Ein Interview mit Alexander von Schirmeister von Sumup
MoneyToday.ch: Es begann 2012 mit der Idee eines kleinen weissen Geräts, das überall übers Smartphone Kartenzahlungen entgegennehmen konnte – was ist Sumup heute?
Alexander von Schirmeister: Sumup startete als FinTech-Startup mit dem Ziel, Unternehmen jeder Grösse zu helfen, Zahlungen schnell und einfach abzuwickeln. Heute hat Sumup insgesamt mehr als 2'600 Mitarbeiter und zählt zu den erfolgreichsten globalen Zahlungsanbietern. Wir haben über drei Millionen Kunden weltweit und sind in 33 Märkten auf drei Kontinenten aktiv. Im letzten Jahr haben wir verschiedene Remote-Payment-Produkte wie den Payment Link, den Sumup Online-Shop, die Sumup Gutscheine und die Sumup Rechnungen eingeführt.
Wir sind auf dem Weg, ein One-Stop-Zahlungsanbieter zu werden, der speziell für kleine Unternehmen zugeschnitten ist.
Ist das rückblickend ein geplanter und provozierter Erfolg – oder mehr eine gute Startup-Idee, die mit viel Glück weltweit bisher drei Millionen Freunde gefunden hat?
Sumups Erfolg hat wenig mit Glück zu tun. Die Bedeutung des bargeldlosen Bezahlens nimmt überall auf der Welt zu. Auch haben sich die Bedürfnisse und Herausforderungen von KMUs und Selbstständigen geändert. Händler brauchen ein Gerät, das einfach zu handhaben ist, niedrige Transaktionsgebühren hat und über transparente Kosten abgewickelt wird. Das war von Anfang an die Hauptidee von Sumup. Sumup ermöglicht Kartenzahlungen ohne Fixkosten, ohne Vertragsbindung und mit einer transparenten Kostenstruktur.
Sumups Erfolg hat wenig mit Glück zu tun
Erfolgsverwöhnte Startups und Technologie-Unternehmen haben auch schwierige Momente, die weniger kommuniziert werden, wir machen das jetzt – welches waren oder sind die schwierigsten Phasen, Ereignisse, Rückschläge, die Sumup gebeutelt und beschäftigt haben?
Selbstverständlich hatten wir, wie jedes andere junge Startup, besonders in unseren frühen Jahren mit Herausforderungen zu kämpfen. Diese waren aber auch wichtig, um als Firma zu wachsen und zu lernen. Das Coronajahr 2020 war sicherlich ein besonders herausforderndes Jahr für Sumup. Das hat dazu geführt, dass wir auf die unerwarteten Herausforderungen unserer Händler reagieren mussten und unsere Produktpalette diversifiziert haben. Wir haben zum Beispiel Lösungen wie die Payment Links eingeführt. Diese ermöglichen es unseren Händlern, über einen generierten Link die Transaktion abzuwickeln, der per E-Mail, SMS oder WhatsApp-Nachricht verschickt werden kann. Auch ermöglicht es unsere neue Online-Shop-Lösung den Händlern, schnell und einfach einen eigenen Online-Shop mit nur wenigen Klicks einzurichten.
Der Zahlungsverkehr mit kreativen Lösungen ist von klassischen Banken in den letzten Jahren eher stiefmütterlich behandelt worden, jetzt findet langsam ein Umdenken statt – wo sehen Sie die zukünftige Rolle traditioneller Banken im Umfeld von Klarnas, Stripes, Sumups und anderen Unicorns?
Neue Mitstreiter wie wir sind dynamischer und agiler als traditionelle Banken. Für traditionelle Banken ist es in der Regel schwieriger, neue Innovationen rasch und in kürzester Zeit hervorzubringen. Das unterscheidet traditionelle Banken von Sumup, Stripe oder PayPal. Wenn es um Kartenlesegeräte geht, hat Sumup dazu beigetragen, dass auch Banken ihr Angebot besser an die Bedürfnisse von Kleinunternehmen und Unternehmern ausrichten.
Neue Mitstreiter wie wir sind dynamischer und agiler als traditionelle Banken
Einige Banken haben sich auch entschieden mit “neuen” Akteuren wie wir zusammenzuarbeiten. So zum Beispiel in der Schweiz die UBS. Seit 2014 arbeiten wir mit der Grossbank erfolgreich zusammen, um Kartenzahlungen für Geschäftskunden über das Kartenterminal von Sumup anzubieten.
Das kleine weisse Gerät in Variationen gibt’s nach wie vor – welches sind die prägenden Services oder Leistungen, die inzwischen zu den Kartenterminals dazugekommen sind?
In den letzten Jahren hat Sumup mehrere neue Produkte auf den Markt gebracht, darunter den Kartenleser Sumup 3G. Dieser verbindet sich automatisch mit dem 3G-Netz oder Wi-Fi. Man braucht weder ein Smartphone noch die Sumup-App, um ihn zu nutzen. Gerade jetzt, mit den radikalen Veränderungen in den letzten 12 Monaten – verursacht durch die Pandemie – kann Sumup mit seinen Zahlungslösungen seine Händler noch besser unterstützen.
