FinTech & Open Banking

Visa bleibt am Ball, investiert massiv in FinTechs, ins Open Banking – und in Mike Laven

Mike Laven, CEO von Currencycloud
Mike Laven, CEO von Currencycloud (Bild: Currencycloud)

Die Kartenorganisation ist in ihrem Kerngeschäft erfolgreich unterwegs und positioniert sich mit massiven Investitionen für die Zeit nach dem Plastic Money.

Heute sind die Brieftaschen von Konsumenten noch prall gefült mit Maestro-, Debit- und Kreditkarten. Mobile Payment ist noch nicht wirklich angekommen, Karten stehen in der Gunst der zahlenden Bevölkerung aktuell mit meilenweitem Vorsprung vor den mobilen Bezahlmöglichkeiten. 

Das wird allerdings nicht so bleiben, zumindest nicht in Form von physischen Plastikkarten, das wissen auch die Kartenorganisationen. Deshalb sind Visa, Mastercard und andere seit längerem sehr aktiv in sämtlichen Bereichen des digitalen Zahlungsverkehrs unterwegs.

Einerseits mit neuen Debitkarten, über die Maestro-Karte hinaus, um die Wünsche der Gegenwart zu erfüllen. Immerhin gehört die Debitkarte zu den beliebtesen Zahlungsmitteln. Auf der anderen Seite mit Investitionen in neue Technologien, ins Open Banking und ganz konkret in FinTechs.

Letztere werden in verschiedene FinTech-Programme eingebunden und mit neuen Services verwöhnt. Dadurch können FinTechs und Challenger-Bankern schneller wachsen und sie operieren nahe an den Kartenorganisationen. Eine provozierte Liaison, die sich für beide Seiten auszahlen kann.

Beim Engagement für FinTechs fällt in diesen Tagen Visa auf. Diesmal nicht mit Programmen oder Services, vielmehr durch massive Investitionen und Beteiligungen. Im ersten Monat des Jahres hat Visa gleich zwei FinTechs auf unterschiedliche Weise mit ins Karten-Boot geholt.

Der erste Streich Im Januar 2020: Visa übernimmt Plaid

Mitte Januar 2020 hat Visa das US-amerikanische FinTech Plaid auf seine Einkaufsliste gesetzt – für den sagenhaften Betrag von 5,3 Milliarden Dollar. Plaid ist seit sieben Jahren aktiv und bietet Lösungen, um digitale Zahlungs-Apps wie Chime, Venmo (PayPal), Transferwise und andere mit dem Bankkonto des Nutzers zu verbinden. Gewissermassen die Funktion einer Debitkarte, einfach ohne Karte. Und mehr als das: Plaid ist auch in Europa angekommen, bereit für Open Banking und PSD2 compliant.

Im Kern funktionieren die Lösungen von Plaid als Verbindung zwischen FinTech-Anwendungen und Finanzinstituten. Nach Angaben von Plaid hat bereits heute eine von vier Personen mit einem US-amerikanischen Bankkonto Plaid genutzt, um eine von mehr als 2'600 FinTech-Entwicklungen (Apps) mit einem von mehr als 11'000 Finanzinstituten zu verbinden.

Halten die innovativen Macher bei Plaid auch unter Visa das Tempo der Verbreitung durch, dürfte das Thema Open Banking in Europa einen zusätzlichen Schub bekommen. Gefordert durch Konsumenten und Nutzer von Apps, neu angeboten und möglich gemacht durch Visa, die sich Plaid einverleibt hat.

Mitgründer und CEO von Plaid, Zack Perret, gibt sich optimistisch und unterstreicht die Kraft der brisanen Verbindung:

Millionen von Verbrauchern, Unternehmen und Finanzinstituten vertrauen Visa als Schlüssel-Player im Finanzökosystem – und gemeinsam können Visa und Plaid das schnelle Wachstum digitaler Finanzdienstleistungen unterstützen

Visa war bisher schon in Plaid investiert und hat sich nun entschieden, den innovativen Tech-Laden aus San Francisco ganz zu übernehmen.

