Über den Verkauf der SIX Payment Services und die strategische Partnerschaft von SIX und der französischen Worldline haben wir gestern ausführlich berichtet.
Mit zum Gesamtpaket der Kooperation gehört, dass sich Worldline mit 20 Prozent an der Schweizer Mobile Payment-Lösung Twint beteiligt.
Die bisherigen Twint-Aktionäre, die sechs grössten Schweizer Banken sowie die SIX selbst, bleiben mit an Bord.
Was bewegt Worldline für Twint?
Die Beteiligung an sich und der überraschend hohe Anteil von 20 Prozent darf als Bekenntnis verstanden werden. Zumal der gestern bekannt gegebene Deal und die neu geschmiedete strategische Partnerschaft im Kartengeschäft auch ohne eine Teilhaberschaft an Twint möglich gewesen wären.
Twint ist eine Schweizer Lösung für die Schweiz und hat bisher keine Ambitionen gezeigt, europäische Märkte zu erobern. Auch das Bezahlen im Ausland ist aktuell mit Twint nicht möglich. Ändert sich das mit der neuen Aktionärin?
SIX und Worldline segeln mit ihrer strategischen Partnerschaft gemeinsam unter der Flagge:
"Der europäische Marktführer im Bereich Zahlungsverkehrs- und Transaktionsdiensleistungen"
Diese europäische Ausrichtung und die vergleichsweise hohe Beteiligung von Worldline ergibt, zählt man 1 und 1 zusammen, für einmal mehr als 2. Wie viel genau im Resultat wird sich zeigen.
Europäische Expansionspläne für Twint?
Konkrete Pläne sind bisher weder von SIX noch von Twint kommuniziert worden. Der Gedanke der Europa-Expansion ist jedoch nicht gerade hochspekulativ – es wäre im Gegenteil sehr erstaunlich, wenn nicht in diese Richtung geplant würde. Anderenfalls wäre die Beteiligung von Worldline an Twint nicht mehr als ein freundschaftlicher Handschlag ohne Auswirkungen – und deshalb als "Seitenwagen" einer grossen Kooperation auch nicht unbedingt plausibel.
Dazu kommt, dass Twint in der Schweiz als Nummer 1, vor Apple Pay und Samsung Pay, einen grossen Vorteil hat, der noch wirkungsvoller ausgespielt werden kann: die direkte Anbindung ans Bankkonto. Einen grossen Nachteil gibt's auch: Twint kann nicht international eingesetzt werden. Mit einer europäischen Ausdehnung erschliessen sich nicht nur riesige zusätzliche Märkte, auch Schweizer Kunden gewinnen, wenn Twint international funktioniert.
Und: Durch die europäische Brille betrachtet, ist Twint in einer guten Position, um die Karte Open Banking wirkungsvoll auszuspielen
Mischen in Europa und auch in der Schweiz bald einmal weitere Player mit, zum Beispiel Google Pay oder auch Alipay (über den Test mit den chinesischen Touristen hinaus, richtig mitspielen!), dann erhöhen sich damit auch die Ansprüche der Anwender. Eine App für alles, Komfort und Vielseitigkeit mit an Bord, überall einsetzbar. Das eben, was Alipay und Wechat Pay heute schon den meisten anderen Anwendungen voraus haben.
Wie gesagt, nur ein (naheliegender) Gedanke, die konkreten Pläne kommen dann von SIX, Twint und Worldline.
Was sagen die Verantwortlichen?
Die Exponenten von SIX, Twint und Worldline halten sich aktuell noch bedeckt, werfen jedoch schon mal einen erfreuten Blick voraus.
Søren Mose, Verwaltungsratspräsident von Twint:
Mit Worldline haben wir einen paneuropäischen Partner, der sich seit Jahren für eine bargeldlose Gesellschaft stark macht, dank dieser Kooperation haben wir für die Weiterentwicklung von Twint ganz neue Perspektiven
Gilles Grapinet, CEO von Worldline:
Wie Twint, glauben wir fest an das Potential von Mobile Payment-Lösungen, vor allem, wenn diese von den lokalen Banken unterstützt werden, wir freuen uns zusammen diese Lösung weiterzuentwickeln
Über die Früchte der Kooperation und ob Twint an der Ernte teilhaben wird, werden wir berichten, sobald die Früchte reif sind und konkrete Massnahmen kommuniziert werden.