Unsere Redaktion hat gefragt: "Welche der folgenden Neo-Banken sind in drei Jahren noch mit im Spiel und haben sich spürbar, sichtbar und deshalb erfolgreich im Schweizer Markt etabliert?"
1'477 Leserinnen und Leser haben ihre Stimme für ihren Favoriten abgegeben – oder auch für mehrere Neo-Banken, denen sie am meisten zutrauen. Insgesamt 2'612 Nennungen verteilen sich auf acht Neos, die aktuell in der Schweiz aktiv im Markt unterwegs sind.
Haben wir letzten Montag zum Start der Umfrage in unserem Artikel die Neo-Banken in der Reihenfolge ihres Markteintritts aufgeführt, bilden wir heute das Ranking ab – mit den erhaltenen Stimmen und einem kurzen Kommentar.
Yuh: Platz 1 mit 20.6 Prozent der Nennungen und 537 Stimmen
Markteintritt: Mai 2021
Aktive Kunden Februar 2022: über 50'000
Status: Yuh ist eine Tochter von Swissquote und Postfinance
Die jüngste der Schweizer Neo-Banken steht an der Spitze des Rankings – auf den ersten Blick ist das überraschend, auf den zweiten nicht unbedingt. Yuh hat letztes Jahr einen überzeugenden Markteintritt hingelegt und bringt mit Zahlen, Sparen und Investieren ein rundes Angebot, das den Rahmen der meisten Konkurrenten sprengt. Zudem, Yuh ist bunt, locker, dynamisch und operiert nahe an den Kundengruppen. Neben konkreter Leistung dürfte hier auch Sympathie eine grosse Rolle spielen. Eine direkte Nachfrage bei einigen Konkurrenten hat gezeigt: selbst die Konkurrenz kann (oder will) sich dem Charme von Yuh nicht entziehen.
Neon: Platz 2 mit 19.7 Prozent der Nennungen und 515 Stimmen
Markteintritt: März 2019
Aktive Kunden Januar 2022: über 100'000
Status: Neon agiert als FinTech selbstständig und koopiert für die Führung der Konten mit der Hypothekarbank Lenzburg
Neon hat inzwischen eine hohe Zahl von Nutzerinnen und Nutzern, welche nicht nur als Kunden, sondern als Community gesehen und gepflegt werden. Dieser Booster dürfte auch bei der Umfrage gezündet haben. Das FinTech ist bereits seit drei Jahren im Markt, hat eine relativ hohe Bekanntheit und auch eine gute mediale Präsenz. Im Auftritt wirkt Neon jung, frisch und nahbar, in App und Leistungen solide, in den Funktionen hat das FinTech noch viel Luft nach oben.
FlowBank: Platz 3 mit 15.9 Prozent der Nennungen und 416 Stimmen
Markteintritt: November 2020
Aktive Kunden: aktuelle Zahlen liegen noch nicht vor
Status: FlowBank agiert als FinTech selbstständig und ist Inhaberin einer Schweizer Banklizenz
Das junge Genfer Startup mit Banklizenz positioniert sich anders: in erster Linie Investment- und Trading-Plattform, erst in zweiter Linie Banking Services. Die FlowBank ist ein angriffslustiger Invest-Wolf mit Biss, die Leistungen und Funktionen der Handelsplattform sind beeindruckend. Das FinTech erhöht seine Bekanntheit mit einer sanften Aggressivität über ein hochprofessionelles Marketing, auch in der Deutschschweiz und im Ausland. Im Umgang mit der Community geht die FlowBank einen anderen und distanzierteren Weg: weniger Stallgeruch und Wärme, mehr Nähe durch Education und Services. Möglicherweise hat diese Karte gezogen und dem FinTech zum dritten Platz verholfen.
Revolut (GB): Platz 4 mit 15.2 Prozent der Nennungen und 398 Stimmen
Markteintritt Schweiz: 2017
Aktive Kunden (Schweiz) Januar 2022: über 450'000 | Weltweit: über 18 Millionen
Status: Revolut agiert als FinTech selbstständig
Die Gründer von Revolut haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass ihr griffiger Name auch als Programm verstanden werden soll. Wer ohne Marketing und ohne einen Sitz in der Schweiz bald schon an der Grenze von einer halben Millionen Usern kratzt, überzeugt offenbar durch ein starkes Angebot. Revolut pflegt ihre Community vor allem und direkt über die App, die mit ausgebauten Funktionen punktet. Dass Revolut "nur" auf dem 4. Platz landet, kann dadurch erklärt werden, dass Nutzerinnen und Nutzer der App vor allem zahlen, sparen, traden, shoppen und reisen und weniger voten.
