Der Vorsorgemarkt der Säule 3a ist riesig und wächst weiterhin jedes Jahr. Mit verwalteten Vermögen von deutlich mehr als 120 Milliarden CHF teilen Banken mit etwa 63 Prozent und Versicherungen mit rund 37 Prozent den lukrativen Kuchen der Säule 3a unter sich auf. Mehrere FinTechs mischen mit, bewegen sich jedoch mit ihren Anteilen aktuell noch im tiefen einstelligen Prozentbereich.
Dass es dabei nicht bleiben soll, hat ZKB-Chef Martin Scholl vor einigen Monaten gegenüber der NZZ klargemacht. Längerfristig will die ZKB mit ihrem FinTech Frankly der relevanteste Player im Markt werden mit der Zielmarke von 10 bis 20 Milliarden Franken. Zahlreiche weitere FinTechs sind mit im Spiel und werden nicht tatenlos zuschauen. Der Markt ist gross genug, auch für neue Player, und die Proportionen dürften sich in den nächsten Jahren in Richtung der neuen digitalen FinTech-Anbieter verschieben.
Diese Ansicht teilen offenbar auch klassische Banken, insbesondere Kantonalbanken, die sich mit neu gegründeten FinTech-Töchtern im digitalen Vorsorgemarkt positionieren. Die ZKB-Tochter Frankly ist seit März 2020 aktiv im Markt, die GKB-Tochter Gioia 3a seit März 2021. Bereits angekündigt und teilweise noch in Entwicklung sind die 3a-Vorsorge-Apps der Luzerner Kantonalbank (Start 2022) und der St. Galler Kantonalbank (mit Denk3a seit Oktober 2021 im Markt).
Eine einheitliche Strategie verfolgen die verschiedenen Kantonalbanken nicht. Frankly, die Lösung der Zürcher Kantonalbank, gehört zu den Preisbrechern und ist auch in Auftritt, Ansprache und Angeboten deutlich progressiver aufgestellt als Gioia von der Graubündner Kantonalbank. Die App der Bündner kommt frisch daher, fährt jedoch in Sachen Gebühren und Anlagestrategien eher auf der traditionellen Schiene.
Digitale 3a-Vorsorge-Apps von FinTechs sind keine Selbstläufer
Was bei Anlegerinnen, Anlegern und Vorsorgesparern ankommt und was etwas weniger, entscheidet der Markt. Natürlich spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle, zum Beispiel Look und Komfort der App, Auswahl der Anlagestrategien, Gebühren, Marketing und mehr. Diese Unterschiede zwischen den einzelnen FinTech-Anbietern schlagen in Resultaten und Markterfolg jedoch deutlich stärker durch als vermutet. Konkrete Zahlen sind nicht von allen FinTechs erhältlich, dennoch zeigen sich erste Tendenzen. Dazu gehört, dass Gebühren in langfristigen Anlage- und Sparplänen eine eher grosse Rolle spielen dürften und das Skalieren offenbar deutlich beschleunigen können. Im Folgenden keine Beweisführung, aber aufgrund aktueller Nachrichten das Unterstreichen einer beobachteten Tendenz.
Wo steht Viac?
Der Pionier im digitalen Vorsorgesparen mit der Säule 3a, das FinTech Viac, ist nach vier Jahren mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 1.5 Milliarden Franken und mehr als 50'000 Kundinnen und Kunden unterwegs.
Gestartet im November 2017 hat Viac das weitgehend noch unbeackerte Terrain genutzt und ist schnell gewachsen. Das FinTech fällt durch laufende Pflege von App, Features und Angeboten auf. Viac gehört zu den Preisbrechern im 3a-Vorsorgemarkt.
Gebühren: 0.00 bis 0.53%
Wo steht Frankly?
Die Lösung der Zürcher Kantonalbank meldet aktuell, dass Frankly die Marke von 1 Milliarde Franken an verwalteten Kundenvermögen überschritten hat, die Zahl der Kundinnen und Kunden wird mit 49'000 angegeben.
