Viele können die Phrase "Chancen der Corona-Krise" nicht mehr hören. Zumal niemand weiss, wie die Pandemie weiterverläuft. Trotzdem kristallisiert sich ein Aspekt heraus, der die Wirtschaft und unsere Branche stark tangiert. New Work ist keine Fiktion mehr, sondern Realität.
Wie sieht die Arbeitswelt in ein paar Monaten aus?
Klar ist für alle Beteiligten (Arbeitgeber und Arbeitnehmer), dass es enorme Veränderungen geben wird. Wir werden uns von den alten Formen und starren Mechanismen des Büro-Alltags komplett verabschieden. Es gibt in Deutschland eine erste Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT, das im April 2020 im Internet eine Home Office-Umfrage gestartet hat.
Die Ergebnisse sind erstaunlich: 80 Prozent der Befragten – 79 Prozent der Frauen und 85 Prozent der Männer – sind zufrieden im Home Office. Eher schlecht bewertet werden der soziale und professionelle Austausch zwischen den Kollegen und die Unterstützung sowie Verbundenheit im Team.
Was bedeutet das für ein Unternehmen aus der Versicherungsbranche wie OCC Assekuradeur?
Wir wollen künftig für 30 Prozent aller OCC-Mitarbeiter das Home Office-Modell dauerhaft anbieten und Online-Vertriebsformate wie Messen, Webinare und Roadshows mit grossem Tempo ausbauen.
Es ist eine Win-win-Situation für alle Beteiligten. Das Unternehmen spart Büroräume und Reisekosten ein. Allein bei den Reisekosten (Messen, Veranstaltungen, Seminare) gehen wir von einem Rückgang von etwa 60 bis 70 Prozent aus. Die betrieblichen Aufwendungen könnten um einen erheblichen sechsstelligen Betrag pro Jahr gesenkt werden. Die so gewonnenen zusätzlichen finanziellen Ressourcen bieten Spielraum für Investitionen in die digitale Infrastruktur und in die Weiterbildung der Kollegen. Das ist gut angelegtes Geld.
New Work ist keine Fiktion mehr, sondern Realität
Weiterer Vorteil: OCC kann mit diesem modernen Arbeitszeitmodell ein besonders attraktiver Arbeitgeber für Talente und Spezialisten in ganz Deutschland und dem europäischen Ausland werden. Niemand muss mehr nach Lübeck ziehen, um hier für uns zu arbeiten (obwohl die Stadt sehr schön und interessant ist, immerhin hat sie mit Willy Brandt, Thomas Mann und Günter Grass drei Nobelpreisträger hervorgebracht). Niemand muss mehr seinen Freundeskreis aufgeben, seine Kinder für einen Umzug aus ihrer gewohnten Umgebung reissen. Es bleibt mehr Zeit für die Familie, die Zufriedenheit und auch die Produktivität wird steigen.
Stichwort Produktivität
Viele Chefs fragen sich sicherlich, wie man die Produktivität messen soll, wenn man den Angestellten nicht mehr bei der Arbeit sieht. Auch hier müssen wir weg vom antiquierten Denken: Vorgesetzte messen die Leistung noch häufig anhand der Anwesenheit und der Arbeitszeit und nicht am tatsächlichen Ergebnis. In manchen Bereichen sind heute sogar noch Stechuhren in Betrieb.
Es sind veraltete Vorstellungen, wenn der Vorgesetzte meint, seine Arbeitnehmer nur so unter Kontrolle zu haben. Der bekannte deutsche Unternehmer und Startup-Investor Carsten Maschmeyer sagte kürzlich zum Thema Home Office, dass die Leute, die im Büro nicht produktiv seien, es auch zu Hause nicht sind. Da hat er absolut Recht. Ich denke, dass Home Office die Kreativität freisetzt. Wir brauchen Kreativität und Innovation, um im Markt zu bestehen, der sich ständig wandelt.
Stichwort Pendeln
Es gibt Untersuchungen, die zeigen, wie wir Zeit im Alltag mit dem Weg zur Arbeit vergeuden. Pendler stehen durchschnittlich 46 Stunden pro Jahr im Stau, ergab eine kürzlich veröffentlichte Analyse des Verkehrsdatenanbieters Inrix (März 2020). 46 Stunden, das sind fast sechs komplette Arbeits- oder Urlaubstage. Das sind auch 46 Stunden, die für die Familie oder die Freizeit fehlen.
Der volkswirtschaftliche Schaden geht in die Milliarden. Der Schaden für die Umwelt durch schädliche Abgase ist gravierend.
Pendler stehen durchschnittlich 46 Stunden pro Jahr im Stau
Pendler tun das meistens nicht freiwillig. Wir haben in Deutschland das Problem, dass Mieten in den Ballungszentren und grossen Städten stark gestiegen sind. Das bedeutet, dass immer mehr Menschen aufs Land oder in kleine Städte ziehen, wo die Mieten noch erschwinglich für sie sind. Das bedeutet aber auch, dass sie oft weite Wege zur Arbeit in Kauf nehmen müssen. Home Office kann und wird hier die Lösung für mehr Zufriedenheit sein.
Apropos Remote Working
Zur Zeit läuft sehr erfolgreich die erste Online-Messe für Oldtimer und Youngtimer in Deutschland, sie startete am 19. Juni 2020 und geht noch bis zum 11. Juli. Wir sind der Erfinder und Veranstalter der Classics to Click. OCC ist hier Innovationstreiber, eine solche Online-Messe für klassische Fahrzeuge gab es bisher hier noch nicht. Im April hatten wir die ersten Webinare für unsere Makler-Partner gestartet, die sehr gut aufgenommen wurden.
Diese Art von Events zur Kundenbindung werden wir weiter ausbauen, weil auch hier technisch und finanziell ein geringer Aufwand notwendig ist, gleichzeitig aber der Ertrag in den Unternehmenswerten Image, Wissenstransfer und Kompetenz gross ist.
Lassen Sie mich weiterdenken, vielleicht sogar ein bisschen träumen. Wäre ein Unternehmen als Assekuradeur im Markt nicht schlagkräftiger, wenn es nicht nur eine grosse Zentrale, sondern viele kleine Dependancen hätte? Das wären dann die neuen Home Offices unserer Mitarbeiter. Viele kleine OCCs statt einem grossen, zentralen Büro. Alle Offices mit neuester IT miteinander verbunden wie in einem neuronalen Netz. Bei dem alles zusammenläuft und verteilt wird. Hopp-de-Bäse – auf geht‘s!