Challenger-Banken setzen etablierte Finanzinstitute unter Druck

Cover des Retail Banking Monitor 2025
Quelle: Strategy&

Erste Challenger-Banken arbeiten mittlerweile profitabel und konnten insbesondere bei jüngeren Zielgruppen stark wachsen.

Die europäischen Privatkundenbanken verzeichnen 2024 ein weiteres Erfolgsjahr, müssen sich aber für eine bevorstehende Trendwende wappnen. Das zeigt der aktuelle "Retail Banking Monitor 2025" von Strategy&, der globalen Strategieberatung von PwC.

Demnach stiegen die Erträge der Banken im Jahr 2024 um 3 Prozent, das Betriebsergebnis legte um 4 Prozent zu. Noch im Vorjahr waren die Erträge allerdings um 14 Prozent gestiegen und die Ergebnisse sogar um 30 Prozent.

Der Scheitelpunkt des zinsgetriebenen Wachstums scheint somit überschritten und es droht sogar ein Null-Zins-Szenario im Falle eskalierender Strafzölle. Dies würde die Retailbanken empfindlich treffen, da ihr Wachstum der vergangenen Jahre vor allem auf Zinsrenditen fusste.

Letzte Chance für nachhaltige Transformation

Angesichts dieser Vorzeichen könnte das Jahr 2025 den Privatkundenbanken die vorerst letzte Gelegenheit bieten, sich im Windschatten hoher Zinsen nachhaltig zu transformieren und für ungünstigere makroökonomische Rahmenbedingungen vorzusorgen.

Dafür müssen die Banken vor allem ihre zinsunabhängigen Erträge aus Gebühren und Provisionen stärken, ihr Betriebsmodell modernisieren und ihre Kosten senken. Zwar haben die Institute den Transformationsdruck längst erkannt, der notwendige Wandel wurde bislang jedoch mit zu wenig Nachdruck vorangetrieben.

So stagnieren die zinsunabhängigen Erträge aus Gebühren und Provisionen bei 27 Prozent der Gesamterträge, während die Kosten auf hohem Niveau verharren und im Vergleich zum Vorjahr um 3 Prozent gestiegen sind. Das Kreditgeschäft wächst mit 1Prozent moderat und erholt sich, birgt aber aufgrund einer leichten Verschlechterung der Kreditqualität neue Risiken.

Profitable Challenger-Banken setzen etablierte Institute unter Druck

«Traditionelle Retailbanken haben zuletzt stark von Zinsrückenwinden profitiert, die nun jedoch rasch abflauen könnten», sagt Dr. Lisa Schöler, Co-Studienautorin und Director bei Strategy& Deutschland. Zusätzlichen Druck auf etablierte Banken sieht Schöler in der Entwicklung der Challenger-Banken:

Erste Challenger-Banken arbeiten mittlerweile profitabel und setzen etablierte Institute immer schärfer unter Druck – sie agieren nicht mehr wie lokale Newcomer, sondern operieren länderübergreifend und konnten zuletzt insbesondere bei jüngeren Zielgruppen stark wachsen

Die Co-Autorin der Studie merkt allerdings auch an, dass Challenger-Banken vor allem mehr Ertrag pro Kunde erzielen müssen, um ihre aktuellen Erfolge weiter ausbauen zu können.

Veränderungsdruck für etablierte Häuser und für Neo-Banken

Trotz des zunehmenden Wettbewerbs zeigt der Blick auf die Durchschnittserträge pro Kunde, wie sehr die klassischen Retailbanken zuletzt vom Zinsgeschäft profitieren konnten.

So erzielten die belgischen Institute 2024 im Schnitt knapp 1'200 Euro Ertrag pro Kunde, die Banken in Österreich kamen auf etwa 850 Euro, die deutschen Privatkundenbanken auf immerhin noch rund 670 Euro.

Der Maximalwert bei den Challenger-Banken lag dagegen bei lediglich 208 Euro Ertrag pro Kunde. 

Mit dem Zinspolster im Rücken treiben die etablierten Geldhäuser durchaus unterschiedliche Lösungsansätze voran. Einige Banken aus Spanien und Frankreich arbeiten etwa länderübergreifend auf einer gemeinsamen Plattform und schöpfen so Skaleneffekte ab.

Andere Institute konnten ihre Kosten durch teilweise radikale Einschnitte in ihre Betriebsmodelle um bis zu 30 Prozent senken. Indem sie zum Beispiel doppelte Kernbankensysteme abgeschafft und sich von unprofitablen Kunden sowie unrentablen Vertriebspartnerschaften getrennt haben.

Unterschiede zwischen etablierten Banken und Challengern werden kleiner

«Etablierte und neue Banken nähern sich bei Kundenerlebnis und Produktangebot immer weiter an, ihre Strategien bleiben aber unterschiedlich», sagt Andreas Pratz, Co-Studienautor und Partner bei Strategy& Deutschland. Die Strategie der Challenger-Banken beschreibt Pratz mit folgendem Statement:

Challenger-Banken weiten ihre Produktpalette in den Einlagen- und Kreditbereich aus, verfolgen dieses Wachstum aber vor allem mit Balance-Sheet-Light-Ansätzen

Der Co-Autor der Studie sieht darin eine wertvolle Gelegenheit für die etablierten Privatkundenbanken, Partnerschaften einzugehen, um ihre Grösse und Bilanzkapazität optimal auszuspielen.

Für etablierte Institute wie auch für Challenger-Banken würde eine gemeinsame Prämisse gelten, ist Pratz überzeugt: Beide Gruppen müssten jetzt die richtigen Weichenstellungen vornehmen, um in den kommenden Jahren wettbewerbsfähig zu bleiben.

Der Report zum Runterladen

Mehr zu "The Race to win the Retail Banking Future": Der Retail Banking Monitor 2025 liefert alle Ergebnisse und Detailinformationen aus der Studie. Der Report kann in englischer Sprache als PDF kostenlos direkt bei Strategy& runtergeladen werden.