Gestartet im März 2020 ist Frankly als eigenständiges FinTech unterwegs, profitiert in Sachen Möglichkeiten und Marketingpower jedoch von der starken Mutter ZKB. Frankly gehört zu den Preisbrechern im 3a-Vorsorgemarkt.
Gebühren: All-in-Fee: 0.45%
Wo steht Sparbatze?
Sparbatze hat in der Gründershow "Höhle der Löwen" Schweiz die Zahl der registrierten Kunden mit 450 angegeben, die Höhe der verwalteten Vermögen ist nicht bekannt. Der bisher überschaubare Kundenstamm zeigt jedoch, dass Vorsorge-FinTechs die Kunden nicht "einfach so" zufliegen.
Gestartet im September 2020 setzt das FinTech Sparbatze stark auf Themen-Anlagen in den Bereichen Umwelt, Mensch, Technologie und Finanzen. In den Gebühren liegt Sparbatze deutlich höher im Vergleich zu Frankly und Viac.
Gebühren: 0.39% Basisgebühr und 0.38 bis 0.50% Produktekosten
Wo steht Freya?
Das Vorsorge-FinTech Freya hat gestern gemeldet, dass es ein Jahr nach dem Start Ende 2021 seine Tore wieder schliessen wird. Seit der Lancierung hätten einige Hundert Kundinnen und Kunden gefunden werden können, dennoch sei das Anlagevolumen zu klein geblieben und eine weitere Finanzierung wäre notwendig. Offenbar fehlte dem FinTech die Kraft, um im Markt sichtbar zu werden und genügend Kundinnen und Kunden zu gewinnen.
Gestartet im November 2020 setzte das FinTech Freya stark auf Themen-Anlagen und nachhaltige Investitionen in den Bereichen Klima, faire Unternehmen, Energie sowie Gesundheit und Medizin. In den Gebühren liegt Freya deutlich höher im Vergleich zu Frankly und Viac.
Gebühren: 0.55% Basisgebühr und 0.30% Produktkosten plus Stempel- und Börsenabgaben
Fazit
Die vier FinTechs können nicht direkt verglichen werden, jedes Startup hat seine eigene Persönlichkeit und erzählt auch seine eigene Geschichte. Dasselbe gilt für die hier nicht aufgeführten 3a-Vorsorge-FinTechs, insbesondere Descartes Vorsorge und Selma. Diese sind jedoch etwas anders aufgestellt, weil die 3a-Schiene nur ein Teil des Gesamtangebots ist.
Pionier Viac als ältestes 3a-FinTech hat den zeitlichen Vorsprung genutzt und Frankly profitiert von der ZKB im Rücken. Der Vorsorgemarkt ist und bleibt jedoch sehr gross und ist längst nicht ausgereizt. Dennoch, die beiden jüngsten Player, Sparbatze und Freya, tun sich schwer beim Skalieren und haben Mühe, sich im Markt zu etablieren, was bei Freya zum Aus geführt hat. Das mag an unterschiedlichen Gründen liegen, ein Punkt dürfte jedoch generell mitspielen:
Jüngere Kundengruppen und auch wechselwillige ältere Kundinnen und Kunden vergleichen beim Vorsorgesparen Kosten und Gebühren. Viac und Frankly dürften, neben weiteren Faktoren, auch genau in diesem Bereich überzeugen. Zum einen verfolgen beide FinTechs aggressive Preisstrategien, zum anderen haben sie eine sehr einfache Gebührenstruktur, die ohne Taschenrechner auskommt. Die Gebühren liegen nicht nur extrem tief, die Kosten sind auch auf einen Blick ablesbar.
Gut möglich, dass eine einzige klare Zahl bei Gebühren-Dschungel-traumatisierten Kundinnen und Kunden, die nicht mehr in den Kategorien "plus" und "zusätzlich" denken und rechnen wollen, mit den Ausschlag geben kann, bei welchem Anbieter sie andocken möchten.