Die Fusion von Neo-Bank Radicant und Numarics ist vollzogen

Hände fügen zwei Puzzlesteine zusammen, als Symbol für eine Fusion

Den medialen Unkenrufen zum Trotz, Radicant und Numarics ziehen genau das durch, was sie angekündigt haben: Fusionieren.

Die Mitte Oktober angekündigte Fusion der Neo-Bank Radicant mit dem FinTech Numarics ist Tatsache. Am 30. Dezember 2024 haben die Aktionäre beider Firmen den Zusammenschluss bestätigt und vollzogen. Im Zuge der jetzt durchgeführten Fusion hat Numarics auch ein neues Firmenschild bekommen, das FinTech hört nun auf den Namen Radicant Business AG.

CEO der neuen Radicant Holding AG wird der bisherige Radicant-CEO Anton Stadelmann. Numarics-Mitgründer Kristian Kabashi soll als COO agieren. Als Verwaltungsratspräsident der neuen Holding ist Marco Primavesi eingesetzt, derzeit Verwaltungsratspräsident von Radicant und Mitglied des Bankrats der Basellandschaftlichen Kantonalbank (BLKB). Der sechsköpfige Verwaltungsrat soll sich zu gleichen Teilen aus Vertretern von Radicant und Numarics zusammensetzen.

Die Radicant Bank wird weiterhin in Zürich operieren, die Radicant Holding ist im Heimatkanton der BLKB domiziliert, in Liestal.

Mehrheitseigentümerin der neuen Radicant ist die BLKB. Die bisher in die Numarics investierten Venture-Capital-Firmen Founderful, FiveT, Seed X, Davidson Capital und die UBS sind durch diese Fusion auch an der neuen Radicant Holding AG beteiligt.

Das neu zusammengesetzte Aktionariat entlastet die BLKB, welche sehr viel Kapital – in der Nähe von 100 Millionen Franken – in die "alte" Radicant investiert hat. Bei der neuen Radicant sind nun weitere Investoren und Aktionäre mit an Bord, welche mittragen helfen.

Was versprechen sich die Macher von der Fusion?

Die neue Radicant vereint das digitale Banking-, Investment- und Vorsorgeangebot der Radicant Bank mit der preisgekrönten Administrations- und Treuhandlösung der Radicant Business, ex Numarics. Dadurch soll ein integriertes Ökosystem geschaffen werden, das sowohl KMU als auch Privatkunden in Finanzfragen umfassend unterstützt und administrative Prozesse deutlich vereinfacht. Erste Smart-Banking-Produkte für private und KMU-Kunden sind im Verlauf des Jahres zu erwarten. 

«Mit dem erfolgreichen Closing erreichen wir einen entscheidenden Meilenstein und fokussieren uns nun auf die Integration der Produkte. Die Radicant-App wird mit den KI- und Automatisierungs-Fähigkeiten von Numarics ergänzt, die Numarics-App mit dem digitalen Bankkonto», sagt Anton Stadelmann, CEO der neuen Radicant: «Unsere Kunden werden von einem einzigartigen, vollständig integrierten Ökosystem an Dienstleistungen profitieren können, welches den Aufwand für administrative und finanzielle Belange für KMU aber auch Privatpersonen auf ein Minimum reduzieren wird. Wir wollen für unsere Kundinnen und Kunden Zeit und Räume schaffen, um sich auf die wichtigen Sachen konzentrieren zu können.»

COO Kristian Kabashi legt nach und schraubt die Zielmarke noch etwas höher: 

Es geht darum, mehr als nur Banking zu bieten – wir gestalten die Zukunft der smarten Geschäftswelt

Was ist an den Gerüchten dran, dass Radicant verkauft werden soll?

Die Finanzplattform Finews hat kürzlich ein Gerücht kolportiert, nach dem eine Schweizer Investorengruppe die Neo-Bank übernehmen wolle. Das Gerücht macht tatsächlich die Runde, viel Wahrheits-Fleisch dürfte jedoch nicht am Gerüchte-Knochen sein.

Es wäre zumindest erstaunlich, wenn die Mutter BLKB die möglichen Früchte ihrer hohen Investitionen in ihre Neo-Banken-Tochter nicht selbst ernten wollte. Zudem: Wäre ein Verkauf geplant, hätte man sich den Umweg über eine Fusion mit anspruchsvollen Zielen für die Zukunft sparen können.

Und: BLKB ist nicht mehr die Alleinbesitzerin von Radicant, andere Aktionäre reden jetzt mit.

