Die Autoren des "World Retail Banking Report 2021" fassen zentrale Erkenntnisse aus dem Report übergeordnet mit einer Prognose und einer Aufforderung zusammen:
Die Post-COVID-19-Ära wird von einem harten Wettbewerb geprägt sein. Um die Kundenerwartungen zu erfüllen, müssen Banken ihre Prioritäten überprüfen und ihre Investitionen neu ausrichten.
Das Problem und der Ansatz einer Lösung
Die Autoren bleiben schonungslos und werden konkret. Retail-Banken stehen vor der Wahl: Entweder richten sie ihr Angebot an den Erwartungen ihrer Kunden aus oder sie gehen das Risiko ein, diese Kunden ganz zu verlieren.
Das zeigt der von Capgemini und Efma veröffentlichte World Retail Banking Report 2021 (WRBR). Während die wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 weiter anhalten, hat die Disruption eine neue Ära des wertorientierten, kundenzentrierten Bankwesens ausgelöst, das in der Studie als Banking 4.X bezeichnet wird.
Um im Banking 4.X erfolgreich zu sein, müssen Banken die digitale Transformation annehmen und cloudbasierte Banking-as-a-Service (BaaS)-Plattformmodelle implementieren, die APIs nutzen. So können Bankgeschäfte für Kunden besser in den Alltag eingebettet und zugänglicher werden.
Warum sollten Banken diesen Weg gehen?
In den letzten zehn Jahren haben Neo und Herausforderer-Banken mehr als 39 Millionen Kunden angezogen. Nach Ergebnissen der Studie sind derzeit 81 Prozent der Verbraucher weltweit dazu bereit, von ihrer traditionellen Bank zu einem New-Age-Finanzanbieter zu wechseln, wenn dieser einen einfachen Zugang und ein flexibles Banking-Angebot bereitstellt.
Dieser hohe Wert ist überraschend, zumal klassische Banken bisher eher stark von ihrem "Vertrauen-Bonus" profitieren konnten. Glaubt man den Zahlen und Erkenntnissen des Reports, rücken höhere Ansprüche an Flexibilität und Komfort in den Vordergrund.
Open Banking, Plattformen, Ökosysteme und Banking-as-a-Service?
Damit traditionelle Banken ihren Kundenstamm halten und ausbauen können, sind sie durch die COVID-19-Pandemie umso mehr dazu gezwungen, ihre Digitalisierungs- und Kostenoptimierungs-Massnahmen zu beschleunigen. Darüber hinaus erwarten mit der Pandemie konfrontierte Retail-Banking-Kunden jetzt vollständig digitalisierte Angebote auf Abruf (On-Demand), hyper-personalisierte Dienstleistungen und eine Unterstützung rund um die Uhr.
Dennoch geben 46 Prozent der befragten Bankmanager an, dass sie unsicher sind, wie sie Open Banking umsetzen, Ökosysteme orchestrieren und zu einer wirklich datengesteuerten Organisation werden können. Diese Massnahmen sind wesentliche Bestandteile der neuen Art, Banking zu betreiben, die von Capgemini als Banking 4.X bezeichnet wird.
«Mit einer innovativen Einstellung und Denkweise, weg vom tradierten Bankgeschäft und hin zur Einführung von Banking-as-a-Service, können Finanzinstitute über ihre Kernbankprodukte hinausgehen, neue Angebote schaffen und ihren Kunden personalisierte Services anbieten», sagt Anirban Bose, CEO Financial Services und Group Executive Board Mitglied von Capgemini. «Um ihre Kunden nachhaltig zu binden, müssen Banken sich darauf konzentrieren, ihre Dienstleistungen als empfundenen Mehrwert in den Kundenalltag und dessen Lebensstil einzubinden. Durch die Plattformisierung ihrer Lösungen und die gezielte Nutzung von Daten, können Banken besser auf die Bedürfnisse des modernen Kunden eingehen und so neue Einnahmequellen schaffen.»
Was nach einem gedanklichen "Hosenlupf" klingt, ist genau das, geht jedoch deutlich über das rein Gedankliche hinaus. Folgt man den Einsichten des Reports und den Empfehlungen der Autoren, bedeutet diese neue Denkweise im Resultat drastische "Umbauarbeiten" in der Ausrichtung und im Geschäft traditioneller Banken.
Plattformisierung definiert eine neue Ära für die Industrie
Die Autoren fassen zusammen: Etablierte Banken können in offenen Ökosystemen über BaaS-Plattformen neue Werte erschliessen. Dadurch erhalten sie Zugang zu neuen Datenquellen und es bieten sich ihnen vielfältige Monetarisierungsmöglichkeiten. Banken müssen schnell zu erlebnisorientierten, plattformbasierten Ansätzen übergehen und die Bankgeschäfte sowie andere Services in den Lebensstil der Verbraucher einbetten.
