Wer und was am Swiss Payment Forum 2024 aufgefallen ist

Die Besucherbatches am Swiss Payment Forum 2024
Bild: Swiss Payment Forum

Oscar Neira war für unsere Redaktion am Swiss Payment Forum dabei und hat notiert, was ihm an der Fachtagung besonders aufgefallen ist.

Alljährlich lädt Nicole von Mulert von Vereon zum Swiss Payment Forum in Zürich ein, dem wichtigsten Schweizer Treffen für Praktiker in den Bereichen Payments und Zahlungsverkehr.

Wie jedes Jahr auch diese Mal eine Fachtagung mit vollem Haus und mit professioneller Moderation von Dr. Sandro Graf, um über die Zukunft von Payments in alllen Aspekten zu diskutieren. Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor allem aus der Schweiz, aber auch aus den Nachbarländern Deutschland und Österreich, diskutierten Themen wie Instant Payments, Fraud und Cybersecurity, Bitcoin und Stablecoin und mehr.

Unter anderem stand auch das Resultat einer grossen Händlerbefragung zum Thema des bargeldlosen Zahlungsverkehrs im Fokus. Interessant: Obwohl wir im DACH-Raum oftmals ziemlich ähnlich ticken, ist das Zahlungsverhalten in diesen drei Länder teilweise recht unterschiedlich, wie man aus den drei Vorträgen der Referenten aus Deutschland, Österreich und dem Lokalmatador aus der Schweiz erfahren konnte.

Marktanalysen und digitale Transformation

Die angeführte spannende Händlerbefragung über die aktuellen Strukturen und Kosten des bargeldlosen Bezahlens in der Schweiz wurde von Dr. Dominique Bächler und Dr. Marcel Stadelmann von ZHAW vorgestellt. Die Studie kommt zeigt unter anderem, wie wenig zahlreiche Händler über die Gebührenstrukturen wissen, was den Bedarf an mehr Transparenz im Markt unterstreicht. Ein deutlicher Wink mit dem Zaunpfahl an die Banken und an die grossen Dienstleister in diesem Bereich.

Wie nutzen die Menschen im DACH-Raum den bargeldlosen Zahlungsverkehr, um zu bezahlen? Den aktuellen Status führten uns Christiane Burger von der Österreichischen Nationalbank, Stefan Schneider von Card Consult und Dr. Sandro Graf von der ZHAW vor Augen.

Der auffälligste Unterschied: Während in Deutschland und in höherem Masse in Österreich das Bargeld immer noch das wichtigste Zahlungsmittel ist, hat in der Schweiz die Debitkarte diesen Platz übernommen.

Technologie und Innovation im Zahlungsverkehr

Gewohnt energiegeladen kam der Vortrag von David Kauer von Postfinance, der die Synergien zwischen Banking und Handel sowie die Skalierung von Instant Payouts thematisierte. Also die Möglichkeit, getätigte Zahlungen sofort an Händler oder Dritte auf einem Marketplace auszuzahlen.

Was für Firmenkunden im Fokus steht, spielt bei Retailkunden noch keine Rolle. Diese können Instant Payments empfangen, aber für die Auslösung der schnellen Zahlungen steht die Postfinance noch auf der Bremse und hat keine konkreten Pläne.

Christoph Thumm und Lars Goerke von Foconis gingen auf die Entwicklungen bei Instant Payments ein – sowohl in der Schweiz für den CHF aber auch SEPA Instant für den EUR-Zahlungsverkehr ein. Es sei von grosser Bedeutung für Banken und andere Finanzinstitute, so die Referenten, eine europäische Vernetzung hinzukriegen. Sie beleuchteten die Unterschiede zwischen den Schweizer und den europäischen Systemen und welche Lehren beide Märkte voneinander ziehen können.

Janko Hahn von Autoneum, Treasurer und Innovator im Bereich Zahlungsverkehr, sprach darüber, wie Bankenlösungen basierend auf Tokenisierungs-Technologie das Zahlungsverhalten der Zukunft prägen könnten. Er erklärte, wie die Integration dieser Technologien in bestehende Zahlungssysteme das Kundenerlebnis erheblich verbessern kann.