Sumup hat kürzlich die FinTechs Goodtill und Tiller akquiriert – durch die Akquisitionen soll "eine ganz neue Generation von Sumup-Händlern" entstehen, warum?
Mit der Übernahme von Tiller, einem führenden Anbieter in Frankreich, Italien und Spanien, positioniert sich Sumup in Europa als Marktführer in der Digitalisierung von Kleinbetrieben. Damit garantieren wir langfristig Sumups Wachstum und die Entwicklung der Gastronomiebranche weltweit. Tiller ist bereits in unseren Kernmärkten wie Frankreich, Italien und Spanien etabliert. Damit beabsichtigen wir, gemeinsam weitere Produkte für Einzelhändler in der Gastronomie (Food & Beverage) zu erarbeiten und das Wachstum in neuen Märkten voranzutreiben.
Wir sprechen Einzelhändler mit höheren Umsätzen an, die trotz der aktuellen Situation rund um Covid in den kommenden Jahren einen bedeutenden Marktanteil darstellen werden.
Ihr Unternehmen ist weltweit in 33 Märkten aktiv – wo liegt der Hauptfokus in Bezug auf bereits bewirtschaftete oder zukünftige Wachstumsmärkte für Sumup: USA, Südamerika, Europa, Asien, Afrika oder alles ganz anders?
In Europa liegt unser Fokus auf der DACH-Region, Grossbritannien, Frankreich und Italien. In der Schweiz sehen wir wegen des stark wachsenden Interesses an neuen und digitalen Bezahlmethoden und des Anpassungspotenzials von Schweizer Kunden grosses Potenzial. Sumup evaluiert jedoch ständig weitere Märkte, um zu wachsen. Wir schauen uns derzeit Asien genauer an, können zu diesem Zeitpunkt jedoch keine weiteren Updates oder Ankündigungen dazu machen.
Derzeit schauen wir uns den Markt Asien genauer an
Welche Rolle spielt der Markt Schweiz auf der Expansions- und Produkt-Landkarte von Sumup?
Wie bereits erwähnt, ist die Schweiz ein wichtiger Akteur für uns. Seit 2014 ist Sumup in der Schweiz aktiv und verstärkt seine Präsenz, weil wir gemerkt haben, dass die Klein- und Kleinstunternehmer unsere unkomplizierten Zahlungslösungen mögen. Die Schweiz ist bekannt für ihre Finanzexpertise. Wir konnten in der Schweiz im vergangenen Jahr ein positives Wachstum verzeichnen. Das ist ein ermutigendes Zeichen für kleine Händler weltweit. Im Vergleich zu anderen Ländern in Europa wie Grossbritannien oder Skandinavien, in denen bargeldloses Bezahlen weit verbreitet ist, ist das Potenzial in der Schweiz noch sehr gross. Während der Corona-Pandemie haben die Schweizer begonnen, den bargeldlosen Zahlungsverkehr schnell einzuführen. Das hilft uns und anderen FinTech-Unternehmen natürlich besonders.
Sumup hat mit einer wachsenden Crew 2019 einen Jahresumsatz von 200 Millionen Euro generiert, wo liegen die Zahlen im umsatzstarken Corona-Jahr 2020?
Sumup hat mittlerweile mehr als 2'600 Mitarbeiter und erreicht drei Millionen Händler weltweit. Trotzdem war das Jahr 2020 auch für Sumup nicht einfach, weil unser Geschäftsmodell darauf basiert, dass wir anteilig an den Transaktionen unserer Händler verdienen (ohne Anschaffungskosten für die Terminals). Im Laufe des Jahres 2020 haben wir dennoch in vielen Bereichen einen Aufwärtstrend erkannt. Beispielsweise haben wir einen Rückgang des durchschnittlichen Warenkorbs für Kartenzahlungen beobachten können, was dafür spricht, dass vermehrt auch kleine Beträge immer öfter mit der Karte und nicht mehr bar bezahlt werden. Langfristig wird sich das Zahlungsverhalten durch die Pandemie weiter verändern.
Arbeitet Sumup als Gruppe eigentlich profitabel?
Wir geben keine genaueren Angaben zu unserer Profitabilität. Aber wir sind selbstverständlich weiterhin in einer sehr aggressiven und ehrgeizigen Wachstumsphase, die weltweit viele Investitionen benötigt.
Sumup hat im März eine Finanzierungsrunde abgeschlossen und die gigantische Summe von 750 Millionen Euro eingesammelt – was ist vor diesem Hintergrund in Sachen Expansion, neue Produkte, neue Services von Sumup zu erwarten?
Sumup wird sich in Zukunft auf verschiedene Dinge wie Händlerakquise, Marktexpansion, Produktentwicklung sowie M&A konzentrieren. Wir planen, weitere Händler auf der ganzen Welt mit Zahlungslösungen zu unterstützen, die genau ihren Anforderungen entsprechen. Unser Ziel ist es, die erste Wahl für kleine Unternehmen auf der ganzen Welt zu werden, nicht nur für Zahlungen, sondern auch für Business Saas Services einschliesslich E-Commerce.
