In einem ausführlichen Gespräch, das der NZZ-Wirtschaftsjournalist Christof Leisinger mit David Marcus geführt hat, gibt sich Marcus optimistisch und glaubt, dass die aktuellen Hürden erfolgreich gemeistert werden können.
Der Begriff "Hürden" beschreibt den massiven Gegenwind noch sehr zurückhaltend, der dem Libra-Projekt seit seiner Ankündigung ins Gesicht bläst. Über Kritik und vehemente Reaktionen aus verschiedenen Lagern haben wir mehrfach berichtet.
Harsche Kritik und Gegenwind halten an
Seit dem Treffen von Libra-Verantwortlichen mit 26 globalen Zentralbanken-Vertretern Mitte September 2019 in Basel, hat der Wind nicht spürbar gedreht, die Ablehnung hat teilweise eher zugenommen. Bereits im Umfeld dieses Treffens hat David Marcus betont, dass Libra die finanzielle Souveränität von Ländern in keiner Weise bedrohen könnte. Zumal durch Libra keine neue Währung geschaffen würde.
Das Libra-Projekt verfolge das Ziel, "ein besseres Zahlungsnetzwerk und System aufzubauen, das auf den bestehenden Währungen aufbaut". Dadurch soll für Nutzer auf der ganzen Welt ein bedeutender Mehrwert geschaffen und geboten werden.
Diese "Demokratisierung von Geld und Zahlungsströmen" bleibt jedoch Zankapfel und im Zentrum der Kritik. Die USA bleiben am Ball und weiterhin führend im Kampf gegen das Libra-Projekt, sekundiert von Frankreich, Deutschland und weiteren Nationen.
Besonders harsch hat der französische Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire reagiert, der Libra bekanntlich in Frankreich nicht haben will und nach verschiedenen Medienberichten das Projekt sogar in ganz Europa blockieren will.
Unterstützt wird Frankreich vom deutschen Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz, der nach einem Bericht von Reuters ebenfalls klar Position gegen das Libra-Projekt bezogen hat. Scholz sieht Libra als Parallelwährung und sagte Mitte September 2019 während einer Podiumsdiskussion:
Wir können keine Parallelwährung akzeptieren, das muss man klar ablehnen
Nach einem Bericht von Reuters will die deutsche Regierung in Kooperation mit Kollegen aus anderen Ländern daran arbeiten, dass Stable Coins wie Libra nicht zur Alternative zu offiziellen Währungen werden und klassische Landeswährungen nicht verdrängen können.
Es gibt für die Libra Association noch viel zu tun
David Marcus bleibt im Gespräch mit der NZZ sachlich und kann verstehen, weshalb Kritik und viele Fragen im Raum stehen. Marcus sagt auch, dass viele dieser Bedenken auch gerechtfertigt wären und mit konkreten Massnahmen aufgelöst werden müssten.
Einen intelligenten Seitenhieb baut David Marcus in die Bemerkung ein, dass harsche Kritik und massive Ablehnung auch mit einer offenen Kommunikation und Auseinandersetzung, sprich mit Informations-Defiziten und Wissenslücken, zusammenhängen würden:
Je besser die Leute verstehen, um was es eigentlich geht, desto eher haben wir die Chance, berechtigte Fragen zu beantworten und Lösungen vorzuschlagen. Dann wird das Vorhaben sehr wahrscheinlich auch auf mehr Gegenliebe stossen.
Marcus fügt an, dass es bei aller Skepsis und Kritik vielleicht ganz gut sein könnte, etwas mehr über die potenziellen positiven Effekte des geplanen Projekts zu reden, die bei all den Diskussionen über Risiken und Gefahren so gut wie gar nicht auf die Agenda kommen.
David Marcus ist der Ansicht, dass "der Kern des Systems für den internationalen Zahlungsverkehr immer noch aus den siebziger Jahren des vergangen Jahrhunderts stammt" und meint:
Die Transformation hat doch längst begonnen. Ob wir nun dabei sind oder nicht – der Wandel ist schon in vollem Gange. Sei es mit Wechat oder Alipay in China oder im Rahmen anderer Plattformen, welche ihre eigenen Projekte aufgezogen haben.
Marcus sieht noch viel Klärungs- und Überzeugungsarbeit vor sich, bleibt in Bezug auf den Start von Libra jedoch optimistisch:
Das Ziel ist weiterhin, im kommenden Jahr mit Libra zu starten
Das bemerkenswerten und ausführliche Interview kann in voller Länge in der NZZ nachgelesen werden, über den Link gleich unen.