Bereits zum Start der Vorsorge-App Frankly hatte der damalige ZKB-Chef Martin Scholl klargemacht, dass die Säule 3a-Lösung der Zürcher Kantonalbank kein austauschbares Bankprodukt sein soll. Eigentlich überhaupt kein Bankprodukt, vielmehr eine Startup- und FinTech-Lösung, die in jeder Beziehung angreift. Das war im März 2020.
So geschah es auch. Frankly startete mit einer soliden App in smartem Visual und pflegte eine saloppe Sprache, die bei jungen Menschen ankommt. Das zuvor abgegebene Versprechen eines "radikal neuen Preismodells" – radikal ohne Wenn und Aber – wurde ebenfalls eingelöst: in Form einer All-in-Fee von 0.48 Prozent, die sämtliche Kosten beinhaltet. Kein Rechnen, keine Zuschläge, keine Zusatzkosten aus anderen Richtungen – wie angekündigt "ein einziger Preis für alles".
Die gewählte Form des Preismodells ist clever. Sie fokussiert auf junge Zielgruppen, die in Zeiten erhöhter Gebührensensibilität keine Lust auf komplexe Kostenstrukturen haben, die erst nach mehrfachem Studium verstanden werden. Ein einziger Preis für alles ist die einfachst mögliche Preisetikette, die von allen verstanden wird.
Frankly ist der Linie des Preisbrechers treu geblieben
Kurzfristig wollte Frankly mit tiefen Preisen und einer smarten, komfortablen App Terrain erobern. Der Mut zur Kannibalisierung im Hause ZKB hat sich gelohnt, drei Monate nach Start knackte das Community-Vermögen die Marke von 100 Millionen Franken und Anfang 2021 war das verwaltete Vermögen bereits auf 500 Millionen Franken angewachsen. Im gleichen Jahr, Ende 2021, wurde die erste Milliarde erreicht und Frankly hatte 49'000 aktive Kundinnen und Kunden an Bord seiner App.
Mit zum Preisbrecher-Modell gehörte von Anfang an: Frankly liess Kunden an erreichten Wegmarken mitprofitieren, indem die die All-in-Fee in Schritten reduziert wurde. Immer dann, wenn eine definierte Grösse an verwalteten Vermögen erreicht wurde. Das war bei 100 Millionen der Fall, bei 500 Millionen und dann auch bei der ersten erreichten Milliarde an Community-Vermögen. Lag die All-in-Fee zum Start 2020 bei 0.48 Prozent, waren die Gebühren Ende 2021 bereits auf 0.45 Prozent gesunken.
Wo steht die 3a-Vorsorge-App Frankly heute?
Im Januar 2024 meldet die ZKB die geknackte Marke von 2.5 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen. Mit dem Erreichen dieser Marke wird die All-in-Fee ein weiteres Mal reduziert, sie sinkt auf 0.44 Prozent.
Die aktuelle Zahl der Kundinnen und Kunden wird mit über 95'000 beziffert. Im Schnitt liegen damit die Einlagen pro Kunde bei gut 26'000 Franken.
Startups und FinTechs, die nicht unter dem Flügel einer grossen Bank segeln, brauchen sehr lange, um in die Nähe solcher Zahlen zu kommen. Frankly hat diese stolzen Werte in knapp vier Jahren geschafft. Mit dazu beigetragen haben sicher Synergie-Effekte, welche die Banken-Mutter und die FinTech-Tochter nutzen können. Dazu kommt die beträchtliche Marketing-Power, welche eine grosse Bank für ihren jüngsten Startup-Spross einsetzen kann.
Dennoch greift es zu kurz, wenn man den Erfolg von Frankly allein durch Geld und Grösse erklären wollte. Andere Banken und auch Versicherer stehen mit ihren Apps an einem ganz anderen Ort, Grösse und Finanzkraft allein haben nicht durchwegs die erhofften Resultate gebracht. Warum ist das bei der ZKB anders?
