Wie die Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) mitteilt, hat die Behörde bereits am 31. März 2023 die bestehenden Massnahmen zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung gegenüber der N26 Bank verlängert und in Teilen konkretisiert.
Die Verlängerung bezieht sich auf eine Anordung, welche die BaFin vor zwei Jahren, am 11. Mai 2021, erlassen hat. In der aktuellen Konkretisierung ordnet die BaFin an, "dass die N26 Bank angemessene technisch-organisatorische und personelle Massnahmen treffen und aufrechterhalten muss, um für eine ordnungsgemässe Geschäftsorganisation zu sorgen und ihren gesetzlichen Verpflichtungen durchgehend nachkommen zu können. Betroffen ist vor allem das Verdachtsmeldewesen. Das Institut muss ein hinreichendes EDV-Monitoring schaffen, eine angemessene Qualitätssicherungsfunktion aufbauen und wirksame Kontrollen von Auslagerungen einrichten".
Die verordnete Wachstumsbremse bleibt weiterhin bestehen
Am härtesten dürfte N26 die weiterhin anhaltende Wachstumsbeschränkung treffen. Dieses nun schon mehr als eineinhalb Jahre dauernde Verbot, ungebremst wachsen zu können, ist Gift für eine Neo-Bank, die von realisierbaren Skaleneffekten lebt. Die BaFin schreibt dazu:
"Zur Risikoreduzierung verlängerte die BaFin ausserdem die seit dem 9. November 2021 bestehende Wachstumsbeschränkung von 50'000 Neukundinnen und -kunden pro Monat."
Auch das Mandat des von der BaFin eingesetzten Sonderbeauftragten ist verlängert worden, damit dieser die Umsetzung der angeordneten Massnahmen überwachen könne. Dieser Sonderbeauftragte ist der Neo-Bank am 11. Mai 2021 ins Haus gesetzt worden, er wird vorerst sein Büro nicht räumen.
Licht am Ende des Tunnels?
Offenbar war es der Neo-Bank nicht möglich, innerhalb von zwei Jahren den Sonderbeauftragten und die BaFin zufriedenzustellen, sonst würde die Finanzaufsicht die angeordneten Massnahmen nicht erneut auf unbestimmte Zeit verlängern.
Immerhin setzt die BaFin ein kleines Licht ans mögliche Ende des Tunnels. Die Finanzaufsicht stellt in Aussicht, dass die Neukunden-Wachstumsbeschränkung gelockert werden könne, wenn der Sonderbeauftragte und die BaFin feststellen würden, dass N26 angemessene Fortschritte bei der Mängelbeseitigung macht.
Was bedeutet das Verdikt der BaFin für N26?
Von Skaleneffekten nicht wirklich profitieren zu können, ist für eine Neo-Bank ein Zustand zwischen sehr ungemütlich und existenzbedrohend – je nach Konstitution der Bank und auch abhängig von der Geduld der Investoren.
N26 darf, unabhängig von der Wachstumsbeschränkung, neue Funktionen aufschalten. So hat die Neo-Bank vor einigen Monaten zum Beispiel den Handel mit Kryptowährungen für Kundinnen und Kunden geöffnet. In Vorbereitung ist auch der Handel mit Wertpapieren, dieses Angebot soll möglichst bald aktiviert werden. Die Frage stellt sich jedoch, wie gross der aktive Kundenstamm sein muss, damit Skaleneffekte aus bestehenden und neuen Ertragspfeilern positiv und spürbar durchschlagen können.
Die Neo-Bank selbst sieht sich in einer robusten Konstitution und glaubt nach eigenen Aussagen, dass Profitabilität 2024 zu erreichen ist. Das wäre erstaunlich, das letzte öffentlich publizierte Geschäftsjahr 2021 hat N26 mit einem Verlust von 172.4 Millionen Euro abgeschlossen. Die Erträge und Erlöse müssten stark ansteigen, um 2024 mit Gewinn abzuschliessen.
Diesen Sprung hat Erzrivale Revolut auch geschafft und 2021 zum ersten Mal ein Geschäftsjahr profitabel abgeschlossen. Allerdings auf der Basis einer Kundenzahl, die damals rund drei Mal höher lag im Vergleich zu N26. Revolut bedient heute über 30 Millionen Kundinnen und Kunden, bei N26 sind es gut 8 Millionen.
Im Gegensatz zu N26 konnte Revolut ungehindert wachsen, generiert heute monatlich nahezu eine Million Neukunden, N26 darf nicht mehr als 50'000 pro Monat neu an Bord nehmen. Der grosse Kundenstamm macht Skaleneffekte möglich, bei Revolut insbesondere auch in den Bereichen Aktien- und Kryptohandel. Diese Sparten hat die Challenger-Bank schon seit Jahren im Programm, N26 hat eben erst damit begonnen.
Revolut und N26 lassen sich allerdings nicht direkt und 1:1 vergleichen. Beide Neos sind hoch finanziert, N26 ist jedoch in der Konsolidierungsphase und geschäftet dadurch günstiger. Im Gegensatz dazu expandiert Revolut weiterhin in neue Märkte und investiert sehr viel Geld, um in hoher Schlagzahl laufend neue Funktionen und Angebote zu lancieren.
Fakt jedoch bleibt, dass die nun durch die BaFin verlängerte Wachstumsbeschränkung der Berliner Neo-Bank N26 weiterhin gefährlich enge Fesseln anlegt. Wann diese Fesseln gelockert werden, bleibt offen. Ob zu diesem Zeitpunkt genügend Kraft, Luft und Zeit bleibt, um die "verlorenen Jahre" zu kompensieren und durch starkes Kundenwachstum Skaleneffekte zu realisieren, wird sich zeigen.
Sollte N26 durch Provisionen, Zinsüberschuss und Erlöse aus kostenpflichtigen Premium-Abos tatsächlich 2024 Profitabilität erreichen, wäre das sehr erfreulich – aber auch sehr überraschend.