Europäische FinTech Unicorns haben bewegte Zeiten mit teilweise harten Einschnitten hinter sich – welche Auswirkungen hat das auf die Stimmung der Mitarbeiter?
Wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über ihr Unternehmen denken, hängt stark mit der Person an der Spitze zusammen: dem oder der CEO. Das Image dieser Person wiederum wird nicht zuletzt geprägt von guten oder schlechten Nachrichten, die ein CEO seiner Crew zu verkünden hat. Und auch von der Art und Weise, wie diese Nachrichten verkündet werden.
Seit der Zinswende haben sich die schlechten Nachrichten gehäuft. Bei zahlreichen Technologie-Unternehmen – auch bei FinTechs. Investoren sind mit Risikokapital bei Finanzierungsrunden auf die Bremse getreten. Unternehmens-Bewertungen sind teilweise drastisch nach unten korrigiert worden. CEOs beugten sich dem Druck ihrer Investoren und verlagerten ihre Ziele von bisher ungebremstem Wachstum in Richtung Profitabilität. Kehrtwendungen und neue Strategien haben zu Unruhe in Teams geführt. Teilweise einschneidende Entlassungsrunden haben die Stimmung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ebenfalls stark beeinflusst.
Glassdoor macht Unternehmen transparent
Unter anderem über Millionen von Arbeitgeber-Bewertungen zu weltweit 600'000 Unternehmen liefert die Plattform Glassdoor Informationen, die vor einem Jobwechsel hochinteressant sein können. Für Sifted waren die Zustimmungswerte zu CEOs von FinTech Unicorns im Datenschatz von Glassdoor besonders interessant. Die Plattform hat diese Zustimmungswerte analysiert und zu einem Ranking zusammengestellt.
Dieses Ranking basiert auf Mitarbeiter-Bewertungen, in Stichprobengrössen zwischen 100 bis über 2'000 Bewertungen pro FinTech. Aus dieser Analyse ist ein Bild der 20 wertvollsten FinTech-Einhörner in Europa entstanden – ein Bild, das zeigt, wie die Crews zu ihren CEOs stehen.
Welche CEOs werden von ihrer Crew geschätzt – und welche etwas weniger?
Das Ranking ist einerseits teilweise überraschend, andererseits wieder nicht unbedingt. Die FinTechs auf den niedrigsten Rängen haben alle im letzen Jahr entweder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlassen – oder dann gab's andere schlechte Nachrichten, welche das Verhältnis der Crew zu ihren CEOs belastet haben.
Die ausgewiesenen Prozentangaben spiegeln die Zustimmungungswerte zu den CEOs der jeweiligen FinTechs. Entstanden aus abgegebenen Bewertungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Qonto mit Top-Bewertung von 99 Prozent
Die Neo-Bank Qonto ist seit 2017 im Markt und ist heute in Frankreich, Deutschland, Spanien und Italien im Geschäft. Das mit 622 Millionen Euro gut finanzierte Unicorn sieht sich allerdings als europäische Lösung für KMU und Selbstständige in allen Ländern. Weil, so Qonto, die Probleme für kleine unter mittlere Unternehmen in allen Ländern dieselben sind – die Lösungen sollen von Qonto kommen. Dieses Ziel verfolgt das FinTech konsequent und erfolgreich.
Qonto wächst und hat keine Entlassungen vornehmen müssen. Die Crew scheint sich zu einem hohen Grad im Unternehmen wohl zu fühlen und der CEO macht offensichtlich vieles ziemlich richtig, anders ist die Mitarbeiter-Bewertung von CEO Alexandre Prot mit einem Zustimmungswert von 99 Prozent nicht zu erklären.
Mit in die Gruppe mit über 90 Prozent Zustimmung gehören die CEOs Mark Lenhard von Zepz (vormals World Remit), Firmin Zocchetto von Payfit sowie Hiroki Takeuchi von GoCardless.
Revolut auf dem 8. Rang mit 82 Prozent Zustimmung
Die hohe Bewertung von CEO Nikolay Storonsky im Urteil seiner Crew überrascht insofern, als Storonsky berüchtigt ist dafür, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter extrem und hart zu fordern. Lange Arbeitszeiten und voller Einsatz gehören mit zum prägenden Merkmal der Challenger-Bank. Auf der anderen Seite profitiert die Crew von zahlreichen Vorteilen im Bereich New Work.