Zak: Platz 5 mit 8.8 Prozent der Nennungen und 229 Stimmen
Markteintritt: März 2018
Aktive Kunden Dezember 2021: über 45'000
Status: Zak ist eine Tochter der Bank Cler
Die "erste Smartphone-Bank der Schweiz" operiert frisch, modern und solide, schöpft jedoch nicht alle Möglichkeiten aus, um sich einen Spitzenplatz unter den Neo-Banken zu sichern. Für diese Selbstbeschränkung kann Zak selber nichts, die Bremse ist durch den VR letzten Herbst installiert worden. Dennoch ist Zak gut unterwegs, in Tempo und überraschenden Neuerungen aber auf der moderaten Seite und durchaus mit dem Potenzial, bei einer Lockerung der Innovationsbremse mehr als nur ein guter Mittelfeldspieler sein zu können.
CSX: Platz 6 mit 8.6 Prozent der Nennungen und 225 Stimmen
Markteintritt: Oktober 2020
Aktive Kunden Dezember 2021: über 100'000
Status: CSX ist eine Tochter der Credit Suisse
Die App der Credit Suisse wird massiv und sehr jung beworben, hat in kurzer Zeit die beachtliche Marke von 100'000 Nutzerinnen und Nutzern geknackt und baut die Funktionen laufend aus. Dass CSX im Ranking nicht höher geklettert ist, könnte vielleicht mit einer gewissen Distanz erklärt werden, die Nicht-User zur App haben. "Das Beste aus zwei Welten" ist ein Spagat, der besser oder schlechter gelingen kann. Ist die Diskrepanz zwischen der einen und der anderen Welt in der Wahrnehmung (zu) gross, bleiben Sympathiepunkte möglicherweise aus und das kann die Gesamtwertung beeinflussen.
Yapeal: Platz 7 mit 6.7 Prozent der Nennungen und 174 Stimmen
Markteintritt: Juli 2020
Aktive Kunden März 2021: rund 6'000 Kunden
Status: Yapeal agiert als Inhaberin einer FinTech-Lizenz selbstständig, kooperiert jedoch sehr eng mit dem Software-Hersteller Abacus
Die überraschend tiefe Rangierung auf dem 7. Platz kann mit mehreren Aspekten zusammenhängen. Seit dem Auszug von Andy Waar steht die Pflege der Community für Yapeal nicht mehr im absoluten Vordergrund. Zudem wird die Neupositionierung auf das B2B4C-Geschäft von einem Teil der Community nahezu schon als Liebesentzug empfunden. Dieser Phantomschmerz ist vorübergehend, im Moment aber noch da. Zudem ist die neue Positionierung in ihren Dimensionen noch nicht von allen verstanden und akzeptiert worden.
N26 (Deutschland): Platz 8 mit 4.5 Prozent der Nennungen und 118 Stimmen
Markteintritt Schweiz: September 2019
Aktive Kunden (Schweiz) März 2021: "im gut fünfstelligen Bereich" | Weltweit: über 7 Millionen
Status: N26 agiert als FinTech selbstständig
Das Schlusslicht bildet N26, was nicht erstaunt. Wenn die Neo-Bank selbst noch nicht weiss, ob überhaupt und wie sie in der Schweiz Fuss fassen will, solange wird sich ihr Slogan "Die Bank, die du lieben wirst" nicht erfüllen. N26 hat grundsätzlich ein gutes App-Angebot für Europa, für die Schweiz mit einem reinen Eurokonto dann nicht, das begeistert nur eine überschaubare Kundengruppe. Die mageren 4.5 Prozent Nennungen dürften erst dann in die Höhe schnellen, wenn das Angebot auf Schweizer Kundinnen und Kunden ausgelegt ist. Nur und erst dann kann das was werden mit der Liebe.
Die Dynamik von Online-Umfragen
Unsere Umfrage liefert eine Momentaufnahme und ein Stimmungsbild zu acht Neo-Banken in der Schweiz. Zwischen Montag und Mittwoch gab's Rochaden im Ranking, zum Teil auch überraschende. FinTechs und Neo-Banken mit grosser (und betreuter) Community sind tendenziell im Vorteil, der treue Teil der Community ist mobilisierbar und votet mit.
Bei den Plätzen 1 bis 4 war die Dynamik deutlich höher als bei den Rängen 5 bis 8 – über alle drei Tage, bis zum Finale kurz vor Schliessung der Umfrage. Community sei Dank? Möglicherweise schon, die vier bestplatzieren Neo-Banken setzen stark auf die Pflege ihrer Community.
So oder so: Sympathien spielen mit, Antipathien ebenfalls. Die Momentaufnahme ist insofern interessant, als sie die aktuelle Einschätzung einer grösseren Gruppe spiegelt. Einer gemischten Gruppe, die sich aus Usern auf der einen Seite sowie aus Macherinnen und Spezialisten aus Bereichen wie FinTech, Banking, Payments, Kryptos, Trading, Technologie und weiteren zusammensetzt.
Das aktuelle Stimmungsbild kann und wird sich verändern – in welche Richtung zeigt sich bei einer nächsten Auflage unserer Umfrage.