Wer bist du und was muss ein junger Digital Native, der noch am Anfang seiner Berufskarriere steht, über dich, deine Organisation und ihre digitalen Initiativen wissen?
Ich bin Juristin und befasse mich seit rund zehn Jahren mit der Digitalisierung von Regulatory- sowie Compliance-Anforderungen im Banking. Im Rahmen meiner beratenden Tätigkeit als Compliance Officer bei LCR Services bin ich zum Schluss gekommen, dass ich fachlich komplexe Inhalte standardisieren und skalieren möchte.
Aus diesem Grund haben wir von Ifinity den Plattformgedanken weitergetrieben und den Digital Compliance Guide, ein Know-how Tool für Finanzdienstleister, entwickelt. Der Digital Compliance Guide ist so konzipiert, dass standardisierte Inhalte personalisiert zugänglich gemacht werden. Der User soll die Möglichkeit erhalten, im Umfeld so vieler Vorschriften das für ihn Relevante einfach, rasch und kondensiert zu finden.
Die Flut von Inhalten überfordert uns tagtäglich und ich möchte mit diesem Tool einen Beitrag leisten, wenigstens regulatorisch Komplexes für den User verdaubar aufzuarbeiten und benutzerfreundlich darzustellen.
Mit welchem digitalen Macher möchtest du dich gerne einmal bei einem Kaffee austauschen, weil er für dich ein spannendes Rollenmodell oder gar Vorbild verkörpert?
Weil mich das Thema digitale Ethik zurzeit umtreibt, würde ich gerne mit dem männlichen Pendant von Sarah Spiekermann einen Kaffee trinken – das ist mir allerdings nicht bekannt ist, deshalb mit Sarah Spiekermann.
Frau Spiekermann hat in den 90er- und 00er-Jahren in verschiedenen Unternehmen des Silicon Valleys gearbeitet und war somit an vorderster Front in Sachen Digitalisierung. Heute lehrt sie an der Wirtschaftsuniversität in Wien und setzt sich dafür ein, dass im digitalen Zeitalter ethische Grundsätze definiert und eingehalten werden.
Was können Wirtschaft, Politik, Gesellschaft, Bildung und wir alle tun, damit es in Zukunft Google, Salesforce und Facebook aus der Schweiz gibt?
Um dies erreichen zu können, ist meiner Meinung nach die Schärfung einer Vision für die Schweiz und damit unserer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ausrichtung notwendig.
Wo liegen tatsächlich die Vorzüge der Schweiz und insgesamt Europas und wo können wir in den nächsten Jahren und Jahrzehnten eine Nische finden – im Spannungsfeld zwischen USA und Asien?
Wenn wir hier weiterhin einen individualistischen Kurs verfolgen, dann werden wir uns verzetteln – ich würde mir eine übergeordnete Vision wünschen, welche Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und insbesondere die Bildung gleichermassen miteinbezieht.
Persönlich glaube ich, dass sich unser Land mit seinen Institutionen und der verhältnismässig grossen Innovationskraft auf Themen wie Ethik, Selbstbestimmung im Umgang mit Daten, Menschsein und selbstverständlich Umwelt und Natur konzentrieren sollte.
Was würde dein Teenager-Ich heute zu dir sagen und was würdest du deinem 15-jährigen Ich mit auf den Weg geben wollen für seine Zukunft?
Mein Teenager-Ich würde mir sagen, dass Herausforderungen über die Staatsgrenzen hinaus zu lösen sind und dass die Digitalisierung Personen und Institutionen mit gleichem Gedankengut zusammenbringt. Statt sich auf das Inland zu konzentrieren, sollten wir die gleichgesinnten Satelliten im Ausland ausfindig machen, um so global Veränderungen herbeiführen zu können – quasi eine Guerillataktik entwickeln.
Ich würde meinem Teenager-Ich wünschen, dass sie eine selbständige und unabhängige Denkerin ist und würde ihr raten, sich mit so vielen kontroverse Meinungen, Ideen, Menschen, Ländern, Kulturen, etc. wie möglich auseinanderzusetzen. Ausserdem würde ich ihr empfehlen, entweder ein Handwerk zu erlernen, das nicht durch Roboterarbeit ersetzt werden kann – oder, respektive und, eine geisteswissenschaftliche Ausbildung in Angriff zu nehmen. Und: viel lachen und lesen.
Welchen Stellenwert haben Anlässe wie der Digital Economy Award für die Förderung einer starken digitalen Innovationskultur in der Schweiz?
Es ist meines Erachtens sehr wichtig, nicht nur Gutes zu tun, sondern auch darüber zu sprechen. Dies gilt auch für Success Stories und Innovationen – und genau dort kann der Digital Economy Award, der in verschiedenen Kategorien verliehen wird, eine grosse Wirkungskraft entfalten. Ich bin überzeugt, dass schon in zwei bis drei Jahren sinnvolle und hoffentlich erfolgreiche Projekte erheblich mehr Visibilität erhalten werden.