, sondern mit der Lust und der Entschlossenheit, Innovationen zu schaffen, die Zeichen setzen. Kapital, Technologie, Kreativität und aufnahmebereite Märkte sind vorhanden. Gute Voraussetzungen für alle Beteiligten, die Rollenverteilung der Zukunft aktiv zu beeinflussen.