Um beim Thema des Zahlungsverkehrs von Konto zu Konto zu bleiben, dazu hat auch Magnus Bergaplass von Worldline seine Insights darüber präsentiert wie man als Händler über PSD2-Schnittstellen Zahlungen bei Banken auslösen kann beziehungsweise wie die Kunden die Händler darüber bezahlen können.

Was Payments-Innovationen betrifft, welche den Kunden ein besseres Erlebnis bieten, haben die beiden Vertreter von Netcetera aufgezeigt. Raffael Grob ging auf die dezentralen digitalen Identitäten ein, die das Onboarding revolutionieren und den gesamten digitalen Zahlungsverkehr effizienter und sicherer machen könnten​.

Und Dr. Thomas Fromherz fragte, ob sich noch jemand an EMV SRC erinnere. Die sehr einfache Möglichkeit von Click to Pay, welche vor rund zwei Jahren gestartet ist, hat anfänglich in ein paar wenigen Märkten gelernt, die Technologie weiter ausgebaut und sei nun da, um voll eingesetzt zu werden.

Die omnipräsente Artificial Intelligence (AI) ist am Swiss Payment Forum mehrmals in verschiedenen ZusammenhängenThema. Francesco Ferra und Marcel Rubner von Google Cloud zeigen, wie weit wir heute schon mit GenAI – also Generativer Künstlicher Intelligenz – gekommen sind.

Risiken wurden thematisiert, aber auch die immensen Chancen. Was bei dieser Technologie vor allem benötigt wird, ist eine riesige und immer weiter steigende Rechenleistung der Computer. Natürlich ist das eine Chance für Google Cloud, stellt den Konzern jedoch auch vor Herausforderungen, nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem wachsenden und hohen Energiebedarf.

Regulierung, Schemes und europäische Vernetzung

Die aktuelle und zukünftige technologische und regulatorische Grosswetterlage zeigte Andreas Standke von Thede Consulting auf.

Die Zahlungsverhalten in Europa sowie auch die Megatrends in der Paymentsbranche wie nahtlose Zahlungen, Künstliche Intelligenz (AI) und Big Data erhöhen die effiziente Transaktionsabwicklung und erlauben personalisierte Dienste.

Neue Zahlungsmethoden wie die europäische Wero Wallet, BNPL (Buy Now Pay Later) und Pay-per-use bringt einerseits mehr Möglichkeiten, andererseits aber auch mehr Komplexität für die Anbieter und auch für die Kunden.

Und: Welchen Einfluss die DLT-Technologie und der digitale Euro darauf haben werden, wissen wir heute noch nicht. Der digitale Euro wird zwar politisch stark beworben, zahlreiche Experten sehen darin allerdings keinen wirklichen Mehrwert.

Der digitale Euro könnte deshalb auch bedeuten: Hohe Kosten für die Einführung einer neuen regulatorischen Pflicht, aber Rohrkrepierer, weil ihn am Ende niemand nutzen könnte. Dazu kommen die Bedenken rund um Privatsphäre und Schutz der persönlichen Daten. 

Schon heute ist mehr Regulierung auf der Roadmap, als für viele verdaubar ist. Instant Payments und digitaler Euro werden als die grössten Veränderungen im Zahlungsverkehr bis 2030 angesehen.

Aber auch andere regulatorische Anpassungen für Finanzinstitute spielen mit, bei denen Prozesse verändert, Systeme eingeführt und Bürokratie aufgebaut werden muss. Das betrifft zum Beispiel Themen wie DMA, DORA, FIDA, PSD3, CSOP, NIS2 und mehr. Dafür schraubt dann die Weko an den Interchange-Gebühren, um die Transaktionskosten der Karten zu reduzieren.

Diesen Konstellationen kann man nur mit Ideen und möglicherweise mit neuen Geschäftsmodellen begegnen. Und das, obwohl in Zukunft die Profitabilität in der Zahlungsbranche angesichts sinkender Margen, hoher Investitionen und steigender Kosten durch Cyberkriminalität auf den ersten Blick nicht allzu rosig erscheint.

Vermutlich wird es genau deshalb weniger Akteure auf dem Markt geben und dadurch erhöhte Chancen für die Agilen, welche überleben.

