Die Neo-Bank Alpian nimmt für sich in Anspruch, "die erste digitale Privatbank der Schweiz" zu sein. Oder werden zu wollen, aktiv im Markt ist Alpian noch nicht. Das FinTech will nach eigenen Aussagen das Private Banking demokratisieren. Allerdings ohne die Demokratie auf die Spitze treiben zu wollen: Alpian zielt auf die wohlhabende Gruppe der Affluent-Kunden, die zwischen 100'000 und 1 Million Franken verfügbares Vermögen haben, das durch die Private-Banking-Demokraten angelegt und verwaltet werden kann.
Die Kooperation mit Visa
Alpian bietet das, was Kunden brauchen: Konto, Karte, Zahlungsverkehr. Um nach eigenen Aussagen "innovative, digitale und intelligente Zahlungslösungen für die Schweiz" anbieten zu können, partnert die Neo-Bank neu mit Visa und meldet aktuell den erteilten Status des "Principal Member" bei der Kartenorganisation.
Mit dieser offiziellen Partnerschaft, so das FinTech, kann Alpian nun sein "erstklassiges, intelligentes Metall-Debitkarten-Angebot" in der gesamten Schweiz ausgeben. Die Kombination einer exklusiven Debitkarte aus Metall mit einem Girokonto in mehreren Währungen (CHF, EUR, GBP und USD) und einer Echtzeit-Devisenfunktion ohne Bearbeitungsgebühren soll nun jedem Alpian-Kunden "ein einzigartiges, elegantes und kostengünstiges Mittel zur Erleichterung seiner täglichen Bankgeschäfte in der Schweiz und im Ausland" bieten.
Das klingt jetzt noch nicht nach Alleinstellung und gehört zu den Standards von Revolut und anderen Neo-Banken, welche die Metallkarte und anloge Services seit Jahren im Angebot haben. Danach ist's jedoch vorbei mit den Vergleichbarkeiten, Alpian verfolgt andere Ziele.
Die atypische Neo-Bank
Die gewohnten Retail-Services sind nur das erwartete "Zubehör", Alpian will im Bereich von Anlagen und Vermögensverwaltung für Affluent-Kunden punkten. Private Banking auf einer mobilen App eben. Damit hebt sich das FinTech von Neon, Revolut, Yapeal und Yuh deutlich ab, welche mit tiefen Einstiegshürden vorsätzlich auf Masse setzen. Alpian defniert die Masse enger, erwartet als Ersteinzahlung für eine Kontoeröffnung mindestens 10'000 Franken und freut sich auf ein frei verfügbares Vermögen zwischen 100'000 Franken und einer Million.
Wenn überhaupt, ist Alpian am ehesten noch in der Nähe der FinTechs Radicant und FlowBank angesiedelt. Radicant deshalb, weil die Neo-Bank als "persönlicher Lebensbegleiter" in Finanzfragen auf nachhaltige Investments fokussiert, Impact Investing gehört mit zu den Angebotsbereichen von Alpian. FlowBank deshalb, weil die breiter aufgestellte Neo-Bank ebenfalls Banking-Dienstleistungen als Zubehör anbietet, primär jedoch auf ihre Handelsplattform setzt. Zudem sind Radicant und FlowBank im Besitz einer Banklizenz, dasselbe trifft auf Alpian zu.
Auf der Alpian-Website, auf der Wartelisten-Kunden eine Einladung anfordern können, erklärt die Neo-Bank ihre Vision und pflegt dabei den gehobenen und auch gewohnten Private-Banking-Sprech, der Kundinnen und Kundinnen innerhalb der avisierten Zielgruppe motvieren will, "ihr Geld für das Streben nach Freiheit, Sinn und Zugehörigkeit einzusetzen, um ihre Vision von Wohlstand jenseits des Geldes zu einer lebendigen Realität machen zu können". Im Weiteren wird ebenso philosophisch ausgeführt, welchen Beiträge Alpian leisten kann, damit Menschen ihre Definition von Freiheit, Sinn und Zugehörigkeit leben können.
Die Alpianisten können allerdings auch ohne Pathos und Nebelschwaden, auf den beschreibenden Produkt- und Angebotsseiten geht's dann durchaus in Prosa zur Sache.
Im Approach dennoch anders als andere Neo-Banken, die auf Masse fokussieren. Deshalb nicht vergleichbar, Alpian hat mit der Affluent-Klientel andere Kundengruppen im Visier.
Für den Markteintritt gut gerüstet
Von Reyl Intesa Sanpaolo inkubiert und im Oktober 2019 gegründet, hat Alpian einen langen Vorlauf und ist intern eine komplette Bank geworden, bevor Kundinnen und Kunden mit an Bord sind. Diese kostenintensive Strategie hat das FinTech deshalb wählen können, weil Alpian komfortabel finanziert unterwegs ist. Mit 12.2 Millionen Franken in einer Serie-A-Finanzierung 2020 sowie 16.9 Millionen 2021 und 19 Millionen Franken 2022 in der Serie-B-Finanzierungsrunde verfügt die Neo-Bank mit rund 48 Millionen Franken über einen Rahmen, der vieles möglich macht.
Mitgründer und CEO Schuyler Weiss ist Chef von bereits rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, welche sich auf Büros in Genf, London und Rom verteilen. Weitere Niederlassungen in Zürich und auch im Tessin sollen folgen. Das gehört mit zum Konzept der Neo-Bank, Alpian setzt neben digitalen Kanälen auf "persönliche Betreuung und Kommunikation in der richtigen Sprache".
Im März 2022 hat Alpian eine Banklizenz von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) erhalten und kann deshalb mit sämtlichen Möglichkeiten und Angeboten einer Bank operieren.
Die Neo-Bank will Ende 2022 starten
Wie gesagt, eine atypische Neo-Bank mit einem langen und atypischen Weg zum Markeintritt, der auf Ende 2022 geplant ist. Eine komplette Bank mit Banklizenz, mit Filialen und grosser Crew, die ehrgeizige Ziele verfolgt. Eine Kombination von App, Bank-Dienstleistungen, Private Banking und persönlichen Services, die vermögende Kundinnen und Kundinnen begeistern sollen. CEO Schuyler Weiss hat die Positionierung seines Unternehmens gegenüber unseren Kollegen von "Finews" in einem Interview in folgende Formel gefasst:
Wir sind kein FinTech oder Robo-Advisor, sondern eine volllizenzierte Bank, die attraktive Investitionsmöglichkeiten und Beratung bietet, sowie die üblichen Dienstleistungen für tägliche Zahlungsmodalitäten
Der CEO ist zudem überzeugt, dass die Masse der schlecht betreuten oder unzufriedenen und wechselwilligen Affluent-Kunden gross genug ist, um der Neo-Bank mittelfristig eine gute Position in der Schweizer Banken-Szene zu sichern.