Das Beratungsunternehmen EY hat 100 Führungskräfte von verschiedenen Banken in der ganzen Schweiz befragt – Mitglieder der Geschäftsleitung von Privatbanken, Auslandbanken, Regionalbanken, Kantonalbanken, inklusive Schweizer Einheiten der zwei Grossbanken. Aus den Ergebnissen und Interpretationen der Befragung ist der aktuelle "Bankenbarometer 2021" entstanden – eine Studie mit interessanten Einsichten.
Erste Erkenntnisse aus dem Bankenbarometer 2021.
Banken zeigen sich in robuster Verfassung
Die Studie attestiert den Schweizer Banken eine gute Verfassung. Nach Patrick Schwaller, Managing Partner, Audit Financial Services bei EY Schweiz, haben die Banken den durch die Corona-Pandemie ausgelösten Härtetest bisher gut gemeistert, aus folgenden Gründen:
Die jahrelange Fitnesskur seit der Finanzkrise 2008 hat sich ausbezahlt und die Banken haben in dieser Krise eine hohe Resilienz gezeigt
So bewerten, ungeachtet der aktuellen Herausforderungen durch die Corona-Krise, noch immer mehr als die Hälfte der befragten Banken (53 Prozent) ihre Geschäftsentwicklung in den vergangenen Monaten als positiv.
Kreditausfälle zeichnen sich ab
Die Banken sind sich jedoch einig, dass die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie nicht spurlos an ihnen vorbeigehen werden. Eine Mehrheit von 75 Prozent der befragten Banken befürchtet, dass es kurzfristig zu einem sprunghaften Anstieg der Wertberichtigungen vor allem im Kreditgeschäft mit KMU kommen wird (Vorjahr: 12 Prozent).
Auch im Geschäft mit Wohnbaufinanzierungen ist die Skepsis deutlich grösser geworden. So rechnen 36 Prozent der Banken mit steigenden Kreditausfällen in den kommenden sechs bis zwölf Monaten (Vorjahr: 7 Prozent).
Wenig überraschend deshalb, dass nur noch 59 Prozent der befragten Banken kurzfristig mit einer positiven Geschäftsentwicklung rechnen (Vorjahr: 67 Prozent).
Dennoch keine tiefen Sorgenfalten in Sicht
Im Wohnbaufinanzierungsgeschäft gehen langfristig 52 Prozent und im KMU-Kreditgeschäft 44 Prozent der Banken von unveränderten Wertberichtigungen aus. Sie rechnen offensichtlich nur mit einer kurzfristigen Phase von erhöhten Kreditausfällen. Dies ist vor allem begründet durch die gesunde Struktur der Kreditbücher der Banken, welche vornehmlich aus Hypothekarkrediten bestehen.
Darüber hinaus sind die Banken von der Widerstandsfähigkeit der Schweizer KMU überzeugt. So rechnen 83 Prozent der Banken damit, dass sich die KMU innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre von der Krise erholen werden.
Bleiben die Zinsen auf Tiefstständen?
An eine Normalisierung der Geldpolitik mag aufgrund der aktuellen Entwicklungen niemand glauben, zumindest nicht auf absehbare Zeit.
Mit 82 Prozent ist die grosse Mehrheit der Banken der Ansicht, dass die Zinsen in der Schweiz auch noch in zehn Jahren sehr tief sein werden.
Patrick Schwaller gibt zu bedenken:
Die Aussicht, dass die Niedrigzinsen möglicherweise noch mehrere Jahre Bestand haben werden, verschärft die strukturellen Ertragsprobleme der Banken und die bereits seit einigen Jahren anhaltende Margenerosion im wichtigen Zinsgeschäft
Wer schliesst die Weitergabe von Negativzinsen an Privatkunden aus?
Der einstige Tabubruch scheint keiner mehr zu sein. Auch wenn die durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) vorgenommenen Erhöhungen des Freibetrags für Negativzinsen die Belastung der Banken etwas lindern – mittlerweile schliessen nur gerade noch 11 Prozent der befragten Banken die Weitergabe von Negativzinsen an Privatkunden kategorisch aus. Im letzten Jahr waren es noch 21 Prozent und vor fünf Jahren lag der Wert sogar bei 70 Prozent.
Die Belastung von Kundenguthaben mit Negativzinsen ist offensichtlich längst kein Tabubruch mehr. Das gilt insbesondere für die Gruppe der Kunden, die neben der reinen Kontoführung keine weiteren für die Bank ertragsgenerierenden Dienstleistungen nutzen. Der Trend zur verstärkten Weitergabe von Negativzinsen macht vor keiner Bankengruppe mehr Halt, auch bei den Retailbanken lehnen dies lediglich noch 14 Prozent (Regionalbanken) bzw. 6 Prozent (Kantonalbanken) kategorisch ab.
EY Bankenbarometer 2021
Die Studie umfasst 82 Seiten und die Autoren haben zahlreiche weitere Fakten zu Erkenntnissen aufbereitet. Interessant auch, dass die Ergebnisse der aktuellen Befragung den Resultaten von 2019 direkt gegenübergestellt werden. Die Veränderungen sind teilweise eklatant. Zudem werden die Befragungsergebnisse von Privatbanken, Auslandbanken, Regionalbanken und Kantonalbanken jeweils separat ausgewiesen.
Die Studie liegt in deutscher Sprache vor und kann direkt bei EY kostenlos als PDF runtergeladen werden, über den Link gleich unten.