Dass Embedded Finance oder Kontextuelles Banking zum Riesenthema werden kann, hat sich bereits vor Jahren abgezeichnet.
Zum einen durch Branchengrössen wie Amazon, Apple, Uber und zahlreiche andere Technologie-Unternehmen, die Finanzdienstleistungen zunehmend stärker und näher an ihre Kerndienstleistungen anbinden. Zum anderen durch geänderte Konsumentenwünsche. Kunden wollen Komfort und die Bereitschaft wird offenbar grösser, beim Einzelhändler auch gleich Finanzdienstleistungen zu beziehen.
Was in den Anfängen gerade mal den Bezug von Bargeld an der Ladenkasse möglich gemacht hat, ist in den digitalen Online-Dimensionen zum Gesamtpaket erweitert worden. Wer heute ein Konto, eine Karte, einen Kredit oder andere Finanzservices wünscht, braucht weder den Laden noch den Monitor zu verlassen – der Shop wird zur Bank.
Mit Embedded Finance und Kontextuellem Banking wird jeder Shop zur Bank
Die Strömung ist alles andere als neu, aber sie gewinnt aktuell an Fahrt, Tempo und wird spürbarer. Die Begriffe Embedded Finance oder Kontextuelles Banking stehen beide für die Integration von Finanzdienstleistungen, die in Produkte oder Prozesse von Nicht-Banken direkt integriert werden. Dadurch können Anbieter Vorteile ausspielen und Finanzdienstleistungen genau dann anbieten, wenn sie benötigt werden.
Das schafft Nähe zu den Kunden, eröffnet zusätzliche Ertragsmöglichkeiten und die Kundengeschichte wird durch gewonnene Daten aus dem finanziellen Leben einzelner Konsumenten deutlich dichter gewoben.
War Embedded Finance längere Zeit eher die Spielwiese von Giganten wie Apple, Amazon, Samsung, Walmart und anderen Grössen, werden integrierte Finanzdienstleistungen zunehmend auch für kleinere Unternehmen zum Thema. Heute noch nicht gerade für den Bäcker an der Ecke, aber die digitalen Online-Dimensionen von Finanzdienstleistungen jeder gewünschten Art sind für Läden und Nicht-Banken verschiedenster Grössenordungen erreichbar geworden.
Banking as a Service lädt ein, selbst zum Anbieter von Finanzservices zu werden
In eher seltenen Fällen sind es klassische Banken, welche den Trend früh erkannt haben und heute erfolgreich Banking-as-a-Service-Leistungen (BaaS) verschiedenen Zielgruppen anbieten. Das können FinTechs, Detailhandelsketten oder Läden aus ganz anderen Branchen sein. In Deutschland steht zum Beispiel die Sutor Bank für diese Schiene, in der Schweiz (etwas weniger offensiv) die Hypothekarbank Lenzburg. Beide Banken betreiben nach wie vor das traditionelle Bankgeschäft, haben jedoch einen starken Fuss in einen digitalen Zukunftsmarkt mit gewaltigem Potenzial gestellt.
In der Regel sind BaaS-Anbieter jedoch nicht klassische Banken, sondern FinTechs und Technologie-Unternehmen mit Banklizenz, welche sich nicht dem traditionellen Bankgeschäft verschrieben haben, sondern ihre Banklizenz nutzen, um BaaS-Pakete FinTechs und zahlreichen weiteren Zielgruppen anzubieten.
In Deutschland gehört zum Beispiel die Solarisbank zu diesen Anbietern – über eine ausgebaute Banking-as-a-Service-Plattform und APIs können sich Nicht-Banken bedienen und jeden gewünschten digitalen Bank-Service in das eigene Produkt integrieren. Waren diese Nicht-Banken noch vor wenigen Jahren primär FinTechs, ist der Kreis der interessierten Kunden heute deutlich breiter geworden.
Will ein Shop oder eine Händlerkette Kredite vergeben, Kunden mit Konto und Karte an sich binden, Payments möglich machen oder mit digitalen Assets punkten, können die gewünschten Leistungen eher schnell und schlank auf der eigenen Plattform integriert und verfügbar gemacht werden. Die Solarisbank agiert dabei unsichtbar im Hintergrund und kümmert sich um Prozesse, Abwicklung und Regulatorik.
