Wie tickt und funktioniert die Finanzbranche in zehn Jahren? Sechs Schreiberinnen und Autoren fokussieren auf 2030 und berichten aus der Zukunft.
Die Arbeitsgruppe "Future Finance" von Swiss FinTech Innovations (SFTI) hat umfangreiche Recherchen und Analysen durchgeführt und zeichnet im Diskussionspapier "Future of Financial Institutions – View 2030" ein klares Bild der treibenden Kräfte und Elemente des Wandels. Dieses Diskussionspapier soll den Gedankenaustausch über die Zukunft des Finanzwesens unterstützen sowie dazu motivieren, Zukunft, Struktur und Basis der Finanzindustrie gemeinsam zu gestalten.
Acht Schlüsselthemen (Keythemes) aufgeteilt in vier Bereiche erachtet SFTI als prägend für die Zukunft der Finanzindustrie:
- People (Increased Importance of Trustworthiness / Changing Behavior)
- Immediate Environment (The Empowered Digital Customer / Ubiquity of Digital User Interface)
- Broader Environment (Explosion in Digital Assets / Explosion in Private Digital Data)
- Business Landscape (Changing Business Models / Changing Business Ecosystems)
Die Geschäftsleitungsmitglieder von SFTI stellen diese acht Schlüsselthemen in Zusammenarbeit mit MoneyToday.ch in sechs Kurzgeschichten vor. Heute die Betrachtungen von Natascha Tummeley.
Das Jahr 2030 ist gar nicht so weit weg. Sehr vieles wird sicher immer noch so sein, wie wir es heute kennen. Schaut man sich jedoch an, wie weit weg sich 2010 anfühlt und was sich seither alles verändert hat, alleine in der Technologie, in unserer täglichen Verwendung und Abhängigkeit davon, dann können wir ungefähr abschätzen, dass diese Entwicklung in den kommenden zehn Jahren noch schneller vonstattengehen wird.
Seit Jahren sagen uns Digitalisierungsexperten, dass wir in die Infrastruktur und in die Digitalisierung investieren müssen. Obwohl wir die Technologie und das Wissen im Grunde haben, sind wir heute, in Zeiten einer Pandemie, nicht wirklich darauf vorbereitet, wo wir Massen ins Home Office schicken und Home Delivery sowie Contactless Payment mehr denn je brauchen und nutzen.
Wenn Menschen in zehn Jahren in allen möglichen Konstellationen zusammenwohnen, andere Arbeitsstrukturen etabliert sind und man davon ausgeht, dass mehr Mobilität global als auch technologisch neu gelebt wird und die Shared Economy sich vermehrt auch auf dem Immobilienmarkt durchsetzt, dann können wir schon erahnen, dass es dazu auch andere Arten der Finanzierung und Absicherung brauchen wird. Je mehr wir digitale Tools und Produkte nutzen, ob Soziale Medien, Kollaborationstools, Smart Homes, Mobile Banking oder digitale Versicherungsapps, desto mehr sind wir davon abhängig, den Betreibern zu vertrauen, dass unsere Daten sicher sind.
Es ist zu beobachten, dass Menschen sich von diesen Dienstleistungen – wenn sie nicht essentiell sind – zurückziehen, sobald in der Presse von Datenleaks oder gar verkauften Daten die Rede ist. Wollen wir unsere Kunden also langfristig halten und damit auch die Nutzung unserer Dienstleistung sichern, dann müssen wir dieses Vertrauen ausbauen und die Werte unserer Kunden in unsere Produkt- und Dienstleistungslösungen integrieren. Wenn digitale Dienstleistungen, Services und Tools das Leben einfacher machen, ist der Mensch ganz allgemein auch willens, diese zu nutzen, wenn es ihm sicher erscheint.
Die Welt ist im ständigen Wandel – momentan können wir dabei in der ersten Reihe zusehen. Unsere Glaubensansätze, unsere Werte, Normen und Handlungsweisen sind das auch und sie passen sich jeweils dem Wandel der Zeit an. Durch eine starke Globalisierung haben sich nicht nur die Märkte verändert und vernetzt, auch Menschen kommen mit immer mehr Diversität in Kontakt und verändern dabei ihre Sicht auf die Welt.
Gesellschaften, Lebensformen und damit auch die Möglichkeiten der Selbstverwirklichung werden immer liberaler – auch wenn es dazu eine Gegenbewegung gibt, ist die Liberalisierung der menschlichen Werte und Normen nicht aufzuhalten. Dieser sehr menschliche Faktor hat grossen Einfluss auf unsere Wirtschaft und die Bedürfnisse, die wir an sie haben.
Der Kunde der Zukunft wird verstärkt Einfluss nehmen auf die Produkte, die Sicherung seiner Daten und die Verknüpfungen von Dienstleistern, um das zu bekommen, was zu seinem Lebensstil und seinen Anforderungen passt. Wenn er dies nicht bekommt, wird er wahrscheinlich den Anbieter, die Versicherung, die Bank mehrfach wechseln, bis er genau das, was er will, von irgendeinem anderen bekommt. Wer das verstanden hat, kann die eigenen Dienstleistungen jetzt schon umgestalten, damit man die Kunden behält und mit ihnen den Weg des ständigen Wandels gemeinsam bestreiten kann.