Auch wenn die Überschrift ein Gefühl der Ernüchterung hervorrufen mag, muss es nicht unbedingt schlecht sein, sich nach all dem Hype in einer Realität ohne Weichspüler wiederzufinden.
Künstliche Intelligenz (KI) ist für den Finanzdienstleistungssektor mit schier unendlichen Potenzialen verknüpft. Leider haben viele Initiativen in den vergangenen Jahren (noch) nicht die erwarteten Ergebnisse gebracht.
In zahlreichen Gesprächen mit C-Level Führungskräften und dem Lehrkörper des Nachdiplom-Studiums "AI in Finance" an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich habe ich einige Faktoren identifiziert, die diesen Bemühungen neuen Schwung verleihen. Und dazu das Vertrauen nicht nur bei den Führungskräften von Banken und Versicherungen, sondern im gesamten Unternehmen wiederherstellen können.
Datenbereitstellung und -modernisierung
Es mag auf den ersten Blick langweilig und etwas abgedroschen klingen, aber das grundlegendste Problem, das den Erfolg von KI behindert, ist der Mangel an qualitativ hochwertigen, zugänglichen Daten.
Veraltete Infrastrukturen, fragmentierte Systeme und Datensilos hindern KI-Modelle daran, effektiv zu lernen und verlässliche Erkenntnisse zu gewinnen.
Strategischer Fokus auf bestimmte Anwendungsfälle
Frühe KI-Initiativen litten oft unter einem breiten, unfokussierten Ansatz. Heute liegt der Schwerpunkt auf der Identifizierung und Priorisierung spezifischer, hochwirksamer Anwendungsfälle, in denen KI einen greifbaren Wert und eine klare Rendite liefern kann.
Aufbau robuster KI-Governance- und Risikomanagement-Frameworks
Bedenken in Bezug auf Datenschutz, Sicherheit, algorithmische Verzerrungen und den "Blackbox"-Charakter einiger KI-Modelle haben die Einführung behindert.
Hier müssen Organisationen nachbessern und noch transparenter über Ziele und Fortschritte kommunizieren.
Operationalisierung und Skalierbarkeit im Blick
Viele KI-Projekte kommen nie über die Proof-of-Concept-Phase hinaus und scheitern daher an der Skalierung innerhalb des Unternehmens.
Das spricht dafür, in eine bessere Guidance für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Bereichen zu investieren. Zum Beispiel durch die Entwicklung robuster MLOps-Funktionen (Machine Learning Operations), automatisierter Bereitstellungs-Pipelines oder effektiver Überwachungs- und Upskilling-Strategien.
Talententwicklung als Sprungbrett von AI zu Augmented Humanity
Ein erheblicher Engpass ist der Mangel an Generalisten und Fachkräften mit der richtigen Mischung aus KI-Fachwissen und der Domain-Expertise aus der Finanzbranche.
Der frühe (und dauerhafte) Erfolg des KI-Einsatzes ist in vielen Fällen mit dem Prinzip "Human in the Loop" verbunden. Dies erfordert ein mutiges Engagement für die Weiterbildung, Betreuung und Mobilisierung der gesamten Belegschaft. Die Einführung hybrider Mensch-KI-Modelle wird den Schwerpunkt auf die Ergänzung menschlicher Fähigkeiten durch KI verlagern.
Einhaltung gesetzlicher Vorschriften bei gleichzeitiger Nutzung von digitalisiertem Prozess- und Expertenwissen
Die Finanzdienstleistungsbranche ist stark reguliert. Die Implementierung von KI-gestützten Tools wird den Weg für die Automatisierung der Compliance-Berichterstattung und die Erkennung potenzieller regulatorischer Risiken als eingebettetes Merkmal ebnen.
So wie die Ehe für viele die Grundlage für ein erfülltes Leben ist, könnte Künstliche Intelligenz als Grundlagentechnologie eine Startrampe sein für die transformative Reise der Finanzbranche – so wie früher die Dampfmaschinen, die Elektrizität oder das Internet.
In beiden Bereichen wird unser Schicksal letztendlich allein durch das bestimmt, was wir daraus zu machen bereit sind.