Dass die Challenger-Bank Revolut Break-Even erreicht hat, wissen wir seit 2018. Eine schwarze Null im Dezember 2017 ist durch ebenso schwarze Zahlen im Januar 2018 bestätigt worden, wir haben berichtet. Danach ist es vorerst bei der Momentaufnahme von zwei Spitzenmonaten geblieben und das FinTech hat sich wieder in die Verlustzone zurückgespielt.
Dass die Challenger-Bank Revolut 2019 noch fette Verluste geschrieben, beim Umsatz und mit Neukunden jedoch ebenso fett zugelegt hat, das wissen wir seit Sommer 2020, wir haben berichtet.
Seither ist viel passiert. Aktuell hat Revolut weltweit über 13 Millionen Kunden, allein in der Schweiz 350'000, betreut inzwischen 500'000 Business-Kunden, rüstet aktuell in Deutschland kräftig auf, um im zweiten Anlauf Widersacher N26 an den Karren zu fahren und die Challenger-Bank fällt auf durch zahlreiche neue Features, die laufend dazuentwickelt und in schneller Folge aufgeschaltet werden.
Und jetzt der zweite Break-Even
Wie CEO Nik Storonsky gegenüber CNBC zu Protokoll gegeben hat, soll Revolut im November 2020 die Gewinnschwelle erreicht haben.
Die Corona-Pandemie hat auch bei Revolut Spuren hinterlassen. Nach Storonsky sind die Erlöse zum Teil um 40 Prozent eingebrochen, weil der stark reduzierte Einsatz der Karten kräftig auf die wichtige Einnahmequelle der Interchange-Gebühren gedrückt hat. Ein Effekt, der auch andere Neo-Banken hart getroffen hat. Die Frage, die sich für alle Neos gestellt hat: Können Umsatzeinbussen auf der einen Seite durch andere Ertragskanäle kompensiert werden? Eine Frage, die Revolut in diesen Tagen ziemlich eindeutig beantwortet.
Aktuell meldet der Revolut-CEO keine blosse Kompensation, sondern vielmehr eine umsatz- und gewinnbezogene Schubumkehr:
Wir liegen jetzt tatsächlich 50 Prozent höher beim Umsatz im Vergleich zu vor Covid – auch die Bruttomargen sind deutlich gestiegen
Im Interview mit CNBC führt Storonsky weiter aus, dass der Schlüssel für die Erholung auch in übergeordneten Massnahmen und Effekten liegen würde. So hätten zum Beispiel die generelle Senkung der Marketingkosten sowie neue Funktionen wie der Handel mit Kryptowährungen positive Auswirkungen gehabt.
Beginnen die zusätzlichen Umsatzkanäle Wirkung zu zeigen?
Revolut gehört bereits seit Monaten zu den aktivsten Challenger-Banken, was Erweiterungen und die Aufschaltung neuer Features betrifft. Im Wochen- und Monatstakt kommen kleinere Komfort-Features und auch grössere neue Funktionen dazu. Storonsky kommentiert denn auch:
Wir haben viele Umsatzkanäle, weil wir ein sehr gut diversifiziertes Zahlungs-Unternehmen sind
Diese Bemerkung ist insofern interessant, als sie einen Fächer öffnet. Challenger- und Neo-Banken haben in der Regel primär zwei Ertragsquellen, die Interchange Fees beim Einsatz der Karten sowie die Erlöse aus den kostenpflichtigen Premium-Konten. Revolut hat hier schon länger weitere Kanäle offen, wie zum Beispiel das Tool für den Aktienhandel oder die Schiene der Kryptowährungen und Edelmetalle. Zahlreiche Hinweise deuten darauf hin, dass weitere Umsatzbringer in Arbeit sind.
Das neuste Feature: Acquiring für Business
Mit dieser Erweiterung schafft das FinTech für Business-Kunden die Möglichkeit, Kartenzahlungen direkt auf ihr Revolut Businesskonto fliessen zu lassen. Mit diesem neuen Feature tritt Revolut gegen etablierte Anbieter wie zum Beispiel Stripe oder Adyen an und sieht sich durch "niedrige Gebühren und besonders wettbewerbsfähige Tarife" im Vorteil – konkret mit 1,3 Prozent Abgabe für Karten von Privatkunden aus dem Europäischen Wirtschaftsraum und dem Vereinigten Königreich sowie von 2,8 Prozent für alle anderen Karten.
Revolut Business ermöglicht Unternehmen, Zahlungen schnell und einfach online abzuwickeln – auch mit dem von Revolut entwickelten Checkout-Plug-In sowie mit personalisierbaren Widgets und Händler-API. Dadurch wird ein direkter Bezahlvorgang ohne Zwischenschaltung eines weiteren Dienstleisters möglich. Zudem können eigene Checkout-Erlebnisse geschaffen und eingerichet werden. Revolut fasst zusammen: So können Unternehmen Zahlungen aus der ganzen Welt erhalten, indem sie einen schnellen und sicheren Zahlungslink mit ihren Kunden teilen – ohne eine Webseite oder eine E-Commerce-Plattform aufbauen zu müssen.
Acquiring steht Business-Kunden in 14 Ländern ab sofort zur Verfügung, weitere Ländern sollen in den kommenden Wochen folgen.
Eine Einordnung
Ob der aktuelle Break-Even die zweite Momentaufnahme bleibt oder zu einem konsolidierten Geschäften mit wachsenden Erträgen führt, wird sich in Zukunft zeigen.
Revolut hat bereits heute ein breites Angebot an zusätzlichen Leistungen und Funktionen, wie zum Beispiel Kryptowährungen und Aktienhandel. Das ist attraktiv für bestimmte Kundensegmente und schafft zusätzliche Erlösquellen. Aktuell forciert das FinTech Funktionen rund um Open Banking, hat kürzliche eine Kooperation mit Amazon bestätigt, will neue Vertriebskanäle aufbauen und sich auch in Versicherungen sowie im Kreditgeschäft verstärkt engagieren – und das sind erst die bisher bekannten oder kommunizierten Bereiche.
Revolut agiert extrem aktiv und aggressiv und bleibt für Überraschungen in verschiedenen Sparten gut. Das FinTech ist hervorragend finanziert, allein 2020 sind zusätzliche 580 Millionen US-Dollar an Investorengeldern geflossen. Das bedeutet: Revolut kann sich den forcierten Ausbau an Produken, Leistungen und Features auch leisten und verfügt weiterhin über einen langem Atem. Sollte sich die veränderte Erlössituation als nachhaltig erweisen, dürfte auch die Bereitschaft der Investoren intakt bleiben, sich für eine Challenger-Bank zu engagieren, die schnelles Wachstum mit steigenden Erträgen kombinieren kann.
In Sachen Erweiterungen und Tempo ist auch in Zukunft einiges zu erwarten. Revolut gehört damit zu den interessantesten Challenger-Banken, die konstant und laufend abliefern. Sollte der kommunizierte Break-Even kein einmaliger Peak und keine Eintagsfliege sein, wird die Mischung aus Expansion, Leistungsausbau und aggressivem Vorwärtsdrängen noch brisanter. So oder so eine gute Idee für Neos und traditionelle Banken, das FinTech auf dem Radar zu behalten.