Ist der Bitcoin nun endlich erwachsen geworden?

Die Evolution des Bitcoin, dargestellt an einem Kind, einem Jugendlichen und einem Erwachsenen

Die pubertären Stadien hat der Bitcoin längst hinter sich gelassen – bis anhin hat er sich aber noch nicht legitimiert, am Tisch der Erwachsenen sitzen zu dürfen.

Den "Liberation Day" letzte Woche hat US-Präsident Donald Trump zum Tag des wirtschaftlichen Niedergangs und der Börsencrashs gemacht. Ein Tag, der in die Geschichte eingehen wird.

Einerseits deshalb, weil ein Präsident der ganzen Welt den Zoll- und Handelskrieg erklärt hat. Aber auch, weil die Form der Präsentation im Rosengarten des Weissen Hauses mehr an den Charakter einer Tupperware Party erinnert hat. Das war es nicht, der mit einem Zweihänder geführte Affront an den Rest der Welt war in der Aufführung einfach sehr seltsam verpackt.

Warum der Bitcoin noch nicht so richtig erwachsen ist

Die pubertären Stadien hat der Bitcoin längst hinter sich gelassen. Deshalb gibt es zum Beispiel an den Börsen handelbare ETFs und andere offizielle Instrumente, die auch Institutionen als Anleger anziehen. Inzwischen darf der Bitcoin in den USA sogar als Asset in den steuerbegünstigten Sparplänen für die Altersvorsorge eine Rolle spielen.

Diese und zahlreiche weitere Meilensteine zeigen, dass der Bitcoin heute als Vermögenswert, Anlageinstrument und Wertspeicher gesehen und anerkannt wird.

Dazu kommt, dass der Bitcoin ein Wertspeicher ist, der unabhängig von Politik und Zentralbanken dezentral funktioniert. Das gibt ihm einen Sonderstatus, den keine andere Währung hat, die beliebig vermehrt und langfristig wertlos gemacht werden kann. 

Deshalb könnte der Bitcoin auch weitgehend unabhängig von Börsen- und anderen Entwicklungen existieren. Das war bisher aber nicht der Fall. Entweder wusste der Bitcoin nicht, dass er ziemlich losgelöst funktionieren kann, oder die Anlegerinnen und Anleger wussten das nicht. 

Jedenfalls ist der Bitcoin in der Vergangeheit mit kühner Regelmässigkeit im Gleichschritt mit dem Nasdaq eingekellert, wenn's an der Techbörse gekracht hat. Manchmal genügten schon einzelne schwächelnde Tech-Werte, um den Bitcoin mit die Tiefe zu reissen.

Dieses Verhalten ist eines Bitcoins unwürdig, weil der Bitcoin eben kein Tech-Wert ist, er ist etwas ganz anderes. Er sollte gerade dann, wenn klassische Werte leiden oder andere Faktoren verrückt spielen, das tun, wozu er geschaffen worden ist: stabil bleiben. Oder sogar stärker werden. Das hat er bisher aber nicht getan, die Korrelation mit fast jeder Art von Katastrophe war sichtbar und spürbar.

Warum der Bitcoin (vielleicht) erwachsen geworden ist – zumindest ein bisschen

Die Aufführung im Rosengarten des Weissen Hauses letzte Woche hat so gut wie alle Weltbörsen von grün auf tiefrot umgestellt. Börsen sind gecrasht und fast alle Titel haben massiv an Wert verloren. Das ist nicht erstaunlich – die Zollmauern, die Trump aufgestellt hat, können zahlreiche schwerwiegende Konsequenzen für die Weltwirtschaft, den freien Handel und für Unternehmen haben. 

Für den Bitcoin aber nicht, der funktioniert zollfrei und hat gerade dann das Potenzial als solider Wertspeicher zu funktionieren, wenn rundum das Chaos ausbricht. Genau das gehört zu seinen immanenten Kernkompetenzen.

Zum ersten Mal ist der Bitcoin weitgehend stabil geblieben, während der Wind an sämtliche Börsen und bei praktisch allen Assets  – sogar bei Gold – völlig gedreht hat. Das ist erstaunlich. Der Bitcoin hat sich nach eher wenig Abverkäufen über Tage stabil um die 83'000 US-Dollar gehalten. Das ist neu und anders.

Erst am Sonntagabend ist der Kurs dann auf deutlich weniger als 80'000 Dollar gesunken. Aber immerhin, der Bitcoin hat die unnötige Korrelation mit anderen Assets für einige Tage vergessen – oder waren es die Anlegerinnen und Anleger? – und hat sich gehalten.

Wie auch immer, in dieser Beziehung scheint eine gewisse Gesundung im Gange zu sein, welche in der Evolution des Assets eine sichtbare und positive Kerbe hinterlässt. Das verhilft dem Bitcoin noch nicht zu Stabilität auf Dauer. Aber der Wertspeicher hat gezeigt, dass er nicht mehr bedingungslos und kopflos der Richtung anderer Werte folgen muss, welche nicht über dieselbe Struktur und denselben Hintergrund wie der Bitcoin verfügen.

Ob der Bitcoin jetzt schon am Tisch der Erwachsenen sitzen darf, bleibt noch offen, aber immerhin: der Weg dahin ist ein Stück kürzer geworden.