Immobilienmarkt & Finanzierung

Der Bundesrat misstraut dem Immobilien-Frieden und aktiviert den Kapitalpuffer

Modelle von Häusern mit dem Etikett "zu teuer"
Bild: gopixa | Getty Images

Die Schweizerische Nationalbank, die FINMA und der Bundesrat sind sich einig: Banken müssen gewährte Hypotheken mit höheren Eigenmitteln absichern.

Vor einer Überhitzung des Immobilienmarktes hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) schon mehrfach und seit längerem gewarnt. Auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) hat "Überhitzungstendenzen" identifiziert und in ihrem Risikomonitor 2021 aufgrund der "Gefahr einer Blasenbildung" den Immobilien- und Hypothekarmarkt mit dem Etikett der "erhöhten Risiken" für die Finanzbranche versehen, MoneyToday.ch hat berichtet, hier.

Diese erhöhten Risiken liegen in starken Marktbewegungen oder in drohenden Kreditausfällen im Zusammenhang mit den markanten Preisanstiegen für Immobilien in den letzten Jahren.

Eingeschlagene Nägel mit dämpfenden Köpfen?

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat nach Anhörung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (FINMA) dem Bundesrat beantragt, den sektoriellen antizyklischen Kapitalpuffer zu reaktivieren. Die Höhe dieses Puffers soll nach Empfehlung der SNB 2,5 Prozent der risikogewichteten Positionen umfassen, die direkt oder indirekt mit einer Wohnliegenschaft im Inland grundpfandgesichert sind. Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 26. Januar 2022 diesem Antrag zugestimmt.

Das bedeutet konkret, dass Banken verpflichtet werden, zusätzliche Eigenmittel für Wohnbau-Hypotheken in der Höhe von 2,5 Prozent zu halten. Diese Regelung gilt ab 30. September 2022. Damit will der Bundesrat den zunehmenden Risiken am Hypothekar- und Immobilienmarkt entgegenwirken.

Banken werden durch diese auferlegte Massnahme etwas widerstandsfähiger und sicherer, eine korrigierende Wirkung auf den Immobilien- und Hypothekarmarkt ist jedoch kaum zu erwarten.

Die Geschichte des antizyklischen Kapitalpuffers

Die Idee des Kapitalpuffers ist aus durchstandenen Finanzkrisen entstanden. Er soll Banken helfen, bei Märkten in Bewegung oder bei einer platzenden Immobilienblase Kreditausfälle besser zu verkraften. Der antizyklische Kapitalpuffer ist 2013 zum ersten Mal aktiviert und 2014 auf 2 Prozent erhöht worden.

Zu Beginn der Corona-Krise im März 2020 wurde der antizyklische Kapitalpuffer deaktiviert, als Teil eines Massnahmenpakets von Bund, Nationalbank und FINMA, um den Banken den grösstmöglichen Spielraum bei der Kreditvergabe an Unternehmen einzuräumen.

Mit der aktuellen Reaktivierung wird der mögliche Rahmen ausgeschöpft, mit 2,5 Prozent liegt der Puffer um 0,5 Prozentpunkte höher als zum Zeitpunkt seiner Deaktivierung im März 2020. 

Die Sicht des Bundesrates und die Gründe für die Aktivierung

Der antizyklische Kapitalpuffer soll die Widerstandskraft des Bankensektors stärken, wenn infolge von Ungleichgewichten auf dem Hypothekar- und Immobilienmarkt Korrekturen erfolgen. Gleichzeitig soll der Kapitalpuffer einer weiteren Verschärfung der Situation auf diesen Märkten entgegenwirken.

Mit dem Entscheid der Akivierung folgt der Bundesrat dem Antrag der SNB und liegt auch mit den Erklärungen für diese Massnahme auf derselben Linie. Die Gründe, die vor knapp zwei Jahren zur Deaktivierung des Kapitalpuffers geführt hätten, wären heute nicht mehr gegeben. So hätten die pandemiebedingten Unsicherheiten in Bezug auf den Kreditzugang von Unternehmen auch dank den behördlichen Massnahmen deutlich abgenommen. Anzeichen einer Kreditverknappung bei Unternehmen gäbe es aktuell keine.

Zudem, so der Bundesrat, hätten sich seither die Verwundbarkeiten am Hypothekar- und Wohnliegenschaftsmarkt erhöht. So wären sowohl das Hypothekarkreditvolumen als auch die Wohnliegenschaftspreise stärker gestiegen, als es Fundamentalfaktoren wie Mieten oder Einkommen erklären könnten. Die Tragbarkeitsrisiken verharrten auf hohem Niveau beziehungsweise stiegen im Segment der Wohnrenditeliegenschaften weiter an.

Bundesrat und SNB sehen die erhöhte Gefahr einer abrupten Korrektur an den Hypothekar- und Immobilienmärkten, beispielweise ausgelöst durch einen unerwartet hohen Zinsanstieg. Eine starke Korrektur hätte schwerwiegende Folgen für die Kreditnehmer, den Bankensektor und auch für die Schweizer Wirtschaft.

Werden Immobilien nun billiger und Hypotheken teurer?

Nach vorherrschender Meinung von Experten eher nicht. Die Nachfrage nach Eigenheimen und Immobilien bleibt hoch – wer es sich im Tiefzinsumfeld und trotz sehr hoher Preise leisten kann, als Eigenheimkäufer oder als Investor, greift weiterhin zu. Eine preisdämpfende Wirkung ist deshalb kaum in Sicht.

Banken werden ihre erhöhten Kapitalkosten an die Hypothekarkunden weitergeben wollen – der heiss umkämpfte Markt mit Kapitalgebern von alllen Seiten (Banken, Versicherer, institutionelle Investoren) wird jedoch dafür sorgen, dass Ausschläge nach oben vorderhand zwischen unsichtbar und marginal ausfallen.

Ende der Fahnenstange?

Nicht unbedingt. Die Nationalbank will die Entwicklungen am Hypothekar- und Immobilienmarkt weiterhin aufmerksam beobachten und behält sich vor, weitergehende Massnahmen zu prüfen, die möglicherweise notwendig werden, um die Risiken für die Finanzstabilität einzudämmen.