Europa hat die höchste Neo-Banken-Dichte der Welt. Die Schweiz spielt in der Spitzengruppe mit. Rechnet man die in der Schweiz verfügbaren ausländischen Neos und die neuen Schweizer Verticals (bereits im Markt oder grad am Anlauf holen) mit ein, ist die Schweiz ein Neo-Banken-Paradies.
Das wird nicht für alle Zeiten so bleiben, der Markt wird irgendwann entscheiden, welche Neo-Banken geschätzt und gebraucht werden – und welche eher nicht. Dabei haben wahrscheinlich die Neos mit einem sehr breiten Angebot die besten Chancen – oder dann Verticals, die etwas Spezifisches für eine enger definierte Kundengruppe besonders gut können.
Bei den Neo-Banken mit breitem Angebot ist die Entwicklung an der Nutzerfront und damit die Zahl der Kundinnen und Kunden nicht der einzige Massstab, aber immerhin ein aktueller Gradmesser, wie die Bank und ihre Leistungen im Markt ankommen.
Yuh hat 150'000 Kundinnen und Kunden an Bord
Um die Marke von 150'000 Kunden zu erreichen, hat Yuh 26 Monate gebraucht. Ist das stark, mittelmässig oder naja? Ein Vergleich mit anderen Neo-Konkurrenten kann helfen, die geknackte Marke von 150'000 einzuordnen.
Dieser Vergleich ist nicht ganz einfach, weil die verschiedenen Neo-Banken völlig unterschiedlich kommunizieren. Zwischen offen, zögerlich, eher zufällig oder gar nicht, ist alles vertreten.
Yuh und Neon sind die einzigen Schweizer Neo-Banken, die sehr regelmässig und so ungefähr im 10'000er-Takt ihre Zahlen offenlegen. In die Kategorie "gar nicht" gehören N26 und Yapeal. Werden auf Anfrage Werte genannt, sind diese Angaben dermassen schwammig und nichtssagend, dass wir in diesem Beitrag bei "gar nicht" bleiben. Bei Yapeal spielt das insofern keine Rolle, als sich die Neo-Bank seit ihrem Strategiewechsel zum B2B2C-FinTech nicht an der Entwicklung der Endkundenzahl orientieren muss. Bei N26 ist die Info-Dürre deshalb zu verschmerzen, weil N26 nur ein Euro-Konto anbietet, das weniger auf den Schweizer Zahlungsalltag ausgerichtet ist.
Schweizer Neo-Banken – eine Übersicht der Kundenzahlen
In der folgenden Übersicht beschränken wir uns auf Neo-Banken, die in der Schweiz aktiv sind, ohne Verticals. Die aufgeführten Zahlen basieren auf den Angaben der einzelnen Neo-Banken. Die Definition von aktiven Kunden ist nicht bei allen Neos dieselbe, ausgewiesene Werte in der Schweiz bleiben jedoch bedingt vergleichbar.
Neo-Bank | Markteintritt | Kunden insgesamt | davon in der Schweiz |
Zak | März 2018 | 60'000 | 60'000 |
Neon | März 2019 | 160'000 | 160'000 |
Yapeal | Juli 2020 | keine Angaben | keine Angaben |
CSX | Oktober 2020 | 300'000 | 300'000 |
Yuh | Mai 2021 | 150'000 | 150'000 |
Ausländische Neos | Markteintritt | Kunden insgesamt | davon in der Schweiz |
Wise | März 2010 | 16 Millionen | keine Angaben |
Revolut | Schweiz 2017 | 30 Millionen | 600'000 |
N26 | Schweiz 2019 | 8 Millionen | keine Angaben |
Eine Einordung der ausgewiesenen Kundenzahlen
Die britische Challenger-Bank Revolut bleibt mit rund 600'000 Nutzerinnen und Nutzern der Platzhirsch in der Schweiz, obschon das FinTech in Helvetien nicht offiziell aktiv ist und keinerlei Marketingmassnahmen betreibt. Revolut hat den Vorteil der frühen Stunde auf seiner Seite, vor allen Schweizer Neo-Banken. Das FinTech ist mit der Idee der kostengünstigen Neo-Bank seit 2015 im Markt, in der Schweiz spürbar so etwa ab 2017. Die Challenger-Bank hat den Vorsprung genutzt, legt jedoch weiterhin stark zu – auch in der Schweiz.
