Der Aktienkurs des Big Techs Meta hat sich innerhalb von wenigen Monaten halbiert – Meta-Chef und Facebook-Gründer Zuckerberg steht unter Druck.
Die erfolgsverwöhnte Facebook-Mutter Meta Platforms spielt mit ihren verschiedenen Plattformen eine dominante Rolle im Bereich Social Media. Facebook, Instagram und der Messenger Whats App verleihen Meta Marktmacht auf einem bisher soliden Boden. Seit dem Facebook-Beben vom Februar 2022 hat der Boden allerdings Risse bekommen, innerhalb von einem Tag sackte der Meta-Kurs um 26 Prozent ab, Milliarden haben sich in Luft aufgelöst. Seither ist der Aktienkurs weiter zurückgegangen und Meta operiert in mehrfacher Hinsicht in schwierigen Umfeldern.
Wachsende Konkurrenz, schrumpfende Gewinne, Nutzerschwund bei Facebook, Gegenwind von Apple und vor allem der Erfolg der Lieblings-Plattform der jungen Generation, TikTok, machen Meta zu schaffen und nehmen insbesondere Facebook den Wind aus den Segeln.
Die Zukunftsformel von Meta heisst Metaverse
Meta-Chef Mark Zuckerberg will den Konzern umbauen und hat bereits vor einigen Monaten angekündigt, dass die Zukunft für den Konzern im Metaverse liegen würde. Meta investiert denn auch Milliarden, um die führende Position der Vergangenheit in die neuen Sphären der Zukunfts-Technologie rüberzuretten. MoneyToday.ch hat über die ambitionierten Pläne und Zuckerbergs Visionen berichtet, hier. Wie Meta selbst das Metaverse als Drehscheibe für soziale Verknüpfungen sieht und dabei die eigene Rolle definiert, gibt's hier zu lesen.
Unter der Flagge "Eine Zukunft, die wir alle gestalten" hatte Meta bereits letztes Jahr ein höchst ungewöhnliches Bekenntnis abgelegt: "Das Metaversum ist ein Gemeinschaftsprojekt, das über ein einzelnes Unternehmen hinausgeht. Es wird von Menschen auf der ganzen Welt erschaffen und allen offenstehen." Damit hat Meta recht, das Metaverse gehört niemandem, es ist Teil des Web3, offen, es funktioniert dezentral und kann deshalb nicht von einem oder wenigen Big Techs dominiert werden.
Aufgrund der Facebook-Geschichte bleiben dennoch einige Zweifel bestehen, wie Meta die neue Offenheit gestalten will. Das Unternehmen hat sich in der Vergangenheit in der Rolle des Dominators gefallen und auch alles darangesetzt, diese Position zu verteidigen.
Zuckerbergs Wette auf das Metaverse
Meta investiert Milliarden, um zu den Leadern im Metaverse zu gehören. Ob das gelingen wird bleibt offen, die Konkurrenz ist gross, aber wie viel Meta zu investieren bereit ist, lässt sich schon mal beziffern.
Meta ist bereits mit sichtbaren und nutzbaren Ergebnissen in der Metaverse-Entwicklung unterwegs, bezahlt dafür aber auch einen sehr hohen Preis. Allein im letzten Quartal 2021 und im ersten Quartal 2022 hat der Konzern jeweils über sieben Milliarden US-Dollar in Entwicklung und Forschung investiert.
Entwickeln sich die Investitionen weiterhin in den bisherigen Grössenordnungen, steigt auch der Erfolgsdruck. Der ist ohnehin gegeben, weil der Facebook-Stern wahrscheinlich seinen Zenit erreicht hat und eher am Sinken sein dürfte. Dennoch verpflichtet sich Meta mit jeder investierten Milliarde zum Erfolg. Die Erfolgsaussichten stehen für den Konzern sicher nicht schlecht, aber im Metaverse operiert der Konzern nicht allein auf weiter Flur, das Feld der Mitspieler ist sehr gross und dehnt sich laufend noch weiter aus.
Das ist für die Idee, die Vision und für die Nutzerinnen und Nutzern des Metaverse grossartig, für den erfolgsverwöhnten Konzern Meta schafft die Spielweise Web3 mit ihrer offenen Architektur und ihrer dezentralen Anlage ein zumindest ungewohntes Umfeld. Für andere Big Techs allerdings auch, in gewisser Weise werden die Karten auf einem teilweise noch unbekannten Terrain neu gemischt. Vorteile und erkämpfte Positionen der Vergangenheit aus Web 2.0 werden nicht vollends obsolet, sie sind jedoch nicht ohne Weiteres auf Web3 übertragbar. Ausgangslage, Startpunkte und Zielmarken folgen anderen und deshalb nicht direkt vergleichbaren Koordinaten.