Entlassungen gab's bei Revolut keine, das Unternehmen wächst weiterhin ungebremst und hat allein im ersten Halbjahr 2023 rund 900 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter Vertrag genommen. Mit einer Bewertung von 33 Milliarden US-Dollar und einer Kundenzahl von über 30 Millionen weltweit ist Revolut derzeit das wertvollste FinTech in Europa.
Gute Bewertungen für die Neo-Banken Starling und Monzo
Zur Gruppe der FinTech Unicorns mit einer CEO-Zustimmung von über 80 Prozent gehören die CEOs von zwei britischen Neo-Banken. Zum einen die Pionierin Anne Boden von Starling. Boden gehört zu den ersten Gründerinnen einer Neo-Bank. Nach über 30 Jahren Karriere in der Finanzbranche und bei mehreren Grossbanken hat sie mit der Feststellung, "Banking is broken", den Versuch gewagt, das in ihren Augen gebrochene Banking zu reparieren und auf neue Beine zu stellen.
Boden hat mit dem Konzept und dem Geschäftsmodell ihrer Starling Bank eine Blaupause für andere FinTechs geliefert und damit zahlreichen weiteren Neo-Banken das Terrain geebnet. Die Pionierin hat letztes Jahr Starling in die Gewinnzone geführt, die Neo-Bank arbeitet profitabel.
Der zweite Neo-Banken-CEO mit guten Bewertungen über 80 Prozent ist TS Anil von Monzo. Anil arbeitet offenbar erfolgreich daran, die Finanzkraft von Monzo zu optimieren, er will mit seiner Neo-Bank nächstes Jahr schwarze Zahlen schreiben.
N26 auf dem 17. Rang mit 53 Prozent Zustimmung
CEO Valentin Stalf landet auf dem viertletzten Rang bei der Zufriedenheits-Bewertung seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dabei dürften nicht nur die Entlassungen im April 2023 im Zentrum stehen, der CEO beweist generell keine glückliche Hand im Umgang mit seinen Teams. Die nicht ganz geräuschlose Abwanderung von Führungskräften und weitere Vorfälle und Nachrichten rund um ein nicht gerade sonniges Betriebsklima, spielen mit. N26 liefert immer wieder Stoff für negative Schlagzeilen, das hat das Vertrauen der Crew in die Führung des FinTechs offenbar erschüttert.
Zudem steht die Neo-Bank nun schon seit längerem unter einer von der BaFin verordneten Wachstumsbeschränkung, ausgelöst durch hausgemachte Probleme und Versäumnisse, was N26 in der Entwicklung massiv ausbremst. Ereignisse und Situationen, welche Hinweise liefern, warum sich die Zustimmungswerte gegenüber dem CEO auf tiefem Level bewegen.
Gerade noch mit einem Punkt über der 50-Prozent-Marke hält sich Sebastian Siemiatkowski, der CEO von Klarna. Dem Riesen-FinTech wehte 2022 ein eisiger Wind ins Gesicht, was unter anderem zu zwei Entlassungsrunden geführt hat. In die Kritik geraten ist Siemiatkowski weniger wegen den Entlassungen an sich, mehr wegen der Art und Weise, wie der CEO diese notwendigen Massnahmen durchgeführt hat.
Trade Republic und Wefox am Schluss der Rangliste
Der CEO des Neo-Brokers Trade Republic, Christian Hecker, landet mit 44 Prozent Zustimmung seiner Crew auf Platz 19 des Rankings. Wefox-CEO Julian Teicke erhält mit 36 Prozent den tiefsten CEO-Zustimmungswert und bildet auf Rang 20 das Schlusslicht der Liste.
Die Details zu den Hintergründen und alle Informationen zu den hier nicht genannten Mittelfeldspielern gibt's auf Sifted nachzulesen, hier. Das Magazin hat sämtliche Unicorn FinTechs und ihre Positionen aufgrund der Glassdoor-Bewertungen von Mitarbeitern akribisch und lesenswert ausgeleuchtet und porträtiert.
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