Welche Art von KI-Regulierung gibt sich die Schweiz?

Futuristischer Serverraum

Wo die USA, die EU und China stehen – und was die Schweiz vorhat. Ebenso wichtig wie Regulierung: KI-Kompetenz, Aufbau Rechenleistung und Investitionen.

Die Regulierung und der von Staaten geschaffene Rahmen zur Künstlichen Intelligenz wird (mit) darüber entscheiden, welche Länder in Entwicklung und KI-Innovation die ersten Geigen spielen. Und auch darüber, welche Länder keinen Platz im Orcherstergraben finden werden.

Eine intelligente Regulierung schafft Vertrauen, indem sie Risiken benennt und kanalisiert, ohne den Raum für Innovation zu stark einzuschränken. Eine anspruchsvolle Aufgabe, zumal KI-Entwicklungen von morgen und deren mögliche Auswirkungen bereits heute vorausgedacht werden müssen.

KI-Regulierung in der EU, in den USA und in China

Die Europäische Union hat mit ihrem EU-Gesetz zur Künstlichen Intelligenz (AI Act) im August 2024 ein umfassendes Regelwerk in Kraft gesetzt, das für alle EU-Mitgliedsstaaten gilt. 

Befürworter des AI Acts glauben, die Regulierung schaffe Rechtssicherheit und könne gerade deshalb Innovation in der EU unterstützen

Kritiker der umfangreichen und stark risikobasierten Regulierung befürchten, dass die Europäische Union durch diese Regulierung den Anschluss verliert, im Wettlauf mit den USA und China. 

Nach einer Umfrage von Deloitte sieht mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen ihre Innovationsmöglichkeiten im Bereich KI durch die Regulierung eingeschränkt – weniger als ein Fünftel denkt, dass sich der AI Act positiv auf die Innovationsmöglichkeiten auswirken wird.

Die USA fahren einen anderen, stark marktorientierten Kurs und fördern Innovation mit minimaler Regulierung oder sogar Deregulierung.

China setzt darauf, staatlich kontrollierte KI-Enwicklung und nationale Sicherheit im Gleichgewicht zu halten.  

Wer investiert wie viel Geld in Künstliche Intelligenz?

USA: Neben Deregulierung wollen die USA mit einem 500 Milliarden-Versprechen ihre bestehende Vormachtsstellung weiter ausbauen. US-Präsident Donald Trump hat grosse IT-Konzerne um sich geschart, die in Kooperation 500 Milliarden US-Dollar in die Infrastrukturt für Künstliche Intelligenz investieren wollen.  

Europäische Union: Die EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen will mit mit einer Milliarden-Initiative Europa zu einem KI-Kontinent machen. Mit der Initiative InvestAI sollen 200 Milliarden Euro für Investitionen in KI mobilisiert werden, einschliesslich eines neuen europäischen Fonds in Höhe von 20 Milliarden Euro für KI-Gigafabriken in Europa. Diese Gigafabriken mit rund 100'000 KI-Chips der neusten Generation sollen jedem Unternehmen, nicht nur den grössen Akteuren, Zugang zu grosser Rechenleistung verschaffen, um die Zukunft zu gestalten.

China: Das erklärte Ziel von China ist, bis 2030 führend im Bereich der Künstlichen Intelligenz zu werden. Mir welchen Investitionen dieses Ziel verbunden wird, ist nicht im Detail bekannt. Dass Erfolge nicht unbedingt Unsummen verschlingen müssen, hat das chinesische Startup Deepseek mit seinem KI-Modell R1 eindrücklich demonstriert. Das Unternehmen hat Börsen und Tech-Unternehmern beben lassen.

Welchen Weg geht die Schweiz?

Gestern sind entsprechende Weichen gestellt worden. Der Bundesrat hat im November 2023 das UVEK und das EDA beautragt, im Rahmen einer Auslegeordnung mögliche Regulierungsansätze zu prüfen. Aufgrund dieser Ansätze in Varianten hat sich der Bundesrat für einen liberalen Weg entschieden.

Der Bundesrat will KI so regulieren, dass ihr Potenzial für den Wirtschafts- und Innovationsstandort Schweiz nutzbar gemacht wird. Gleichzeitig sollen Risiken für die Gesellschaft möglichst klein bleiben. Der Bundesrat hat entschieden, sich an folgenden Eckwerten zu orientieren: 

  • Die KI-Konvention des Europarats wird ins Schweizer Recht übernommen. In ihren Geltungsbereich fallen in erster Linie staatliche Akteure.
  • Wo Gesetzesanpassungen nötig sind, sollen diese möglichst sektorbezogen ausfallen. Eine allgemeine, sektorübergreifende Regulierung beschränkt sich auf zentrale, grundrechtsrelevante Bereiche, wie beispielsweise den Datenschutz.
  • Neben der Gesetzgebung werden auch rechtlich nicht verbindliche Massnahmen zur Umsetzung der Konvention erarbeitet. Zu diesen Massnahmen können Selbstdeklarations-Vereinbarungen oder Branchenlösungen gehören. 

Die Regulierung im Bereich KI soll sich im Wesentlichen an drei Zielen orientieren: Die Stärkung des Innovationsstandorts Schweiz, die Wahrung des Grundrechtsschutzes inklusive der Wirtschaftsfreiheit sowie die Stärkung des Vertrauens der Bevölkerung in KI.  

Aufgrund der Vorgaben des Bundesrates wird das EJPD mit dem UVEK und dem EDA bis Ende 2026 eine Vernehmlassungsvorlage erarbeiten.

Alle Details zur Auslegeordnung und den einzelnen Analysen gibt's hier.

Regulierung, Bildung, KI-Kompetenz und Investitionen

Mit einer offenen, liberalen, innovationsfördernden und technologieneutralen Regulierung schlägt die Schweiz Pflöcke für ein intelligentes Regelwerk ein.

Die Zeit bis zur Vernehmlassung Ende 2026 sollte genutzt werden, um die notwendigen Ressourcen über die Regulierung hinaus zu planen. Dazu gehören Forschung und KI-Kompetenz über Bildung. Ebenso die Schaffung der Kapazitäten und KI-Fabriken – Beispiel InvestAI der EU – über Investitionen. 

Sinnvoll ist, wenn der Bund hier eine führende Rolle übernimmt, um Pläne und Vorgehen zu koordinieren. Und auch, um Forschung, Bildung, Investoren, Unternehmen und andere involvierte Parteien an einen Tisch zu bringen. 

Die USA, die EU und China sind mit Vorsprung am Ball. Die Schweiz hat alle Chancen, mit den richtigen Massnahmen aufzuholen und sich im Bereich KI im Herzen Europas als Kompetenzzentrum zu etablieren.