Libra Association

Reaktionen auf die geplante Krypto-Weltwährung Libra

Menschen mit bunten Sprechblasen
Bild: Delmaine Donson | Getty Images

Nachdem sich der erste Pulverdampf verzogen hat, eine Zusammenstellung von Reaktionen aus verschiedenen Ecken.

Über das Libra-Projekt, die Trägerschaft, die ehrgeizigen Ziele und mögliche Auswirkungen haben wir ausführlich berichtet.

Nicht überraschend, dass die Ankündigung der Libra Association, eine digitale Weltwährung zu kreieren, ein gewaltiges Echo ausgelöst hat. In sämtlichen Temperaturen. Eine kleine Auswahl von Meinungen und Statements.

Was Journalisten und Brancheninsider sagen

Neue Zürcher Zeitung
Die NZZ erkennt Potenzial im Libra-Projekt und Risiken im passiven Verhalten der Finanzbranche. "Schweizer Banken sehen in Libra nur eine weitere Kryptowährung", titelt Wirtschaftsredaktor Ermes Gallarotti in der NZZ, und fährt weiter: "Obwohl die am Dienstag von Facebook präsentierte «Weltwährung» den Banken im Zahlungsverkehr das Wasser abgraben könnte, zeigen sich diese unbeeindruckt. Das könnte sich rächen."

Christina Kehl, Geschäftsführerin Swiss Finance Startups
Im Gespräch mit SRF sieht Christina Kehl Stolpersteine in der Glaubwürdigkeit von Facebook, benennt jedoch auf der anderen Seite einen Riesenvorteil, den kein anderer Anbieter mit seiner Kryptowährung hat: «Ich glaube, dass die steigenden Nutzerzahlen bei Facebook immer noch dafür sprechen, dass man einfach ein Viertel der Weltbevölkerung über diese Plattform erreichen kann».

Watson
"Ob Libra oder Bitcoin: Eine Weltwährung bleibt eine Illusion", ist Wirtschaftsjournalist Philipp Löpfe in Watson überzeugt. Er erklärt ausführlich, weshalb "eine Art Bitcoin für uns Normalos" aus seiner Sicht nicht funktionieren kann, spricht Mark Zuckerberg jegliche Zauberkräfte ab und benennt einen der Gründe für die vermutete Mission impossible: "Das Problem dabei: Geld ist national – und wird es auch bleiben".

Finews
"Facebook-Weltwährung: Geht's noch?", schimpft Chefredaktor Peter Hody in der Branchenplattform Finews, ärgert sich ausführlich über Mark Zuckerberg und auch darüber, dass "der Internet-Gigant Facebook einmal mehr die Welt verbessern will: Diesmal mit einer globalen Kryptowährung" und hofft inständig, "dass die Regulatoren das Projekt begraben werden".

Richard Olsen, Gründer und CEO von Lykke
Ganz anders sieht das Richard Olsen im Interview in 20 Minuten, er ist davon überzeugt, «das neue Geld von Facebook ist erst der Anfang», zumal Olsen daran arbeitet, dass über Token jeder sein eigenes Geld herausgeben können soll. «Das Facebook-Geld Libra ist wie ein Riss im Damm der Finanzindustrie», sagt Richard Olsen und wird konkret: «Bislang hat die Blockchain-Technologie bei ihr noch nichts verändert. Nun aber kommt Facebook und bringt Schwung in die Sache. Denn wir haben längst die Technologie für ein neues Geldsystem ohne Banken.»

Lex Sokolin, Global Co-Head of FinTech bei Consensys Consulting
Ebenfalls gute Chancen räumt Lex Sokolin dem Libra-Projekt ein und meint: «Facebook ist tausendmal grösser, kann auf ein massives Engagement bauen und hat die grössten von Risikokapital unterstützten Startups hinter sich, um gemeinsam ein globales unpolitisches Kryptogeld zu schaffen».

Und was meint die Politik?

Maxine Waters, die Vorsitzende des Finanzausschusses im US-Repräsentantenhaus, fordert einen temporären Stopp des Projekts, bis sich die Behörden dazu geäussert hätten, und meint: «Wir können es nicht zulassen, dass Facebook von einem Schweizer Bankkonto aus eine riskante neue Kryptowährung ohne Überwachung betreibt».

Der französische Finanzminister Bruno Le Maire will Technologiegiganten an die Leine legen und sagt im Gespräch mit Radio Europe 1: «Dieses Geldmittel wird es Facebook ermöglichen, Abermillionen Daten zu sammeln, was meine Überzeugung bestärkt, dass es notwendig ist, die digitalen Giganten zu regulieren».

Späte Einsicht in Deutschland, formuliert vom grünen Bundestagsabgeordneten Danyal Bayaz, der erklärt, dass "der Vorstoss von Facebook den Handlungsdruck für Zentralbanken und Finanzaufsichtsbehörden erhöhen würde, sich ernsthaft und umfassend mit digitalen Währungen zu beschäftigen".

Als Stimme aus Grossbritannien meldet sich Mark Carney, Gouverneur der Bank of England. Er hält fest, dass die Zentralbank Libra mit «einem offenen Geist», aber «nicht einer offenen Tür» begegnen werde.

Alles Facebook oder was?

Die meisten Meinungen und Statements, auch hier nicht zitierte, gehen weiterhin von einem Facebook-Projekt und von einer Facebook-Währung aus. Das ist nachvollziehbar, weil Mark Zuckerberg mit Facebook das Projekt initiiert hat.

Selbstgewählter Fakt ist jedoch: Facebook hat innerhalb der Libra Association nur gerade 1 Stimme oder 1 Prozent Stimmenanteil – genau so, wie die übrigen 27 Mitglieder des Konsortiums. Selbstgewählt deshalb, weil Zuckerberg weiss, Facebook hätte im Alleingang aufgrund der Datenschutz-Skandale geringe Chancen, dieses Projekt erfolgreich zu starten.

Facebook ist mit der Tochtergesellschaft Calibra Teil des Projekts, so wie Mastercard, Visa, PayPal, Uber und alle anderen Teilnehmer mit ihren Gesellschaften im Boot der Libra Association sitzen. Bis zum geplanten Start des Projekts, im ersten Halbjahr 2020, sollen die 28 Gründungsmitglieder auf die anvisierte Zahl von 100 angewachsen sein. 

Die Libra Association ist für die Steuerung des Projekts verantwortlich und im Rat ist eine Zwei-Drittels-Mehrheit erforderlich, um Entscheidungen fällen zu können. Mark Zuckerberg und Facebook mögen's erfunden haben, die dominierende Rolle werden sie nicht spielen können, das werden 99 andere Mitglieder mit 99 Prozent Stimmenanteil zu verhindern wissen.

Ist wegregulieren eine denkbare Option oder nur Hoffnung?

Zahlreiche Banken, Regulierungsbehörden, Finanzmanager und Branchenexperten sind dabei, die aktuellen Ereignisse zu analysieren und auf mögliche Auswirkungen zu prüfen.

Was dabei praktisch immer zu hören ist: das Stichwort Regulierung. Hier sind auch Unsicherheiten in Bezug auf Zuständigkeiten festzustellen, also wer hier wo und wie regulieren soll. Je nach Lager ist auch die teilweise vehemente Hoffnung zu erkennen, die Regulatoren mögen doch um Himmels Willen den Libra, die Libra Association und das ganze Projekt wegregulieren.