Wollen Konsumenten die Debitkarte von Aldi und einen Kredit von Ikea?
Klassische Banken setzen traditionellerweise auf die Karte von Vertrauen, Reputation und Beratung. Diese Karte zieht auch heute noch, aber die Wirkung dieser traditionellen Werte nimmt ab. Aus verschiedenen Gründen, vor allem aber auch deshalb, weil Shopping-Erlebnisse und Komfort-Ansprüche an Zugkraft stark gewonnen haben.
Das führt dazu, dass eine wachsende Zahl von Konsumenten frühere Hürden oder Bedenken gegenüber Unternehmen wie Amazon, Apple oder auch Lidl, Mediamarkt, Ikea und anderen Anbietern über Bord geworfen haben. Gibt's alles aus einer Hand und sind die Konditionen gut, dürfen auch Konto, Karte, Kredite und anderen Finanzdiensleistungen von Nicht-Banken kommen, sie werden akzeptiert und angenommen. Eine Entwicklung in voller Fahrt, die klassischen Banken das angestammte Terrain verschärft streitig machen wird.
Zahlen und Fakten zum Thema
Die Solarisbank hat in Kooperation mit dem Handelsblatt Research Institute eine interessante Studie zum Thema Embedded Finance publiziert: "Wenn Brands zu Banken werden".
Die ausführliche Analyse beleuchtet zahlreiche Aspekte rund um Kontextuelles Banking, um das Nutzerverhalten von Konsumenten, die Studie analysiert unter diesen Prämissen vertieft den Bereich E-Commerce in Deutschland und kommt zum Schluss: "Jedes Unternehmen kann zum FinTech werden".
Im Fokus der Studie stehen 21 in Deutschland relevante E-Commerce-Anbieter aus den zentralen Einkaufsbereichen Fashion, Elektronik & Medien, Hobby & DIY, Möbel & Haushalt sowie Lebensmittel & Drogerie. Jeweils untermauert mit Zahlen und Fakten, welche Banken, Nicht-Banken und Konsumenten in eine aufschlussreiche Beziehung zueinander setzen.
Die Studie skizziert anhand zahlreicher Use Cases ein Bild von Embedded Banking in der aktuellen Praxis – im Zentrum zum Beispiel Uber, Samsung Pay, Lufthansa, Amazon, Apple, Shopify, Facebook und andere.
Einige Erkenntnisse vorweg
Vor einigen Jahren noch undenkbar, kommt die Studie heute zum Ergebnis: "61 Prozent der Deutschen würden Finanzdienstleistungen von Online-Shops beziehen".
Dr. Roland Folz, CEO der Solarisbank, benennt mögliche Gewinner:
«Das grösste Potenzial sehen wir bei Unternehmen mit kundenzentrischen Geschäftsmodellen, die die Kundendaten intelligent nutzen. Wenn sie dieses Wissen nun mit dem Bezahlverhalten ihrer Kunden anreichern, können sie massgeschneiderte Finanzprodukte in einer Qualität anbieten, die von der eines persönlichen Finanzberaters nicht zu unterscheiden ist.»
Folz ist zudem davon überzeugt, dass es nicht mehr um die Frage gehen würde, ob Marken die neuen Banken werden. Die aktuelle Frage wäre nur noch, wie schnell das passieren wird.
Die Studie bezieht auch bestehende Quellen mit ein: Lightyear Capital schätzt, dass der Markt für Embedded Finance von gegenwärtig rund 22.5 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025 auf etwa 230 Milliarden Euro weltweit anwachsen wird. Dies entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Wachstum von fast 60 Prozent. Bain Capital schätzt zudem den allein in den USA erreichbaren Umsatz mit Embedded Finance bis zum Jahr 2030 auf rund 3.6 Billionen Euro.
Eingeschlossen sind alle relevanten Bereiche wie Wealth Management, Konsumentenkredite, Versicherungen und Zahlungsdienstleistungen.
Zwei herausgegriffene Resultate zeigen, dass frühere Tabus am Bröckeln sind. Konto und Karte müssen nicht unbedingt von der klassischen Bank oder der Neo-Bank kommen, Big Techs und Einzelhändler werden zu Alternativen.