Aus der Sicht von Kunden und Nutzern sind die Vorteile von Open Banking unbestritten. Auf Anbieterseite teilen sich die Lager aktuell noch in Verteidiger der Kundenschnittstelle und Progressive, die auf ein verschärftes Tempo bei der Öffnung drängen.
Die Betrachtung "Banken blockieren, FinTechs und andere Drittpartner drängen", greift allerdings zu kurz. In Europa und auch in der Schweiz gibt es in allen Lagern Fortgeschrittene und Zögerliche. In der EU mit, in der Schweiz ohne PSD2.
Ohne gemeinsame Standards bleibt Open Banking eine Vision
Einig sind sich alle Beteiligten immerhin in einem Punkt: Ohne gemeinsame, breit akzeptierte und ebenso breit eingesetzte API-Standards bleibt Open Banking ein smartes Konferenzthema und eine tolle Idee, die noch längere Zeit nicht in Form von neuem Komfort bei Kunden und Nutzern ankommen wird. Und ebenso wenig als Chance für Banken, Versicherer, FinTechs, InsurTechs und weitere Dienstleister, dringend notwendige neue Geschäftsmodelle zu testen und im Markt einzuführen.
Zumal ein zentraler Pfeiler des früheren Bankgeschäfts, der Zahlungsverkehr, mehr und mehr von Big Techs übernommen wird. Und auch von FinTechs, welche zunehmend in den Markt drängen. Damit lässt sich für Google, Apple, Facebook, Amazon, Alibaba, Tencent und andere eben nicht nur Geld verdienen, der Zahlungsverkehr liefert auch höchst interessante Daten.
In diesem Bereich wird sich der technologische Vorsprung der Big Techs mit ihren kundenfreundlichen Plattformen und gewaltigen Nutzerzahlen nicht mehr einholen lassen. In anderen Bereichen jedoch schon.
Woher kommt der frische Wind?
Verschiedene Verbände, Initiativen und Vereinigungen sind seit längerem unterwegs und engagiert, um über gemeinsame Standards dem Begriff Open Banking fassbares Leben einzuhauchen.
Die Berlin Group bemüht sich, mit NextGenPSD2 einen europäischen Standard zu schaffen, der bereits eine weitergedachte "PSD3" im Blick hat und auch geografisch über Europa hinausgehen soll. In der Schweiz gehören SFTI, SIX (b.Link, ex. Swiss Corporate API) , Swisscom (Open Banking Hub) und weitere zu den "Frisch-Wind-Generatoren", welche versuchen, APIs zu standardisieren.
Seit einigen Wochen ist neu die Initiative Open Banking Project mit im Spiel, welche über APIs hinaus das Theme Open Banking generell forcieren will und deshalb Know-how und Werkzeuge zur Verfügung stellt.
Grundsätzlich ist jede Initiative und jede Gruppierung willkommen – jeder Player verstärkt das Bewusstsein für eine Entwicklung, das Open Banking, die nicht aufzuhalten ist. Zu hoffen bleibt einfach, dass unterschiedliche Gruppen das gemeinsame und übergeordnete Ziel nicht aus den Augen verlieren, weil, wir wiederholen uns: Fragmentiertes Open Banking wird nicht funktionieren, zwingend gefragt sind gemeinsame Lösungen und klare Standards .
Die Schweizer API-Plattform der SFTI
Der Industrieverband der Banken und Versicherer, Swiss FinTech Innovations (SFTI), ist seit längerem schon am Thema dran, wir haben mehrfach berichet.
SFTI gehört heute zu den etablierten Schweizer Initiativen im API-Kontext. In der Arbeitsgruppe erarbeiten Banken wie die Credit Suisse, Raiffeisen, die ZKB, die Hypothekarbank Lenzburg, Lombard Odier, Valiant und Vontobel gemeinsam mit Versicherern wie AXA, Swisslife und anderen Branchenschwergewichten einen einheitlichen Schnittstellenstandard für Ihre branchenspezifischen Anwendungsfälle.
Mit im Boot des Verbandes sind die Hersteller von Kernbanken-Software wie Avaloq, Finnova, Temenos und Finstar. Und mit Adorsys und NDGIT hat der Verband zwei Grössen aus der Praxis an Bord, welche PSD2- und Open Banking-Lösungen konkret im Markt installieren und unterhalten.
Mit dem Launch der Website Common API will SFTI den Grundstein für eine Schweizer API-Informationsplattform legen. Neben allgemeinen Informationen zu diesem Thema werden dort auch alle API-Spezifikationen des SFTI veröffentlicht. Darüber hinaus werden in Kürze die ersten sogenannten Sandbox-Umgebungen auf dieser Plattform öffentlich verfügbar sein. SFTI ermöglicht es somit, die innovativen neuen Lösungen von FinTechs unter realen Bedingungen zu entwickeln und zu testen. Das SFTI will mit seiner gebündelten Expertise einen wichtigen Beitrag zur Standardisierung und damit zur Effizienz des Schweizer Finanzplatzes leisten.
Im Gegensatz zur Website des Verbandes, die nur in Englisch verfügbar ist, gibt's die neue Informationsplattform in Deutsch, Englisch und Französisch. Gute Entscheidung – es kann helfen, wenn alle Beteiligten, gerade bei komplexen Themen, genau dasselbe Verständnis entwickeln, auch wenn sie unterschiedliche Sprachen sprechen.