Die Skandale und die schlechte Presse, die Anhörungen vor zahlreichen Gremien und die zahlreichen "Sorrys" von Facebook und Mark Zuckerberg ohne erkennbare Auswirkungen haben in den letzten Jahren eines klar gemacht: Facebook will Gewinne erwirtschaften und optimieren. Das ist erlaubt. Die Gewinnmaximierung um jeden Preis allerdings ist gefährlich und hat Spuren hinterlassen – positive in Bilanz und Börsenkursen, negative in Glaubwürdigkeit und Reputation.
Das Image des Konzerns und die Glaubwürdigkeit von Mark Zuckerberg sind schon längst im Keller. Höchste Zeit deshalb, das Terrain der verbrannten Erde zu räumen und dem Konzern einen neuen Namen zu verpassen: das Big Tech nennt sich neu Meta. Der Technologie-Konzern Meta Platforms betreibt weiterhin Facebook, Instagram und WhatsApp, verbindet mit dem Namenswechsel allerdings noch sehr viel grössere Pläne: nichts weniger als das Metaversum soll gebaut werden. Eine Erklärung, was genau das Metaverse ist, werden kann und was es macht, gibt's hier.
Und eine Ergänzung für Banken, Finanzdienstleister, Zahlungsabwickler und DeFi-Strategen gleich vorweg: Das Metaverse ist kein Tummelplatz für spielsüchtige Kids, wie man vermuten könnte, es ist ein virtueller Raum mit Brücken zur analogen Welt, in dem Finanz-Services, Geld, Anlagen und auch Bezahlen eine zentrale Rolle spielen werden.
Das Metaverse
Neu will Meta als Social Technology-Unternehmen die Führungsrolle im Metaversum besetzen. Wie Mark Zuckerberg das Metaverse beschreibt und in welcher Rolle er den Konzern Meta dabei sieht – einige Auszüge von Zitaten aus der Connect 2021 von letzter Woche:
"Unserem Unternehmen geht es darum, Menschen zu verbinden. Während die meisten Technologieunternehmen sich auf die Interaktion von Mensch und Technologie konzentrieren, möchten wir Technologien entwickeln, damit Menschen miteinander interagieren können."
"[…] Die Erlebnisse, die wir entwickeln und nutzen dürfen, werden strenger kontrolliert als je zuvor. Und hohe Steuern auf kreative neue Ideen sind ein Hemmnis. So ist die Technologie nicht gedacht. Das Metaversum bietet uns die Möglichkeit, diese Situation zu ändern – wenn wir es gut aufbauen. […]"
"Wir haben Technologien entwickelt, die Menschen auf neue Weise zusammengebracht haben. Die Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen und geschlossenen Plattformen haben uns vieles gelehrt. Jetzt ist es an der Zeit, das Gelernte zu nutzen, um das nächste Kapitel zu schreiben."
"Bei all den kritischen Blicken und der aktuellen öffentlichen Debatte fragen sich einige von euch vielleicht, warum wir das ausgerechnet jetzt tun. Ich glaube, dass wir auf dieser Erde sind, um Dinge zu erschaffen. Ich glaube, dass die Technologie unser Leben besser machen kann. Und ich glaube, dass die Zukunft sich nicht von selbst gestaltet. Das ist meine Antwort."
"Wir glauben, dass das Metaversum der Nachfolger des mobilen Internets sein wird. Wir werden uns anderen Menschen immer so nah fühlen können, als ob wir direkt bei ihnen wären, egal wie weit wir tatsächlich voneinander entfernt sind."
"Die Technologie hat uns die Möglichkeit gegeben, uns auszudrücken und die Welt noch intensiver zu erleben. […] Wir haben uns vom Desktop über das Internet bis hin zum Smartphone entwickelt. Von Text über Fotos bis hin zu Videos. Aber wir sind noch nicht am Ende angekommen. Die nächste Plattform, das nächste Medium, wird noch immersiver sein – ein erlebbares Internet, bei dem man mittendrin ist, statt es von aussen zu betrachten. Wir nennen es das Metaversum. Wir werden im Metaversum fast alles tun können, was innerhalb unserer Vorstellungskraft liegt: Freund*innen und Familie treffen, arbeiten, lernen, spielen, shoppen, Inhalte erstellen – und völlig neue Dinge, die wir uns mit unserem heutigen Verständnis von Computern und Mobiltelefonen noch gar nicht vorstellen können."
