Die Zahl der 140 Kunden stammt aus der Anfangszeit von Findependent. Mit diesem noch nicht berauschenden Kundenstamm hat das FinTech Ende 2021 um die Gunst der Investoren in der "Höhle der Löwen" Schweiz geworben.
Bei dieser bescheidenen Kundenzahl des gerade erst gestarteten FinTechs hätten die Löwen auch abwinken können. Sie taten es nicht, die Investoren Roland Brack und Lukas Speiser vertrauten dem Gründer Matthias Bryner und seinem Konzept und investierten in das Potenzial seiner Anlage-App.
Bryner und sein Team haben das Vertrauen der Investoren gerechtfertigt. Drei Jahre nach dem Start, letzten Mai, meldete das FinTech 11'000 Kundinnen und Kunden sowie ein verwaltetes Vermögen von 100 Millionen Franken.
Die Investoren haben Mitte 2024 weitere 1.5 Millionen Franken in Findependent investiert und das FinTech hat sich zusätzliche 5 Millionen Franken über eine Crowdinvesting-Kampagne gesichert.
Findependent hat die eigenen Wachstumsprognosen 2024 übertroffen
Das frische Kapital ist offenbar wachstumsfördernd eingesetzt worden. Das für 2024 gesetzte Ziel von 15'000 Kundinnen und Kunden hat Findependent deutlich übertroffen und das Jahr 2024 mit 19'000 Kunden abgeschlossen.
Dasselbe Szenario wiederholt sich beim verwalteten Vermögen. Die ursprüngliche definierte Zielmarke von 160 Millionen Franken hat das FinTech per Ende 2024 mit 198 Millionen hinter sich gelassen.
Wie sieht's bei den Renditen aus?
Nach Angaben von Findependent hat die offensivste Anlagelösung des FinTechs (98% Aktien) 2024 eine Nettorendite von 16.9 Prozent generiert. Die defensivste Lösung (20% Aktienanteil) hat den Anlegerinnen und Anlegern 10.2 Prozent Rendite gebracht.
Die starken Renditen an den Finanzmärkten hätten zum Vermögenswachstum beigetragen, so das FinTech, dennoch würden 90 Prozent des Wachstums der vergangenen Monate aus neu anvertrauten Geldern stammen.
Geht der Plan mit den Affluent-Kunden auf?
Mitte 2023 hat Findependent mit Bezug auf eine Studie von Deloitte zusätzlich das Segment der Affluent-Kunden ins Visier genommen. Das FinTech zielt auf Kundinnen und Kunden – vor allem bestehende Kunden von Banken – mit Vermögenswerten zwischen 200'000 und 2 Millionen Franken.
Die angesprochene Studie hat festgestellt, dass Affluent-Kunden die Gebühren von Banken als zu hoch empfinden und dass volle 74 Prozent der Befragen niedrige Gebühren als das wichtigste Merkmal ansehen, das ihnen eine Bank bieten soll. Zudem fühlten sich Bankkunden auf Online-Portalen der klassischen Banken nicht gut aufgehoben, 66 Prozent wünschten sich ein modernes Online-Banking-Erlebnis.
Aufgrund dieser Einsicht hat Findependet-Chef Bryner kurzerhand seine Gebührenstruktur angepasst, um das Affluent-Segment für sein eigenes Startup zu begeistern: Reduzierte und damit weiterhin tiefe Gebühren für bestehende Kunden und Kleinanleger, stark reduzierte Gebühren für Anlegerinnen und Anleger mit höheren Anlagesummen.
Bryner hat damals der neu anvisierten Kundengruppe explizit vorgerechnet, dass ein klassisches Vermögensverwaltungs-Mandat mit 250’000 Franken bei einer klassischen Bank im Schnitt mit 1.37 Prozent zu Buche schlagen würde, plus Fondsgebühren und Fremdwährungskosten.
Die Anlagelösung von Findependent, so Bryner, würde bei demselben Anlagebetrag und mit identischem Service nur gerade 0.37 Prozent kosten, also 1 Prozent weniger. Was dazu führen würde, dass Kunden bei Findependent nach zehn Jahren 35'995 Franken mehr im eigenen Topf hätten im Vergleich zu einer klassischen Bank.
Das exemplarische Rechenbeispiel scheint zu verfangen. Findependent gibt zu Protokoll, dass sich innerhalb eines Jahres die Zahl der Kundinnen und Kunden, die in der Anlage-App mehr als 100'000 Franken anlegen, verdreifacht hätte.
Und wie geht's 2025 weiter?
Die Jahresprognosen 2025 behält Findependent für sich, die positive Entwicklung scheint sich jedoch auch im laufenden Jahr fortzusetzen.
Den ersten Monat des Jahres hat Findependent mit der erreichten Marke von mehr 20'000 Kundinnen und Kunden abgeschlossen – das verwaltete Vermögen ist per Ende Januar 2025 auf 216 Millionen Franken angestiegen.
Faire Gebühren scheinen für Kundinnen und Kunden wichtiger zu werden
Die Anlage-Apps von Startups und FinTechs waren immer schon günstiger im Vergleich zu klassischen Banken. Seit einigen Monaten wird der Preiskampf jedoch akzentuierter ausgetragen. Bei Anlage-Apps wie auch bei Neo-Banken und Neo-Brokern.
Über reduzierte Gebühren und Kampfpreise haben wir regelmässig berichtet, mit denen zum Beispiel Radicant, Alpian, Saxo, Revolut, auch Findependent und weitere Anbieter im Markt agieren.
Das ist ein Indikator dafür, dass Bankkunden sowie Anlegerinnen und Anleger zunehmend kostenbewusster und gebührensensitiver ihre Finanzpartner und Apps auswählen. Spielten Kosten längere Zeit keine allzugrosse Rolle, scheint die Zeit der überhöhten Gebühren, die widerspuchslos akzeptiert werden, langsam zu Ende zu gehen. Bei vergleichbar guten Leistungen wird der Preis offenbar auch im Finanzbereich vermehrt zum zentralen Kriterium, das den Ausschlag geben kann, sich für den einen oder eben den anderen Anbieter zu entscheiden.