Santosh Ritter von Visa unterstrich die zunehmende Bedeutung von digitalen Wallets und kontaktlosen Zahlungen, die durch NFC-Technologie und QR-Codes weiter Auftrieb haben werden. Ritter betonte, dass diese Technologien den Verbrauchern ganz klar Bequemlichkeit und Sicherheit bieten würden. Weiter bekäme die Künstliche Intelligenz (KI) eine Schlüsselrolle in der Betrugsprävention, indem sie die Sicherheit von Zahlungen verstärkt. ​

Durch die Förderung von Open Banking und API-basierten Instant-Zahlungen entstehen auch neue Fraud- und Geldwäscherei-Risiken. Die Vertreter von Mastercard, Dr. Daniela Massaro und Richard Luff, zeigen auf, wie solche Transaktionen entstehen können und wie Mastercard einerseits versucht, diese zu identifizieren und andererseits auch über mehrere Wege nachzuverfolgen.

Eindrückliche Möglichkeiten, wenn man Einsicht in ein riesiges Netzwerk hat.

Stablecoin, Bitcoin und andere digitale Währungen

Ein prominentes Projekt wird von einer prominenten Persönlichkeit vorangetrieben: Pascale Bruderer, ehemalige Nationalrätin und Ständerätin, initiiert den Swiss Stablecoin und weist auf die Vorteile eines schweizerischen Stablecoins hin.

Es sei wichtig, unterstreicht Bruderer, dass ein solcher Stablecoin nicht von irgendeinem externen Grosskonzern lanciert werde. Der digitale Schweizer Franken soll von der Schweiz für die Schweiz kommen. Ein Stablecoin würde Innovation fördern und die Effizienz steigern, ist Bruderer überzeugt.

Rino Borini, Inhaber von Scarossa sowie des Lokals House of Satoshi an bester Lage an der Zürcher Ausgehmeile, räumt auf eindrückliche Art und Weise zahlreiche Vorurteile zum Bitcoin aus dem Weg.

Einige dieser (Vor-) Urteile lassen sich jedoch nur schwer ausräumen. Dazu gehören zum Beispiel die limitierte Anzahl der Transaktionen oder die User Experience bei selbst gehaltenen Bitcoins. Das eine wie das andere ist Fakt.

Glücklicherweise entwickelt sich der Bitcoin auch bei diesen Defiziten weiter. Zum Beispiel mit dem Bitcoin-Lightning-Netzwerk, einer Technologie welche hunderttausende von Transaktionen pro Sekunde ermöglicht und somit den Bitcoin als Basistechnologie festigen kann.

Borini empfiehlt, jede und jeder solle sich mit Bitcoin auseinandersetzen, um das Phänomen Bitcoin in Funktion und Auswirkungen zu verstehen. Falls man danach – genauso wie Borini – vom Potenzial überzeugt wäre, wäre es nicht falsch, meint der Experte, sich auch regelmässig ein paar Bitcoin-Bruchteile zuzulegen. 

Fazit

Das Swiss Payment Forum 2024 war eine ausgezeichnete Gelegenheit, um aktuelle und zukünftige Entwicklungen im Zahlungsverkehr besser zu verstehen. Die Organisation war gut durchdacht, weil sie einen smarten Mix bot aus dem Füttern des Hirn mit Fachbeiträgen, in den Pausen dem Füttern des Magens und des Netzwerks aber auch dem Füttern der Seele.

Die emotionale und eindrückliche Keynote zu allen drei Fütterungs-Aspekten kam von Florian Astor, dem Gründer des Startups Campo Golf. Er demonstrierte eindrücklich, wie er 8'500 Kilometer zu Fuss ging und 250 Nächte im Zelt verbracht hat. Weil, so Astor, digitale Transformation und notwendige Innovation nur gelingen kann durch Kulturwandel und mit Offenheit und Flexiblität im Unternehmen.

Dazu gehört, die eigene Komfortzone zu verlassen, verordnete Ziellosigkeit zu üben und auch mal unterwegs zu "überleben", um wesentliche Skills für kreatives, flexibles und agiles Arbeiten zu gewinnen.

Für die Agenda: das nächste Swiss Payment Forum findet am 17. und 18. November 2025 in Zürich statt.