Gegenwind aus dem politischen Lager

Die Wurzel des Gerüchts ist möglicherweise im politischen Lager zu orten. Es droht neues Ungemach, einmal mehr ­von politischer Seite. Der umtriebige Landrat und Kantonsparlamentarier Peter Riebli hat als Präsident eines überparteilichen Komitees eine Volksinitiative gestartet, welche unter anderem den FinTech- und Neo-Banken-Aktivitäten der BLKB einen Riegel schieben will.

Die BLKB-Tochter Radicant soll per Volksabstimmung ins Aus geschossen werden und nur noch mit gebührendem Abstand zum Mutterhaus – ohne BLKB-Anbindung – existieren dürfen. Das wäre nur durch einen Verkauf der Tochter zu bewerkstelligen. Sollte das Vorhaben gelingen, wäre die Schweiz Zeuge einer exklusiven Premiere, in der eine Neo-Bank per Volksabstimmung aus den geweihten Hallen einer Staatsbank bugsiert wird.

Dass die BLKB der Volksinitiative zuvorkommen und sich mit einem hektischen Verkauf ihrer Neo-Banken-Tochter schlank aus dem politischen Schussfeld ziehen willl, ist aus genannten Gründen wenig wahrscheinlich. Und auch ein weiteres Argumente spricht gegen einen übereilten Ausverkauf mit hohem Verlust.

Die Unterschriftensammlung für das Volksbegehren ist am Laufen. Sollten genügend Unterschriften zusammenkommen, macht die aktuelle Fusion dem erbitterten Neo-Banken-Gegner Riebli möglicherweise einen Strich durch die Rechnung. War die BLKB vor der Fusion Alleinbesitzerin von Radicant, ist sie nach der Fusion als Mehrheitsaktionärin "nur" noch an der Neo-Bank beteiligt.

Eine Kantonalbank zu zwingen, eine von der Politik ungeliebte und noch nie verstandene FinTech-Tochter zu verkaufen, könnte vielleicht klappen. Es dürfte jedoch etwas schwieriger werden, per Volksabstimmung einer Bank diktieren zu wollen, welche Beteiligungen sie als Investorin halten darf und welche nicht.

Die Politik und das Banking der Zukunft

Die Gesetzesinitiative "BLKB – die Bank fürs Baselbiet" geht allerdings noch weiter und will die BLKB von der Universalbank zur Regionalbank mit beschränktem Radius zurückstufen. Zudem sollen die Löhne der Geschäftsleitung gedeckelt werden und die Politik beansprucht deutlich mehr Macht und Befugnisse im Umfeld der BLKB. Der am 18. November 2024 von der Landeskanzlei des Kantons Basel-Landschaft genehmigte Text der Initiative ist hier online einsehbar.

Landrat Peter Riebli war das FinTech- und Neo-Banken-Engagement der BLKB seit jeher ein Dorn im Auge, insbesondere aufgrund der hohen Investitionen. Er ist denn auch im Parlament des Kantons Basel-Landschaft schon mehrfach mit Vorstössen und Postulaten gegen Radicant angetreten, hier nachzulesen.

Rieblis Bedenken sind als grundsätzlich aufgeworfene Fragen, inwieweit sich eine Kantonalbank in den Bereichen FinTech und Neo-Banking engagieren soll, durchaus nachvollziehbar. Möglicherweise prallen bei diesen Themen jedoch völlig gegensätzliche Denkmuster aufeinander, die niemals zusammenfinden werden. Diese hängen mit unterschiedlichen Haltungen und Betrachtungen zu grundsätzlichen Überlegungen zusammen. Zum Beispiel zu den Fragen, was eine Bank vor dreissig Jahren war, was sie heute ist und welche Ausrichtung diese Bank in dreissig Jahren haben soll und haben kann. Vergangenheit und Gegenwart sind sichtbar, die Zukunft ist erst in Arbeit. Und was eine Bank heute tut oder lässt, wird ihre Zukunft mitbestimmen.

Deshalb wird heute  im Kanton Baselland – wie auch in anderen Regionen – darüber gestritten, welche Schritte, Massnahmen, Laboratorien und Teststrecken sinnvoll und notwendig sind, um diese Zukunft erfolgreich zu gestalten. Auch wenn Ansätze heute schon erkennbar sind, die finalen Antworten erhalten wir erst in dreissig Jahren. In Form von florierenden Banken, die den Anschluss an die Zukunft geschafft haben. Welche Banken das sein werden und mit welchen Massnahmen der ausgedehnte Turnaround zu bewerkstelligen war, darf dann mit einem Blick in die Vergangenheit ebenso engagiert gewürdigt und diskutiert werden.