An den fundamentalen Daten der Leitwährung Bitcoin hat sich in den letzten Wochen und Monaten wenig geändert. Zahlreiche Exponenten geben dem Bitcoin langfristig eine gute Prognose. Mit Betonung auf langfristig – und immer vorausgesetzt, an der regulatorischen oder gesellschaftlichen Front türmen sich keine Hindernisse auf, die heute noch niemand auf derm Radar hat.
Volatile Assets ohne Volatilität schaffen Nervosität
Der Bitcoin hatte in seiner Geschichte immer wieder Dümpel-Phasen mit wenig Bewegung. Das wissen langfristig orientierte Anleger, die bereits seit einiger Zeit in Kryptowährungen investiert sind. Das Heer der neuen Anlegerinnen und Anleger, die erst seit Ende 2020 mit im Boot sind, wissen das grösstenteils nicht. Immerhin ist der Sprung von 20'000 auf nahezu 65'000 Dollar in nur gerade fünf Monaten über die Bühne gegangen – der Absturz zurück auf 30'000 Dollar dann in wenigen Wochen. Danach war insofern Ruhe, als der Bitcoin sich längere Zeit in einem engen Band zwischen 30'000 und 32'000 Dollar bewegt hat.
So viel Ruhe und überschaubare Volatilität stecken hartgesottene Hodler locker weg, Newbies nicht. Zumal Nachrichten wie "Die Ruhe vor dem Sturm" wenig zur Beruhigung beitragen, wenn nicht klar ist, in welche Richtung der Sturm gehen könnte. Und das ist beim Bitcoin naturgemäss nie wirklich klar. Weitere Schlagzeilen wie "Pessimissmus macht sich breit" oder "Die Angst geht um" und ähnliche Ausprägungen von unerfreulichen News vermochten auch nicht wirklich zu helfen.
Was den Bitcoin stützt
Das in den letzten Jahren gewachsene Vertrauen, das erhöhte Wissen um das Phänomen Bitcoin und Kryptowährungen sowie die stark gewachsene Zahl von privaten und institutionellen Investoren, welche langfristig (!) orientiert anlegen, stützen den Bitcoin und andere Kryptowährungen. Aus dieser inzwischen grossen Fraktion bleiben Panikverkäufe aus, wenn der Bitcoin fällt. Zukäufe helfen gerade in diesen Phasen ebenfalls mit, die Kryptowährung zu stützen. Aus diesen und weiteren Gründen steht der Bitcoin heute auf deutlich solideren Beinen als noch vor einigen Jahren. Wobei das Wort *solide" nicht wirklich ins Bild passt, das Gesamtbild ist weiterhin in Arbeit.
Was dem Bitcoin nützt
Gute Nachrichten helfen sicher mit, dass der Bitcoin selbst gute Nachrichten produzieren kann. Die Nachrichtenlage war jedoch in den letzten Wochen dünn – die News zum Thema waren zwischen Hoffnung und Pessimismus angesiedelt, wirkliche oder neue Fakten gab es keine.
Das Vakuum ist erst vor wenigen Tagen durch ein britisches Medium durchbrochen worden. Mit Bezug auf einen informierten Insider wurde das Gerücht in die Welt gesetzt, dass Amazon nun Bitcoin ins Programm der akzeptierten Zahlungsmittel aufnehmen würde. Die Nachricht wurde von zahlreichen Medien kolportiert und dadurch vom Gerücht zum Beinahe-Fakt erhoben. Die Anlegergemeinde hat die "kleine Sensation" dankbar aufgenommen, der Bitcoin durfte sein enges Kursband verlassen und hat sich praktisch über Nacht an die Marke von 40'000 Dollar herangetastet. Im Sog des Leitcoins haben praktisch alle relevanten Altcoins ebenfalls massiv zugelegt.
Aktuell hat Amazon die Spekulationen durch Fakten ersetzt, das Gerücht dementiert und festgehalten, dass es momentan keine konkreten Pläne geben würde, digitale Assets für Zahlungen einzubinden. Was nicht ist, kann noch werden, keine Frage, jetzt und heute aber noch nicht. Die ernüchternde Nachricht hat den Wind der Kursentwicklung erstmal wieder drehen lassen, einzig verlangsamt noch durch den Ehrgeiz einiger Medien, das Dementi von Amazon zu dementieren. Wo sich der Bitcoin in den nächsten Tagen eipendeln wird, bleibt abzuwarten.
Immerhin ist wieder etwas gewohnte Volatilität im Spiel und die Entwicklung der letzten Tage ist ein Beleg dafür, dass gute Nachrichten den Bitcoin ebenfalls gute News produzieren lassen – umgekehrt allerdings genau so.
Was den Bitcoin zum Absturz bringen könnte
Neben noch nicht vorhersehbaren Entwicklungen, gewinnt ein Aspekt zunehmend an gefährlicher Brisanz. Nach einem Bericht von Bloomberg sollen Führungskräfte von Tether im Zentrum einer strafrechtlichen Untersuchung des US-Justizministeriums im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Bankenbetrugs stehen.
Bloomberg bezieht sich auf mehrere (ungenannte) Informanten, die mit der Angelegenheit vertraut sein sollen. Demnach soll den Verantwortlichen von Tether vorgeworfen werden, Kryptogeschäfte in grossem Umfang vor Banken verschleiert zu haben. Tether dementiert diese Nachricht scharf und wirft Bloomberg vor, keine News zu bringen, sondern mit alten und verdrehten Fakten Aufmerksamkeit und Klicks generieren zu wollen.
Diese aktuelle Nachricht von Bloomberg steht in einer langen Reihe von Vermutungen, Gerüchten und Anschuldigungen, die gegen Tether seit längerem schon erhoben werden – und nie verstummt sind. Im Kern geht's bei diesen Vorwürfen darum, inwieweit der Stable Coin USDT tatsächlich mit US-Dollar hinterlegt ist und ob Tether mehr USDT ausgibt als US-Dollar eingenommen werden. Das nicht regulierte Unternehmen darf seit einer Auseinandersetzung mit dem Staat New York wegen des Vorwurfs der Unterdeckung nicht mehr behaupten, der Stable Coin Tether (USDT) wäre vollständig durch Dollar gedeckt.
Das Unternehmen pocht auf Transparenz, bleibt jedoch in seinen Angaben vage, lässt sich nicht offiziell in die Karten schauen und nicht von einer der grossen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kontrollieren. Ob zwei Kuchengrafiken es schaffen, publiziert im März 2021, Vertrauen in die hinterlegte Deckung von 61 Milliarden Tether zu schaffen, darf bezweifelt werden.