Die Aussage von Gary Gensler stammt aus einem Gespräch, in dem der Chef der US-Börsenaufsicht dem New York Magazine seine Betrachtung der Krypto-Welt erklärt.
Mit der Bemerkung, «Alles ausser Bitcoin», macht Gensler deutlich, dass "so ziemlich jede Art von Krypto-Transaktionen" in die Zuständigkeit der SEC fallen würden, als Wertpapier-Transaktionen zu betrachten wären und deshalb reguliert gehörten – Ausnahme: Bitcoin.
Warum sagt Gensler: «Alles ausser Bitcoin»?
Der SEC-Chef attestiert Bitcoin den Stellenwert eines Rohstoffs, der ohne Boss, ohne Gruppe, ohne Stiftung oder andere dahinterstehende Organisationen weitgehend dezentral entstehen und funktionieren würde. Deshalb würden keine Gruppierung und keine anderen zentralen Akteure versuchen, Anlegerinnen und Anleger mit Gewinnerwartungen für eine Investition zu motivieren.
Dieses dezentrale Moment spricht Gensler allen anderen Kryptowährungen und damit verbundenen Transaktionen ab. Sämtliche Krypto-Token ausser dem Bitcoin, so Gensler, müssten als Wertpapiere gesehen werden, weil jeweils "eine Gruppe in der Mitte" zwischen Token und Öffentlichkeit stehen würde. Die investierende Öffentlichkeit würde aufgrund dieser Gruppe Gewinne erwarten. Ob sich diese Gruppe als Unternehmen, als Foundation oder als eine andere Art von Organisation präsentiert, spielt für Gensler keine Rolle – die tatsächliche Dezentralität ist für ihn damit nicht mehr gegeben.
Genslers Definition von "dezentral" ist nicht neu
Der SEC-Chef Gary Gensler hatte bereits vor zwei Jahren die programmatische "Dezentralisierung" von DeFi nicht bedingungslos als dezentral eingestuft, im Gegenteil. Die Ergebnisse seiner Analyse von DeFi-Projekten teilte er im August 2021 mit dem Wall Street Journal. In seinen Überlegungen warf Gensler bereits zu diesem Zeitpunkt einen regulatorischen Schatten voraus, der DeFi-Projekte in die Pflicht nehmen könnte.
Zur gleichen Zeit äusserte Gensler sich zu Regulierungsaspekten gegenüber Fox Business. Im Gespräch mit der Plattform positionierte Gensler die Börsenaufsicht SEC als neutral gegenüber Krypto, aber nicht neutral in Bezug auf den Schutz von Investoren.
Gensler bleibt seiner damaligen Linie treu, wird heute jedoch konkreter und verschärft aus Gründen den momentanen Kurs der SEC.
Wie sind Gary Genslers Statements zu bewerten?
Wollte Gensler mit «Alles ausser Bitcoin» wirklich Ernst machen, wären faktisch bereits heute mehr als 12'000 Token mit einem Wert von über 600 Milliarden Dollar in den USA illegal und würden als nicht registrierte Wertpapiere unrechtmässig gehandelt. Die SEC könnte jetzt um die 12'000 Verfahren einleiten – ein Kraftakt, der nicht zu schaffen wäre und Jahrzehnte in Anspruch nehmen würde. Zumal ein beträchtlicher Teil der betroffenen Unternehmen Verbote oder Bussen nicht akzeptieren und vor Gericht ziehen würde.
Eine Registrierung der Token und Assets bei der SEC ist hürdenreich, ungewiss im Ergebnis, zudem kostenaufwendig und für die meisten dieser 12'000 Token schlicht nicht möglich. Auch dieser Weg führt nicht zu einer praktikablen Lösung.
Der wichtigste Punkt und damit die Absicht liegt möglicherweise ganz anderswo. Gensler ist kein erklärter Kryptogegner. Als Chef der Aufsichtsbehörde hat er jedoch Aufgaben, ist unter anderem dem Schutz von Anlegerinnen und Anlegern verpflichtet und will nun aufgrund der sich häufenden Krypto-Debakel Klarheit schaffen.
Allein kann er das nicht. Seine aktuell publizierte Betrachtung und sein Vorgehen basieren nicht auf einem Gesetz, das ein Parlament verabschiedet oder ein Gericht gestützt hätte – es ist nur eine von mehreren denkbaren Einschätzungen und damit eine Meinung. Das weiss auch der SEC-Chef. Mit seiner momentan forcierten und harten Vorgehensweise erzwingt Gensler Reaktionen. Sicher bei den Betroffenen in der Kryptobranche, vor allem jedoch in den nun gefragten Reihen von Politik und Parlament.
War bisher in Sachen klarer Vorgaben, eindeutiger Gesetze und Regulierung nicht allzu viel Konkretes auf dem Tisch, dürfte sich das in nächster Zeit ändern. Provoziert und beschleunigt durch die SEC und durch Gensler, der Druck aufsetzt. Gut möglich, dass der Vorsitzende der U.S. Securities and Exchange Commission in erster Linie diesen Plan verfolgt. Sollten wir mit unserer Vermutung richtig liegen, wäre Gensler mit seinem Plan auf guten Wegen. Die Unruhe ist da und damit die Bereitschaft, endlich über sinnvolle und notwendige Formen einer Regulierung zu reden.
Apropos reden: Wenn Interessenverbände und Branchenvertreter ihre Chancen wahrnehmen, im Gespräch mit Politik und Institutionen die anstehenden Regulierungen mitzugestalten, kann das die Zukunft der Branche positiv beeinflussen. Tun sie das nicht, wird eben ohne die Branche entschieden. Das wäre dann nur der zweitbeste Weg.
Was in nächster Zeit für die Kryptowelt in den USA entschieden wird, dürfte sich auf den Rest der Welt auswirken. Läuft das gut, werden Unsicherheiten auch in anderen Jurisdiktionen durch eine neue Klarheit ersetzt. Im besten Fall mit einer Klarheit, welche der Kryptobranche hilft, sich unter guten Bedingungen weiterentwickeln zu können.
Der SEC-Chef ausführlich im New York Magazine
Der Artikel im "New York Magazine" ist aufschlussreich, sehr ausführlich gehalten und geht auf die Entwicklungen rund um FTX und Sam Bankman-Fried (SBF) ein. Insbesondere auch auf die Rolle und die Kontakte von SBF zu verschiedenen Behörden, auch zum SEC und zu Gary Gensler. Der SEC-Chef beleuchtet zusätzlich zahlreiche Aspekte der Krypto-Welt und hält mit seiner persönlichen Meinung und Betrachtung zu den Dingen nicht hinter dem Berg.