Positiv zu vermerken ist, dass 66 Prozent der Banken angeben, bereits eine BaaS-Plattform zu nutzen, während 25 Prozent gerade dabei sind, eine solche zu entwickeln.
Die eigenen Stärken nutzen und monetarisieren
Traditionelle Banken haben bereits mehrere Stärken, die sie leicht monetarisieren können (zum Beispiel Kundenkenntnis, existierendes Berichtswesen, Lizenzverträge, Transaktionsverarbeitung, Anbindung an globale Systeme und mehr). Ausserdem können sie auf eine Reihe von externen Anbietern zurückgreifen, um ihr Angebot zu verbessern und die Nachfrage der Verbraucher nach einem stärker integrierten und personalisierten Erlebnis bestmöglich zu bedienen.
Traditionelle Banken haben erkannt, dass es für sie entscheidend ist, auf die Fähigkeiten ihres breiteren Ökosystems zuzugreifen. Demnach gaben 80 Prozent der Führungskräfte im Bankensektor an, dass BaaS ihnen helfen wird, Synergien im offenen Ökosystem zu nutzen, um dadurch Innovationen und neue Bankprodukte und -dienstleistungen zu entwickeln. So können Banken die Lücke zwischen ihrem heutigen Stand und den Kundenerwartungen von morgen schliessen – eine Lücke, die in der Ära von Banking 4.X noch grösser werden wird. Bedarfsgerechte, digitale und einfach zu bedienende Kanäle werden die Art und Weise, in der Bankgeschäfte getätigt werden, neu gestalten. Dies ermöglicht es Banken auch die un- und unterversorgten Bevölkerungsgruppen stärker einzubinden.
«Banken und Nicht-Banken sollten zusammenzukommen und einen besseren Kundenservice ermöglichen», sagt John Berry, CEO der Efma. «Diese strategischen Partnerschaften ermöglichen neue, kreative Angebote, die den Lebensstil, die Bedürfnisse, die Wünsche und sogar die Persönlichkeiten der Kunden widerspiegeln. Banken sollten sich darauf konzentrieren, den Support zu verbessern, die Kosten für Bankprodukte und -dienstleistungen zu senken und Nachhaltigkeits-Initiativen anzubieten. Die Zukunft des Bankwesens beruht auf einem starken digitalen Fundament und einer flexiblen Einstellung gegenüber Innovationen.»
Sichert ein datengesteuerter Ansatz langfristiges Wachstum?
Die Studienautoren sind überzeugt davon und liefern die Argumente dazu:
Das Bankgeschäft steht am Beginn einer neuen Ära. Finanzdienstleistungen werden effektiver und benutzerfreundlicher in das tägliche Leben der Kunden eingebettet – und der Schlüssel zum Erfolg wird die gezielte Zusammenarbeit mit den richtigen Partnern sein. Der BaaS-Ansatz bietet zahllose Möglichkeiten, mehr Daten durch und über Ökosysteme zu sammeln und diese für ein verbessertes Kundenerlebnis einzusetzen.
Mehr als 86 Prozent der Verbraucher weltweit geben an, dass sie ihre Daten teilen würden, um ein besseres, personalisiertes Erlebnis zu erhalten. Damit Ökosystemdaten auch genutzt werden können, müssen etablierte Banken entsprechend digitale Fähigkeiten aufbauen. So können sie im Zeitalter von Banking 4.X einen Mehrwert generieren, erhalten und steigern. Führende Banken werden den Kunden in den Mittelpunkt ihrer Transformationsbemühungen stellen, indem sie das Verhalten und die Stimmung der Kunden durch intelligente Datenanalysen verfolgen.
Die Zeit drängt
Banken müssen jedoch schnell handeln, mahnen die Studienautoren:
Die Studie von Capgemini und Efma hat ergeben, dass 61 Prozent der Unternehmen kein dediziertes Customer Experience (CX)-Managementteam haben, das Kunden-Roadmaps definiert. Banken können ihr Kundenerlebnis drastisch verbessern, indem sie eine digitale CX-Ebene einrichten und Filialen zu Erlebniszentren umgestalten. Dadurch können sie ihren Kunden eine konsistente und sichere Omni-Channel-Erfahrung über alle Touchpoints hinweg anbieten.
Der Report zum Runterladen
Der "World Retail Banking Report 2021" ist eine geballte Ladung an Daten, Erkenntnissen und daraus abgeleiteten Einsichten und konkreten Empfehlungen. Den kompletten Report gibt's als PDF zum Runterladen – kostenlos, aber gegen Eingabe der persönlichen Daten. Über den Link gleich unten.