Zak ist die erste Schweizer Digitalbank – sie wächst kontinuierlich, aber deutlich weniger schnell als ihre Mitstreiter Neon und Yuh. Die App hat innerhalb von gut fünf Jahren nach eigenen Angaben 60'000 Kunden.
Neon ist ein Jahr nach Zak gestartet und bedient nach gut vier Jahren im Markt 160'000 Kundinnen und Kunden. Damit ist Neon nicht die schnellstwachsende Neo-Bank, aber eine, die laufend eher stark zulegt. Im Vergleich mit Zak weist die ein Jahr jüngere Neo-Bank 100'000 Kunden mehr aus.
Die beeindruckenden Zahlen von CSX, der App von Credit Suisse, dürften zu einem beträchtlichen Teil aus konvertierten CS-Kunden bestehen, die sich auf eine günstigere Konto-Version umschreiben lassen. Das tut der erreichten Resonanz mit 300'000 Kundinnen und Kunden 33 Monate nach Markteintritt keinen Abbruch, erschwert aber den direkten Vergleich mit anderen Neo-Banken, die bei Null und ohne eigenes Reservoir von bankmüden Kunden gestartet sind.
Yuh, das autonome Startup der beiden Mütter Postfinance und Swissquote, ist der Schnellaufsteiger unter den Schweizer Neo-Banken. Das Startup hat in 26 Monaten 150'000 Kundinnen und Kunden an Bord geholt. Nach eigenen Aussagen ohne im grossen Stil von Abwanderungseffekten der beiden Mutterhäuser zu profitieren. Yuh wächst deutlich schneller als Neon und Zak. Das dürfte auch damit zusammenhängen, dass Yuh mit dem breitesten Angebot gestartet ist. Mit Investmöglichkeiten in Aktien und Kryptowährungen hat Yuh von Anfang an Unterschiede zu den bisherigen Schweizer Playern geschaffen.
Wie geht's weiter mit den Schweizer Neo-Banken?
Revolut dürfte den Spitzenplatz noch für längere Zeit behalten, auch wenn die Challenger-Bank (noch) nicht operativ in der Schweiz aktiv ist, der Vorsprung ist einfach sehr gross. Wie CSX sich entwickeln wird, hängt im Moment auch von der UBS ab, welche die ehemalige Credit Suisse neu strukturiert und organisiert.
Neon hat kürzlich die Möglichkeit des Aktienhandels aufgeschaltet und will für Kundinnen und Kunden in absehbarer Zeit auch den Handel mit Kryptowährungen öffnen. Dadurch könnte Neon weiterhin zulegen, bleibt jedoch mit den neuen Funktionen nicht exklusiv, Revolut, N26 und Yuh sind bereits länger mit im Spiel.
Yuh dürfte die Rolle des Schweizer Schnellaufsteigers verteidigen, behalten und hat alle Chancen, Neon bei der Zahl der Kundinnen und Kunden zu überholen. Die Neo-Bank bezeichnet sich selbst als die "Generation Alpha der Finanz-Apps". Diese selbstbewusste Ansage führt das FinTech auf die eigene Innovations-Freudigkeit und den technologischen Vorsprung von Yuh zurück. Ein Anspruch, den Yuh bisher erfüllt hat.
In diesem Punkt hat die Schweizer Neo-Bank Gemeinsamkeiten mit Revolut. Yuh hat das breiteste Angebot der Schweizer Neo-Banken und baut seine App mit neuen Features, Funktionen und Angeboten laufend und im Vergleich mit anderen Schweizer Mitbewerbern auch schneller aus.
Allerdings: Noch ist längst nicht aller Neo-Banken und Überraschungen Abend, zumal aktuell einige Verticals Anlauf holen und auch Big Techs dabei sind, ihre Rollen im Finanzbereich zu definieren und zu belegen.