"Das Metaversum wird uns bereichernde Erlebnisse ermöglichen, indem wir neue Ebenen zu unserer Welt hinzufügen, mit denen wir interagieren können. Creator*innen und Künstler*innen werden sich auf ganz neue Weise mit ihren Zielgruppen verbinden können und so ein echtes gemeinsamen Erlebnis schaffen."
"Wir wissen aus den letzten Jahren, dass viele Menschen tatsächlich von überall aus arbeiten können. Hybride Lösungen werden jedoch viel komplexer, wenn einige Menschen vor Ort sind und andere aus der Ferne arbeiten. Wenn wir also jedem die Möglichkeit geben, unabhängig von seinem Aufenthaltsort dabei zu sein, ob als Hologramm in einem physischen Meeting oder in einer Unterhaltung im Metaversum, dann wird das ein bahnbrechender Wendepunkt sein. Ich denke, diese Entwicklung kann sich sehr positiv auf unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft auswirken. Den Menschen unabhängig von ihrem Wohnort Zugang zu Arbeitsplätzen zu verschaffen ist ein wichtiger Schritt, um mehr Menschen neue Chancen zu eröffnen."
"Denkt nur einmal daran, wie viele Menschen heute ihren Lebensunterhalt im Internet verdienen und wie viele dieser Jobs es vor ein paar Jahren noch gar nicht gab. Ich gehe davon aus, dass das Metaversum den Menschen genauso viele neue Möglichkeiten eröffnen wird."
"Datenschutz und Sicherheit müssen vom ersten Tag an in das Metaversum integriert werden."
Auch dieses letzte Statement von Mark Zuckerberg ist bemerkenswert. Es stellt sich die Frage, warum es denn bisher bei Facebook nicht so recht gelingen wollte, Datenschutz und Sicherheit zu integrieren. Nicht nur gegen aussen, auch gegen innen. Zuckerberg merkt in seinen Ausführungen in verschiedenen Zusammenhängen mehrmals an, dass der Konzern inzwischen sehr viel gelernt hätte. Wissen im Umgang mit der Teststrecke Facebook, das nun im grossen Muster des Metaverse angewendet werden soll? Zweifel bleiben erlaubt, weil es weniger um Wissen und Learnings geht, mehr um eine Haltung.
Zuckerberg hat weitere bemerkenswerte Aussagen gemacht, die gibt's im Video unten, in dem der Meta-Chef das Metaversum seines Konzerns vorstellt. Die an der Connect 2021 präsentierte Vision für das Metaversum von Meta gibt's in schriftlicher Form auch hier.
Metaversum von Meta oder offenes Metaverse?
Zuckerberg ist beseelt von der Vision seines Metaversums. Der kapitalkräftige Konzern wird auch massiv in diese Vision investieren. Unabhängig von der angekratzten Glaubwürdigkeit im Umgang mit Daten ist Meta grundsätzlich in einer guten Ausgangsposition, zumal Facebook, Instagram und WhatsApp von Milliarden Nutzerinnen und Nutzern täglich angesteuert wird. Das Big Tech hat schon heute Zugang und ist gewissermassen bereits im Gespräch mit einem erheblichen Teil der neuen Bewohnerinnen und Bewohner des Metaverse.
Nur: So wie das Internet nicht einem Konzern gehört, so darf auch das Metaverse nicht von einem oder von wenigen Big Techs kontrolliert oder dominiert werden. Zuckerberg spricht in seinen Ausführungen wiederholt in der Wir-Form und schliesst Entwickler, Unternehmen und Kreateure ausserhalb des Konzerns explizit mit ein. Man darf jedoch davon ausgehen, dass Meta durchaus den Anspruch hat, auch als Türsteher zu agieren und die Platzkarten zu verteilen.
Grössen wie Google, Amazon, Apple, Microsoft und weitere Big Techs werden das zu verhindern wissen. Wünschenswert bleibt jedoch, dass nicht die Big Techs allein den lukrativen Kuchen unter sich aufteilen. Auch dafür stehen die Chancen gut. Das Metaverse lebt von einer Vielzahl von offenen Protokollen, von der Blockchain, von DeFi-Entwicklungen und mehr, welche sich der Kontrolle einzelner Konzerne entziehen.
Sämtliche mitgestaltenden Teilnehmer, Konzerne, Entwickler und Unternehmen dürfen partizipieren und mit Leistungen überzeugen – nur die Rolle des Türstehers muss noch diskutiert werden. Es braucht keinen, deshalb darf der Job auch nicht besetzt werden.