Der zweite Streich im Januar 2020: Visa investiert in Currencycloud

Wer jetzt fragt: Currency was?, ist in guter Gesellschaft. Das britische FinTech Currencycloud fliegt seit jeher vorsätzlich unter dem Radar, ist jedoch auf unbekannte Weise so bekannt wie Revolut, Monzo, Starling sowie weitere Neo-Banken und Banken, welche die Lösungen und Module des FinTechs mit an Bord haben. Mit der Technologie von Currencycloud deckt eine wachsende Zahl von grossen Namen im Neo-Bank- und Banken-Bereich den gesamten Workflow bei grenzüberschreitenden B2B-Zahlungen ab.

Visa investiert in einer Series E-Finanzierungsrunde des Startups zusammen mit Sapphire Ventures und weiteren Investoren 80 Millionen US-Dollar, um der nächsten Wachstumsphase von Currencycloud Schub zu verleihen. Interessantes Detail: Visa ist nicht nur Investor, sondern auch Nutzer der Technologie des FinTechs.

Colleen Ostrowski, SVP und Treasurer bei Visa, zum aktuellen Engagement:

Currencycloud verändert die Art und Weise, wie die Plattformen der Zukunft Geld auf der ganzen Welt bewegen – und das Unternehmen verfügt über ein enormes Potenzial, um weitere Innovationen in der grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs-Branche voranzutreiben

Die Technologie von Currencycloud liefert als cloudbasierte Software as a Service-Plattform den Treibstoff, damit internationale Transaktionen über Länder und Währungsgrenzen hinweg schnell und reibungslos abgewickelt werden können. 

Nach eigenen Angaben hat das FinTech seit 2012 grenzüberschreitende Zahlungen im Wert von über 50 Milliarden US-Dollar abgewickelt und zählt inzwischen die grössten Banken-, Neo-Banken und FinTechs zu seinen Kunden. Mitgründer und CEO von Currencycloud, Mike Laven, meint gegenüber CNBC:

Wir nennen das Segment Embedded Finance und wir sind wahrscheinlich das wichtigste Geschäft, von dem sie noch nie gehört haben

Das gehört für Laven jedoch mit zur Strategie des FinTechs, Currencycloud operiert ausschliesslich im B2B-Bereich und wird auch in Zukunft seine Business-Kunden nicht konkurrenzieren. Angesprochen auf Challenger-Banken wie Revolut oder Monzo, deren Erfolg Currencycloud mitverantwortet, sagt Mike Laven:

Ihre Endkunden werden zum grössten Teil nie merken, dass wir da sind, wir sind ein Stück Embedded Finance im Tech Stack – das ist nicht so sexy, aber es ist ein unglaublich gutes Geschäft

Laven bezeichnet den Markt für Business-to-Business-FinTech, zu dem konkurrierende Zahlungsanbieter wie Stripe, Adyen und Checkout.com gehören, als "viel grösser als das Konsumgeschäft" und "profitabler", wenn auch "schwieriger".

Currencycloud ist vor allem in Europa und zunehmend auch in den USA aktiv. Neu will das Startup in Asien expandieren und bald schon mit weiteren Funktionen und Leistungen die bisherigen und die neuen Märkte überzeugen.

Visa hilft mit, den Erfolg von Currencycloud zu beschleunigen. Nicht "nur" als Investor. Sollte das FinTech eines Tages den Exit planen, könnte der neue Besitzer Visa heissen. Immerhin hat die Kartenorganisation das Szenario in mehreren Schritten bereits bei Plaid erfolgreich durchgespielt. Currencycloud als B2B-FinTech, zentraler Player und potenzieller Partner für die ganze Finanzindustrie passt zudem als weitere Trumpfkarte hervorragend in die Zeit nach dem Plastic Money.