Auf Monatsbasis hat Revolut schon mehrmals gute Resultate gemeldet und damit gezeigt: es ist möglich. Das bringt im Gesamtergebnis allerdings nicht viel, wenn ein abgeschlossenes Geschäftsjahr die Erträge einzelner Monate wieder auffrisst und mit Verlusten endet.
Das Jahr 2021 war für Revolut das erste profitable Jahr – die Challenger-Bank hat den Sprung in die Gewinnzone geschafft und einen Nettogewinn von 26 Millionen Pfund realisiert. Das aussergewöhnlich starke Umsatzwachstum und der eingefahrene Gewinn sind auf die Bereiche Zahlungen, Revolut Business, Umtausch von Fremdwährungen und Vermögen zurückzuführen, gibt Revolut bekannt.
Die Challenger-Bank sieht sich in ihrer Strategie bestätigt, mit einem breitgefächerten Produkt- und Service-Portfolio den Weg zur Super-App fortzusetzen.
Strohfeuer-Jahr oder Profitabilität auf Dauer?
Das wird sich erst zeigen, zahlreiche Indikatoren in Form von konkreten Zahlen weisen allerdings eher in die Richtung einer Profitabilität auf Dauer.
Revolut hat sich im Laufe der Jahre durch eine laufend erweiterte Angebotspalette verschiedene Ertragsquellen geschaffen. Der erhöhte Anteil an Produkten mit grössserer Marge hat die Bruttomarge des Unternehmens von 33 Prozent im Jahr 2020 auf 70 Prozent 2021 springen lassen.
Den Umsatz hat die Neo-Bank innerhalb einer Jahres nahezu verdreifacht, von 220 Milionen Pfund 2020 auf 636 Millionen Pfund 2021. Monatlich mehr als 300 Millionen Transaktionen über alle Produktbereiche hinweg sind ein Indikator dafür, dass 27 Millionen Kunden Produkte und Leistungen, die dem Unternehmen Fees und Erträge in die Kasse spülen, tatsächlich intensiv nutzen. Diese Umsatzgeneratoren dürften auch in Zukunft funktionieren.
Revolut sieht den Anstieg der Betriebsausgaben im Berichtsjahr 2021 um "nur" 37 Prozent in einem gesunden Verhältnis zur Entwicklung von Umsatz und Gewinn. Das FinTech verweist auf eine straffe Kostenkontrolle und bezeichnet die operativen Mittel des Unternehmens als robust.
Entwicklungen an der Kundenfront
Umsätze und Gewinn werden nicht durch blosse Grösse, sondern durch Produkte und Services generiert, die von Kundinnen und Kunden genutzt werden. Das eine hängt jedoch mit dem anderen zusammen. Neo- und Challenger-Banken mit dem Geschäftsmodell von Revolut sind zum Skalieren verdammt. Gelingt das nicht oder nicht schnell genug, werden sie unterhalb einer bestimmten Grösse Mühe haben, Gewinne zu erwirtschaften.
Auch die erreichte Grösse an sich bleibt beeindruckend: Revolut bedient nach eigenen Aussagen inzwischen 27 Millionen Kundinnen und Kunden in weltweit 36 Märkten und Ländern. Auch in der Schweiz steht das FinTech mit nahezu 600'000 Nutzerinnen und Nutzern bisher unangefochten an der Spitze der Neo-Banken. Diese Dimensionen sind das Resultat von siebeneinhalb Jahren Aufbauarbeit, Weiterentwicklung und Expansion.
Das starke finanzielle Ergebnis im Jahr 2021 führt Revolut auch auf einen Anstieg der wöchentlich aktiven Privatkunden um mehr als 50 Prozent zurück. Unterstützt von höheren durchschnittlichen Ausgaben pro Nutzer, die um 10 Prozent gewachsen sind. Die Challenger-Bank erkennt darin "die tiefere Integration von Revolut in den finanziellen Alltag" ihrer Kundinnen und Kunden.
Die Zahl der Kundinnen und Kunden mit kostenpflichtigen Abos ist um 75 Prozent gestiegen. Diese Kennziffer ist auch deshalb wichtig, weil Kunden in kostenpflichtigen Abos zusätzliche Funktionen zur Verfügung stehen. Deren Nutzung trägt wiederum zum Wachstum des Umsatzes bei.