Der Meta-Chef steht unter Druck und gibt den Druck an seine Crew weiter
Meta hatte ursprünglich vor, im laufenden Jahr 10'000 neue Entwicklerinnen und Engineers an Bord zu holen, um das Meta-Projekt im Metaverse vorantreiben zu können. Diese Zahl ist inzwischen auf 6'000 bis 7'000 reduziert worden. Ein partieller Einstellungsstopp, der offenbar die Laune von Mark Zuckerberg, der ohnehin unter Druck steht, etwas einkellern lässt. Jedenfalls hat der Meta-Chef vor einigen Wochen in einer Fragen-Antwort-Runde seiner Crew einige bemerkenswerte Ansagen gemacht. Die Zitate stammen aus einem Mitschnitt des Meetings, der Reuters zugespielt worden ist.
Zuckerberg eröffnete mit einer Warnung und empfahl seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sich auf einen tiefen wirtschaftlichen Abschwung vorzubereiten: "Wenn ich wetten müsste, würde ich sagen, dass dies einer der schlimmsten Abschwünge sein könnte, die wir in der jüngeren Geschichte erlebt haben", meinte der Facebook-Gründer und kam auf das Thema der reduzierten Neueinstellungen zu sprechen. Zusätzlich zu dieser Einschränkung, so Zuckerberg, würde das Unternehmen bestimmte durch Fluktuation verlassene Positionen unbesetzt lassen und zudem die Hitze beim Leistungsmanagement aufdrehen ("turning up the heat"), um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auszusortieren, die nicht in der Lage wären, aggressivere Ziele zu erreichen.
Wer den Wink noch nicht verstanden hatte, dem half Zuckerberg mit nüchterner Klarheit auf die Sprünge:
Realistisch gesehen gibt es wahrscheinlich eine Menge Leute im Unternehmen, die nicht hier sein sollten
Um letzte Zweifel auszuräumen doppelte Zuckerberg nach, indem er seine Hoffnungen und Erwartungen als Folge der aggressiveren neuen Ziele und der aufgedrehten Hitze im folgenden Statement zusammenfasste: "Ich denke, dass einige von Ihnen entscheiden könnten, dass dieser Ort nichts für Sie ist, und diese Selbstauswahl ist okay für mich".
Lassen sich grosse Ziele, erodierende Zahlen, Sparkurs und wachsender Druck der Konkurrenz unter einem Hut bringen?
Ungewohnt harsche Töne waren von der Konzernführung zu hören. Zu erklären dadurch, dass Meta an mehreren Fronten Rückgänge verzeichnet, vor grossen Herausforderungen steht, der Meta-Chef unter Druck gerät und diese Herausforderungen irgendwie stemmen muss. Dieser Mix scheint einen Mark Zuckerberg, der weder für Gefühlsausbrüche noch für andere emotionale Anwandlungen bekannt ist, etwas aus der Fassung zu bringen. Fällt Zuckerberg erst unter Druck ein, dass sich bei Meta Platforms eine Menge Leute tummeln, die nicht im Unternehmen sein sollten, ist das entweder ein Versäumnis der Vergangenheit oder eine Verzweiflungs-Attacke der Gegenwart.
Chief Product Officer Chris Cox blies in einem internen Memo ins selbe Horn, sprach vom Setzen "rücksichtsloserer Prioritäten" und von schlankeren Teams, die gezielter vorgehen und besser in der Ausführung funktionieren sollen: "Ich muss betonen, dass wir uns hier in ernsten Zeiten befinden und der Gegenwind heftig ist. Wir müssen in einem Umfeld mit langsamerem Wachstum fehlerfrei arbeiten, in dem die Teams nicht mit einem grossen Zustrom neuer Ingenieure und Budgets rechnen sollten".
Meta schwört seine Crew nicht unbedingt motivierend auf die erwarteten harten Zeiten ein, lädt ein zur Selbstentlassung oder zum eigenen Rauswurf und verordnet dem Unternehmen einen Sparkurs. Eine Strategie der Straffung, die nicht schlecht sein muss und den eingetrübten Wirtschafts- und Ertragsaussichten Rechnung tragen will. Es könnte allerdings schwierig werden, die neue Strategie und die grossen Herausforderungen der Zukunft mit einer verunsicherten Crew zu stemmen und die neue Ausgangslage mit wachsendem Konkurrenzdruck, erodierenden Zahlen, dem erklärten und wasserabgrabenden Widersacher TikTok und mit den ambitionierten Metaverse-Plänen in Einklang zu bringen.