Aktiensparen

Eine gute und eine schlechte Nachricht für klassische Banken

Junges Paar mit Hund, entspannt beim Kaffeetrinken
Bild: Pixabay

Die Zahl der jungen Anlegerinnen und Anleger ist massiv gestiegen – deren Ansprüche allerdings auch.

Die Quote der Anlegerinnen und Anleger, welche in Aktien, ETFs, Rohstoffe und auch in Kryptos investieren, hat in den letzten Jahren in praktisch allen Ländern zugenommen. Die Gründe dafür liegen hautpsächlich in der Kombination von Corona-Pandemie und den Auswirkungen der Negativzinsen der letzten Jahre, welche durch die neue Ära der Inflation abgelöst worden sind.

Der Druck, das eigene Geld oder das Ersparte möglichst gewinnbringend anzulegen, hat auch bisher abstinente Bevölkerungsgruppen motiviert, zu Anlegerinnen und Anlegern zu werden. Je nach Haltung und Erwartungen tun sie das über ihre Hausbank oder über eine der zahleichen Neo-Banken oder über – ebenso zahlreiche – spezialisierte Neo-Broker mit interessanten Angeboten und tiefen Gebühren.

Die gute Nachricht: die Zahl der Anlegerinnen und Anleger wächst weiterhin

Das Deutsche Aktieninstitut hat aktuelle Zahlen für Deutschland publiziert, die in der Tendenz stellvertretend auch für andere Länder stehen. Diese Erhebungen zeigen: Aktiensparen hat massiv an Bedeutung zugelegt. 

Insgesamt waren im vergangenen Jahr 12.9 Millionen Menschen in Aktien, Aktienfonds oder ETFs investiert. Das bedeutet eine Steigerung um 830'000 Aktiensparerinnen und -sparer im Vergleich zum Vorjahr. Jeder Fünfte war am Aktienmarkt engagiert, also rund 18.3 Prozent der Bevölkerung ab 14 Jahren. Damit sind frühere Höchststände in den Schatten gestellt.

Aktiensparerinnen und Aktiensparer werden jünger

Interessant ist der weiterhin anhaltende Jugend-Boom, die Gesichter an der Börse sind jünger geworden. Rund 600'000 junge Menschen unter 30 Jahren haben 2022 zum ersten Mal das Börsen-Parkett betreten – eine Steigerung um 40 Prozent zum Vorjahr. Auch die Gruppe zwischen 30 und 39 Jahren ist gut im Spiel, 4.1 Millionen Aktiensparerinnen und Aktiensparer sind unter 40 Jahre alt. Das heisst: jede dritte Person, die in Deutschland ein Aktieninvestment besitzt, gehört zu dieser jungen Gruppe.

Frauen holen markant auf

2022 haben sich mehr Frauen als Männer neu für die Aktie, den Aktienfonds oder einen ETF entschieden. Das Plus bei den Frauen beträgt 482'000, bei den Männern sind es 338'000.

Allerdings nutzen nach wie vor insgesamt weniger Frauen die Chancen der Aktienanlage. Nur ein Drittel der Menschen, die in Deutschland mit Aktien sparen, ist weiblich. Da besteht also noch Potenzial, aber die Frauen holen auf.

Wer mehr zu den guten Nachrichten lesen möchte, die Studie "Deutschland kann Aktie!" gibt's kostenlos als PDF zum Runterladen, gleich hier

Die schlechte Nachricht für klassische Banken, die keine sein muss

Die globale Unternehmensberatung Simon Kucher fasst die Ergebnisse der oben angeführten Studie zusammen und führt aus: Der Anstieg der Aktionärszahlen lässt sich einzig auf einen überproportional starken Anstieg der Neuaktionäre in der Altersgruppe 14 bis 29 Jahre (Anstieg um 40 Prozent) und 30 bis 39 Jahre (Anstieg um 19 Prozent) zurückführen, wogegen in der Kundengruppe ab 60 Jahren die Aktionärszahl mit 300'000 rückläufig ist. 

