Der Start der Challenger-Bank N26 im interessanten Markt Brasilien war in den letzten zwei Jahren immer wieder mal Thema. Zumal Brasilien mit über 211 Millionen Einwohnern eine hohe Smartphone-Dichte hat, jedoch viele Menschen ohne Bankkonto. Ein guter Boden für N26 als Smartphone-Bank. Dazu kommt, dass das grösste FinTech-Unternehmen in Lateinamerika, Nubank, den Markt erfolgreich bearbeitet und auch für einen zweiten Mitstreiter gut vorbereitet hat, wir haben berichtet.
Verschoben oder aufgehoben?
Im April 2020 hatte N26 der Aussage widersprochen, dass die Expansionspläne und damit der Marktstart in Brasilien durch die Corona-Krise infrage gestellt wären. Brasilien wäre weiterhin ein wichtiger Bestandteil in der globalen Expansionsstrategie von N26. Allerdings, so damals Georg Hauer, hätte das FinTech selbst die Strategie für den Markteintritt geändert, aus nachvollziehbaren Gründen. Anstatt mit einer Partnerbank zusammenzuarbeiten, würde N26 derzeit eine eigene SCD-Lizenz (eine Sonderlizenz für FinTechs) beantragen. Hauer im Frühling 2020 zum Thema:
«Wir planen zur Zeit mit einem Marktstart nächstes Jahr. COVID-19 hat unsere Brasilien-Strategie nicht verändert. Anderslautende Aussagen sind nicht korrekt.»
Hat die Corona-Krise nach Aussagen des FinTechs die Brasilien-Pläne nicht tangiert, könnte jetzt die von N26 neu verfolgte Europa-Strategie im Wege stehen.
Die Lizenz ist da – und jetzt?
Unsere Kollegen von Finance FWD lesen brasilianische Finanzzeitungen, deshalb wissen sie: N26 hat die beantragte SCD-Lizenz Ende Dezember 2020 erhalten. Offfenbar überraschend. Einzelheiten zum Marktstart in Brasilien sollen deshalb erst gegen Ende des ersten Quartals 2021 bekanntgegeben werden.
Die Brasilien-Pläne könnten allerdings mit der neuen Strategie kollidieren, die das FinTech seit Kurzem verfolgt. So hat N26-CEO Valentin Stalf Mitte Dezember 2020 gegenüber der Wirtschaftswoche zu Protokoll gegeben:
Wir haben heute eine ganz klare Strategie, wir konzentrieren uns auf unsere Kernmärkt in Europa
Als Kernmärkte bezeichnet Stalf Deutschland, Österreich, Frankreich, Spanien, Italien und auch die USA. Asien und Lateinamerika sind für N26 vorderhand von der Liste gestrichen. Dazu könnte auch der bereits mehrfach angekündigte Start in Brasilien gehören, zumal die Markteintrittskosten extrem hoch liegen und den Spielraum für die definierten Kernmärkte beschränken könnten.
Ob und wie Brasilien noch zur neu formulierten Nicht-Expansions-Strategie passt, wird sich in den nächsten Monaten zeigen.