Was war die grösste Herausforderung für Annanow in den vergangenen acht Wochen?
Wir hatten es plötzlich mit nur noch zwei Kundentypen zu tun. Einerseits viele kleine stationäre Läden, welche nach dem Lockdown komplett paralysiert waren. Hier konnten wir vielen immerhin damit helfen, dass sie mit einem A2-Plakat am Schaufenster ihre Ware aus dem Laden trotzdem noch via Telefon oder Website verkaufen sowie liefern konnten und auch direkt bezahlt wurden. Einige aus dieser Gruppe haben aber auch einfach dichtgemacht, weil der Digitalisierungszug schon lange ohne sie abgefahren ist.
Dann gab es Onlineshops, Fachmärkte und Händler, welche die Digitalisierung ihrer stationären Ladenkonzepte bisher zwar ebenfalls eher zögerlich angegangen sind. Diese waren unheimlich froh, dass Annanow ihnen ermöglichte, Lieferbereitschaft, digitales Zahlen, Versicherungen und die ganzen Logistikprozesse dahinter innerhalb weniger Stunden auch im Lockdown-Modus sicherzustellen. Dies sicherte ihnen nicht nur kurzfristig die Existenz, sondern eröffnete deren Kunden und vor allem auch ihren Mitarbeitenden eine positive Perspektive.
Wie seid ihr konkret vorgegangen bei der (internen) Bewältigung dieser Herausforderungen?
Unser Softwareteam in Novi Sad hat die Fertigstellung der OpenAPI-Schnittstelle vorgezogen. Seit Anfang April können damit unsere Händler ihre Lieferungen über ein einziges Tool digital abwickeln. Wir haben sogar die bestehenden Lieferpartner kurzfristig ins Annanow-Ökosystem eingebunden. Mitarbeitende in den Filialen oder im Zentrallager können mit zwei Klicks zusätzliche Logistikpartner zuschalten.
Damit haben wir unsere Transaktionen im Vergleich zum Februar 2020 mehr als verzwanzigfacht. Mittlerweile liefern über 105’000 Fahrer aus dem Annanow-Partnernetzwerk in die ganze DACH-Region. Dazu kommen laufend mehr Einzelpartner, zum Beispiel selbstständige Uber-Fahrer aus der Crowd, welche bei ihren Fahrten für Annanow nun sozialkonform in den Arbeitsmarkt eingebunden werden.
Gab es bemerkenswerte Reaktionen auf Seite der Kunden und Mitarbeitenden?
Besonders in Erinnerung bleibt mir persönlich die Aussage eines CEOs einer unserer wichtigsten Kunden. Er verglich den Speed und vor allem die friktionsfreie Umstellung der Lieferlogistik auf das Annanow-Regime mit "purer Magie". Nicht zuletzt deshalb, weil wir innerhalb von zwei Tagen "live" waren und mehrere tausend Pakete über Filialen und Zentrallager ausliefern konnten.
Unseren Stammkunden, aber auch ganz vielen Neukunden konnten wir frische Lebensmittel von Globus Delicatessa, Manor Food oder den Hofläden auf Schweizer Bauernhöfen jeweils am nächsten Tag liefern, während die Online-Supermärkte mehrere Wochen Lieferverzögerung hatten.
Aufgrund ihrer Erfahrungen – gibt's Tipps oder Hacks, welche auch andere Händler und Branchen oder vielleicht auch Kunden beherzigen sollten?
Digital organisierte Sofort-Logistik ist keine Nische mehr. Schon Steve Jobs sagte "Real artists ship". Händler müssen liefern können – immer, also auch bei der nächsten Pandemiewelle oder wenn eine Baustelle vor dem Ladengeschäft es für die Kunden schwieriger macht. Experten gehen davon aus, dass in vielen Branchen der E-Commerce-Anteil überproportional wächst.
Und dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt für mutiges antizyklisches Handeln. Annanow hat allein in den letzten Wochen fast 20 Prozent mehr Mitarbeitende angeheuert. Und wir haben mit den ersten Kunden im April konkrete Massnahmen umgesetzt, um unnötige (Zusatz-)Verpackungen zu eliminieren. Die Vermeidung von zusätzlichen Kartons, Einschweissplastik und Füllmaterial beim Versand von Waren trägt zum Beispiel bei Jumbo bereits heute signifikant zur Reduktion von deren CO2-Fussabdruck bei.
Welche Learnings und Prozessanpassungen werden die hoffentlich absehbare Zeit der Corona-Pandemie überdauern bei Annanow?
Das Annanow-API und der Onboarding-Prozess von Shops sind nun auf Geschwindigkeit mit hoher Skalierung ausgelegt. Das wird bleiben. Für die kleineren Händler werden wir das Self-Onboarding, vor allem aber die Trainings für die Mitarbeitenden noch einfacher gestalten.
Es gibt für mich keinen Grund, warum Sofortlieferungen nicht zum neuen Standard werden sollten, wenn genau das selbst in Pandemiezeiten unter erschwerten Bedingungen so reibungslos funktioniert hat.