Wir sind weiterhin in einer sehr aggressiven und ehrgeizigen Wachstumsphase, die weltweit viele Investitionen benötigt
Unsere jüngsten Akquisitionen zeigen unsere Expansionspläne und verdeutlichen unser Ziel. Wir wollen ein One-Stop-Zahlungsanbieter werden, der speziell für kleine Unternehmen zugeschnitten ist.
Bezahlen als Prozess ist für Konsumenten ein notwendiges Übel, welche Technologien werden in Zukunft helfen, das Übel noch schneller, komfortabler, sicherer oder sogar unsichtbar zu machen?
Ich glaube definitiv, dass die Verbraucher weiterhin innovative Produkte nachfragen. Was die Technologien angeht, so scheint es, dass COVID-19 dem QR-Code zum Durchbruch verholfen hat. Der QR-Code wurde in Europa zum Mainstream. Das wird einige Lösungen, die in Asien bereits gebraucht werden, hervorbringen. Zudem hat die Pandemie dem kontaktlosen Bezahlen einen weiteren grossen Schub gegeben. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir in Zukunft noch weitere NFC-Zahlungsabwicklungen sehen werden, zum Beispiel tragbare Zahlungsgeräte wie Uhren und sogar Ringe. “Request to Pay" ist eine interessante Technologie, die aber noch in der Entstehungsphase ist. Sie wird neue Bezahlmethoden, vor allem im E-Commerce-Bereich, vorantreiben.
Die Corona-Pandemie wird uns noch eine Weile beschäftigen und hat sich auf das generelle Zahlungsverhalten bereits stark ausgewirkt – welche Trends und Entwicklungen werden für die nächsten Monate oder Jahre zu erwarten sein?
In den nächsten Monaten wird das bargeldlose Bezahlen weiter zunehmen. Das mobile Bezahlen ist mittlerweile in der breiten Bevölkerung angekommen und wird wahrscheinlich noch viel wichtiger werden. Es besteht jedoch noch in vielen Märkten riesiges Potenzial – vor allem im Bereich der Klein- und Kleinstunternehmer. Denken wir an kleinere Familienbetriebe auf dem Land oder in Gebieten, in denen der Zugang zu Bargeld langsam verschwindet. Neue Abrechnungsstandards wie die QR-Rechnungen werden in der Schweiz voraussichtlich an Bedeutung gewinnen. Solche Lösungen gestalten die Prozesse wesentlich kundenfreundlicher. Sie werden aufgrund der Verbreitung und ihrer hohen Flexibilität auch in Zukunft Bestand haben.
Das mobile Bezahlen ist mittlerweile in der breiten Bevölkerung angekommen und wird wahrscheinlich noch viel wichtiger werden
Welches Stück vom Kuchen wird sich Sumup in Zukunft abschneiden können?
Sumup wird die Bezahlverfahren stetig den Kundenbedürfnissen anpassen. Als FinTech-Unternehmen beobachten wir alle technologischen Entwicklungen und implementieren die vielversprechendsten und zukunftsweisendsten Trends in unsere Produkte. Während der Pandemie konnten wir schnell reagieren und einige neue Lösungen zum Vorteil unserer Kunden implementieren. Ich bin stolz darauf, dass wir als schnell wachsendes Unternehmen immer noch über diese Agilität und Innovationskraft verfügen.
Unsere finale Frage: Was wollten Sie immer schon von einem Journalisten gefragt werden – und keiner ist bisher mit der Wunschfrage rausgerückt?
“Was wollten Sie immer schon von einem Journalisten gefragt werden?”. – Nein, ich scherze selbstverständlich, aber es ist eine sehr gute Frage. Ich glaube als eine gute Frage ist zu verstehen, worauf ein Geschäftsführer am Ende des Tages am stolzesten ist. Oder wenn man am 31. Dezember eines gegebenen Jahres Feierabend macht und Bilanz zieht, was einen das ganze Jahr am meisten getrieben und am meisten erfüllt hat.
Sie haben mich restlos überzeugt, Ihre ultimative Antwort zur finalen Frage?
Seitdem ich zum ersten Mal von Sumup gehört habe, hat mich die Vision von Sumup angezogen: Sumup unterstützt Unternehmen dabei, das zu tun, was sie lieben. Und das ist bei uns auch sehr viel mehr als nur ein Spruch oder eine alte Leier. Es ist tatsächlich nach wie vor das, was alle meine Kollegen und mich antreibt. Jeden einzelnen Tag stellen wir uns wiederholt die Frage: “Was können wir noch mehr für unsere Unternehmer tun?”. Besonders habe ich mich darüber gefreut, dass wir als Unternehmen kürzlich den Meilenstein von drei Millionen Händlern weltweit erreichen konnten. Es macht mich besonders stolz Teil dieses Teams zu sein, das dies erreicht hat.