Die Höhe der Kontoguthaben von Kundinnen und Kunden ist im Jahresvergleich ebenfalls signifikant gewachsen, um 58 Prozent. Stand Dezember 2021 lagen insgesamt 7.4 Milliarden Pfund auf den Kundenkonten (2020 waren es 4.6 Milliarden).
Ein Blick auf das Jahr 2022
Mit einem Blick auf das letzte Jahr unterstreicht Revolut die Fortsetzung der positiven Entwicklung des Geschäftsjahres 2021. Die Gesamteinnahmen stiegen 2022 um 30 Prozent auf mehr als 850 Millionen Pfund.
Das Kundenwachstum hat sich 2022 stark beschleunigt, Revolut hat im vergangenen Jahr mehr als 9 Millionen neue Kundinnen und Kunden dazugewonnen und bedient heute 27 Millionen Kunden. Damit vergrössert die Challenger-Bank die Distanz zu ihrem Erzrivalen N26 beträchtlich, die Berliner Neo-Bank liegt in der Entwicklung von Umsätzen und Kundenzahl deutlich zurück. Das hängt auch damit zusammen, dass Revolut sich frei entwickeln und expandieren kann, während N26 seit eineinhalb Jahre einer von der BaFin verordneten Wachstumsbegrenzung unterliegt – die Neo-Bank darf pro Monat höchstens um 50'000 Kunden wachsen. Dieser nun schon länger übergestülpte Hemmschuh kann sich auf Dauer als gefährlicher Bremsklotz erweisen.
Mit Revolut beweist die zweite grosse Neo-Bank, dass ihr Geschäftsmodell profitabel betrieben werden kann
Seit Geld wieder einen Preis hat, stellen Investoren vermehrt konkrete Forderungen an die von ihnen finanzierten FinTechs und Neo-Banken: Abkehr von kostenintensiver Expansion und Wachstum um jeden Preis, Strategiewechsel in Richtung von Profitabilität.
Die Neo-Bank Wise arbeitet bereits seit mehreren Jahren profitabel und hat bewiesen, dass ihr Geschäftsmodell funktioniert, dass Wachstum und Gewinne unter einen Hut zu bekommen sind.
Das diversifizerte Geschäftsmodell von Revolut trägt nun ebenfalls Früchte. Bleibt die Challenger-Bank profitabel, würde mit Revolut bereits die zweite der grossen Neo-Banken beweisen, dass mit dem Banking der anderen Art nicht nur starkes Wachstum, sondern auch Gewinne zu realisieren sind.
Nik Storonsky, CEO von Revolut, ist optimistisch und kommentiert den Sprung zum Unternehmen mit Gewinn mit folgenden Statement:
Wir haben unser erstes ganzes profitables Jahr erreicht und gezeigt, dass wir das Kundenwachstum skalierbar beschleunigen können und Umsätze quer durch alle unsere Produktlinien steigern können
So wie Wise sind auch die Macherinnen und Macher von Revolut überzeugt, dass sich Wachstum, Expansion und Profitabilität nicht ausschliessen – immer vorausgesetzt, ein Unternehmen hat es nicht verpasst, mehrere Ertragskanäle aufzubauen. Mit Konto, Karte und Zahlungsverkehr allein ist das nicht zu schaffen.
Wie geht's weiter?
Haben zahlreiche Tech-Unternehmen in den letzten Monaten ihre Crew verkleinert, hat Revolut auch in diesem Bereich massiv ausgebaut. Aktuell sind mehr als 6'000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bord. Die erweiterte Crew wird auch gebraucht, um die Expansionspläne der Challenger-Bank zu realisieren – Revolut will im laufenden Jahr in neuen Märkten an den Start gehen, Neuseeland, Brasilien, Mexiko und Indien stehen auf dem Programm.
Auch die Produkt-Pipeline bleibt offenbar prall gefüllt, Revolut stellt für 2023 "die Einführung mehrerer wichtiger neuer Produkte" in Aussicht. Dieser Punkt ist nicht erstaunlich, Revolut ist 2022 und in den Jahren davor dadurch aufgefallen, dass sehr regelmässig neue Produkte und Services aufgeschaltet worden sind. Auch hier bleibt die Challenger-Bank ihrem eigenen Anspruch verpflichtet, Konkurrenten mit der ultimativen Super-App vom Parkett zu fegen.