Neue digitale Methoden auf dem Immobilienmarkt bewerten präzise, schneller und kostensparend. Das klassische Gutachten eines Makler schaut dabei auf eine lange Tradition zurück und scheint bereits überholt zu sein.
Die Digitalisierung hält in der Schweizer Immobilienbranche unaufhaltsam Einzug. Auch die PropTech-Bewegung – derzeit werden über 300 Schweizer PropTechs gezählt – hat diese Entwicklung stark beschleunigt. Viele Immobilien-Tätigkeiten werden beispielsweise bereits von Building Information Technology (BIM), Internet of Things (IoT) oder Big Data Analytics unterstützt. Letzteres wird bei der digitalen und teilautomatisierten Immobilienbewertung und Standortanalyse angewendet.
Der Siegeszug der Daten
Immer grössere Datenmengen sind digital verfügbar. Diese Daten zeigen Bewertungsfelder und Markttendenzen auf, welche für Makler nicht sichtbar sind. So zum Beispiel die Information über Bautätigkeiten, welche in der Nachbarschaft einer Liegenschaft geplant sind. Solche Angaben haben Einfluss auf den Verkaufszeitpunkt eines Objekts und sind digital mittels Big Data Analytics umgehend verfügbar.
Es gibt leistungsfähige Prognose-Algorithmen (Machine Learning), welche Zusammenhänge automatisch erkennen und faktenbasiert präzise einordnen. Diese Automation geht weit darüber hinaus, was ein Mensch verarbeiten kann. Zudem schafft Cloud-Computing eine praktisch unbegrenzte, kostengünstige Rechenleistung und Speicherkapazität.
Digitale Datenmengen, Machine Learning, Cloud Computing – zusammen ermöglichen diese drei Musketiere automatisierte Bewertungsmodelle (AVM), die deutlich mehr Parameter und Daten in die Immobilienbewertung einfliessen lassen und so einen präzisen Wert eines Objekts oder Grundstücks errechnen. Die Algorithmen erkennen objektiv und ohne menschliche Intervention Zusammenhänge zwischen verschiedenen Eigenschaften der Immobilie und den in der Vergangenheit beobachteten Preisen und beurteilen den Markt nicht "vom Hörensagen" oder nach dem guten Bauchgefühl.
Digitale Bewertung entwickelt sich konstant weiter
In allen drei Bereichen – digitale Datenmengen, Machine Learning und Cloud Computing – gab es in den letzten Jahren riesige Weiterentwicklungen. Besonders schnell verbessert haben sich dabei die technischen Voraussetzungen. Mit Big Data-Technologien ist es heute sehr viel einfacher, diese Berechnungen auf mehrere Rechner einer Server-Cloud zu verteilen und so riesige Datenmengen mit hochkomplexen Algorithmen innert kurzer Zeit zu analysieren.
Digitale Datenmengen, Machine Learning und Cloud Computing sind die drei Musketiere, die automatisierte Bewertungsmodelle ermöglichen
Auch das Machine Learning steigert die Präzision der Bewertungen weiter, wenn immer mehr Immobiliendaten eingespeist und berechnet werden können. Eine höhere Anzahl an Datensätzen (Vergleichstransaktionen) und von Variablen (Eigenschaften der Immobilie, der Umgebung oder der Transaktion) wird dazu führen, dass die Algorithmen neue Muster und Zusammenhänge finden. Letztendlich werden dadurch noch genauere Marktpreise prognostiziert werden können.
Daten vs. Makler?
Immobilienmakler sind berechtigterweise stolz auf ihre Tradition und beruflichen Standards. Dennoch läuft diese Zunft Gefahr, die Chance der Digitalisierung zu verpassen. Als Hauptvorteil automatisierter Bewertungsmodelle wird oft die Zeit- und Kosteneffizienz genannt. Denn nach einer Anfangsinvestition ist eine Bewertung praktisch auf Knopfdruck möglich – sofern die notwendigen Daten verfügbar und eingepflegt worden sind. Die objektive Bewertung ist ein weiterer Vorteil, denn automatisierte Bewertungsmodelle verhalten sich immer gleich. Zudem nutzt das Modell Daten, die Makler nicht sehen können.
Gleichzeitig lassen sich durch die Effizienz und die Leistungsfähigkeit der AVM-Algorithmen ganz neue Anwendungsgebiete der Immobilienbewertung finden: Nicht nur zu den bisherigen Kunden-Touchpoints "Verkauf" oder "Kauf", sondern während des gesamten Lebenszyklus einer Immobilie oder um schlichtweg Rendite, Vermarktungsdauer oder Betriebskosten herauszuarbeiten.
Die digitale Bewertung mit ihrer Methodologie schafft somit einen grossen Mehrwert für Makler. Einige auf dem Schweizer Markt haben sich diese Chance der Kollaboration schon zunutze gemacht und ergänzen die traditionelle Bewertung mit der automatisierten. Denn digitale Methoden sind nicht Konkurrenz, sondern vielmehr Werkzeuge, die die Maklertätigkeit unterstützen. Die schnellen, benutzerfreundlichen Anwendungen sind ein wichtiger Schritt in der Customer Journey und stärken den Gesamtauftritt der Makler gegenüber ihren Endkunden.