Warum ist Frankly erfolgreicher als die Apps anderer Banken?
Die Zürcher Kantonalbank hat 2020 eine mutige Entscheidung getroffen. Die ZKB ist nicht der Versuchung erlegen, eine bestehende hochpreisige 3a-Vorsorge-Lösung der Bank in ein hippes Gewand zu packen und damit einfach alten Wein in neuen Schläuchen zu präsentieren. Man hat über junge Kundengruppen und ihre Wünsche nachgedacht, sich an führenden FinTech-Lösungen orientiert und ein bemerkenswertes Preismodell lanciert, mit dem sich Frankly von Anfang als Preisbrecher positioniert hat.
Herausgekommen ist ein neu gedachtes Produkt, das bereits zum Start und auch danach in der Liga der erfolgreichen 3a-Vorsorge-Apps mitspielen konnte und weiterhin mitspielen kann. Der Mut zum Erfolg war offenbar grösser als die Angst vor Kannibalisierungs-Effekten, die im Mutterhaus zweifellos stattfinden. Die Strategie der tiefen Kosten ist beibehalten worden. Die All-in-Fee wird in Schritten reduziert und Frankly gehört damit zu den preisgünstigsten Anbietern im Markt. Dazu zählen nur eine Handvoll FinTech-Lösungen.
Inzwischen haben mehrere andere Kantonalbanken ihre 3a-Vorsorge-Apps in den Markt gestellt, um das Feld nicht kampflos der wachsenden Zahl von FinTechs zu überlassen. Die meisten dieser Apps sind jedoch in Auftritt, Ansprache und Angeboten deutlich weniger progressiv aufgestellt im Vergleich zur ZKB-Lösung. Zudem gibt's grosse Unterschiede in den Preis- und Gebührenmodellen. Frankly ist der einzige Preisbrecher im Lager der Apps von klassischen Banken und hebt sich als FinTech mit Startup-Denke von den meisten anderen Banken deutlich ab. Nicht allein aufgrund der tiefen Kosten, aber eben auch.
Gerade junge Kundengruppen vergleichen Apps, Leistungen, Komfort und auch Kosten. Die oftmals doppelt so hohen Kosten bei Banken-Apps, im Vergleich zur tiefen All-in-Fee von Frankly, sind schwer zu erklären. Deshalb kommen zahlreiche Apps nicht oder eher selten zum Zug. Gerade bei jungen Kundengruppen mit langen Anlagehorizonten können sich allein die Gebührenunterschiede in Form von mehreren zehntausend Franken ausdrücken, die im Alter zusätzlich zur Verfügung stehen – oder eben auch nicht.
Welche langfristigen Ziele steuert die ZKB mit Frankly an?
Längerfristig will die ZKB mit ihrem FinTech Frankly nach Aussagen ihres früheren CEOs Martin Scholl gegenüber der "NZZ" der relevanteste Player im Markt werden mit der Zielmarke von 10 bis 20 Milliarden Franken an verwalteten Vermögen. Die untere der genannten Zielmarken ist nach knapp vier Jahren zu einem Viertel in trockenen Tüchern.
Das Potenzial ist nach wie vor gross. Nach einer Erhebung des Vereins Vorsorge Schweiz wachsen in der Säule 3a die Kundenzahlen, die Depots und auch die Vermögen weiterhin kräftig. Zudem sind nur gut ein Drittel der Vermögen der dritten Säule in Wertschriften angelegt, knapp zwei Drittel liegen in Cashbeständen auf den Konten. Bei den digitalen App-Anbietern ist die Wertschriften-Quote gut doppelt so hoch. Auch hier dürften für FinTechs mit smarten Apps und überzeugenden Angeboten zusätzliche Chancen liegen, Cash-Vorsorge-Sparer zu 3a-Wertschriften-Sparern zu transferieren.