Mit Blick auf Regionalbanken sind die Experten von Simon Kucher der Ansicht, dass klassische Geldhäuser von dieser Entwicklung nur wenig profitieren dürften. Warum? 

Die Studie zeigt, dass gerade Neu- und Jungaktionäre deutlich informierter in den Kapitalmarkt starten als Vergleichsgruppen früherer Generationen. Dementsprechend stellen diese Kundengruppen neue Anforderungen an das Produkt- und insbesondere an das Preisangebot potenzieller Anbieter. Diese Erwartungen werden durch neue Anbieter wie Neo-Banken und spezialisierte Neo-Broker bereits heute erfüllt, die sich über ein enorm breites Produktangebot (insbesondere für die monatliche Besparung) und auch transparente Preismodelle erfolgreich positioniert haben.

Simon Kucher empfiehlt klassischen Banken kein blosses Kopieren der Neo-Rezepturen, sondern Kreativität bei der Entwicklung eigener Konzepte. Wichtig dabei wären klar leistungsdifferenzierte Angebote, die verschiedene Anlegertypen (Selbstentscheider, Beratungsaffine, Delegierer) gezielt ansprechen. Auch neue Preismetriken in Form von Pauschalpreismodellen könnten dabei intelligent genutzt werden, um Leistung zu kommunizieren, das Angebot zu erweitern und Kannibalisierung zu kompensieren.

Die Experten von Simon Kucher empfehlen Banken zudem, junge Frauen als eigene Zielgruppe zu erkennen und diese mit speziellen Produkten und Beratungsangeboten zu adressieren. Warum? In der Behavioral Finance-Forschung werden regelmässig grosse Unterschiede im Anlageverhalten zwischen Männern und Frauen festgestellt. Frauen sind gemessen an theoretischen Überlegungen die deutlich besseren Anleger und dennoch wesentlich beratungsaffiner. 

Die Wegweiser in Richtung Happy End sind aufgestellt

Diese schlechte Nachricht ist nicht unbedingt eine und kann für jene Banken zu einem Happy End führen, die bereit sind, von Standard-Invest-Angeboten für alle abzurücken. Was für heute ältere Kundengruppen jahrelang gut funktioniert hat und noch einige Zeit funktionieren kann, wird in Zukunft bei jungen Menschen nicht mehr verfangen. Junge Anlegerinnen und Anleger haben andere Erwartungen. Wer die Zeichen der Zeit erkennt und neue Erwartungen mit smarten Angeboten und flexiblen Services beantwortet, wird Erfolg haben.

Im Kern ist das ziemlich einfach: Eine wachsende Zahl von Neo-Banken und Neo-Brokern hat vorweggenommen und in den letzten Jahren auch bewiesen, mit welchen Rezepten junge Anlegerinnen und Anleger zu gewinnen sind. Klassische Banken mit angestaubten Produken und zu hohen Gebühren werden hier ins Hintertreffen geraten. Auf der anderen Seite können aber genau diese Banken auch einen klaren Vorteil bei der Entwicklung neuer Produkte und Preisstrukturen ausspielen: Neos haben in der Regel keine Antworten auf die Wünsche beratungsaffiner Kundinnen und Kunden. Klassische Banken hingegen schon, ihre Strukturen sind auf Beratung und direkten Kundenkontakt ausgelegt – digital oder persönlich, was Kunden sich eben gerade wünschen.

Bewegt und verändert sich die Bank zusammen mit den Wünschen bestehender und vor allem "nachwachsender" Kundengruppen, steht einer gemeinsamen Zukunft nichts im Wege. Klassische Banken, welche diese Veränderungen bereits vollzogen haben und weiterhin dynamisch anpassen, die gibt's auch, sind heute ihren hinterherhinkenden Kollegen bereits um mehrere Nasenlängen voraus.