Autoren: Wanja Eichl von Blackfort Investment Partners und Eugen Stamm von Verve Ventures
Regelmässige und stabile Erträge. Danach suchen viele Anleger. Insbesondere auch in einem von geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheit geprägten Umfeld. Weltweit betrachtet sind die Inflationsraten hoch und viele Regionen und Länder dürften im 2023 wohl kaum um eine – zumindest moderate Rezession – herumkommen. Für viele Schweizer Anleger macht es in diesem Umfeld Sinn, sich verstärkt auf den Schweizer Heimmarkt und vor allem auch den starken Schweizer Franken zu fokussieren. Aber gerade auch im hiesigen Markt sind Anlageopportunitäten im festverzinslichen Bereich limitiert. Ein vielen noch weniger bekanntes und verhältnismässig kleines Segment sind Investitionen in immobilienbesicherte Kredite.
Klein ist in diesem Fall relativ: Immerhin wurden im Jahr 2021 418 Mio. CHF an neuen Immobilienkrediten via Schweizer Crowdlending-Plattformen vergeben gemäss einer Studie der Hochschule Luzern (Marketplace Lending Report Switzerland 2022). Das sind 40% mehr als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2017 – damals waren es 23 Mio. CHF – ein stolzes Wachstum. Gemessen an der Grösse des gesamten Schweizer Hypothekenmarktes, welcher sich auf insgesamt fast 1'200 Mrd. CHF beläuft und der zu 95% in den Händen der Banken ist (Quelle: SNB), ist diese Summe aber immer noch verschwindend klein.
Wie in vielen europäischen Ländern nimmt auch in der Schweiz die Zahl an Crowdlending-Plattformen zu. Von insgesamt 14 Plattformen bieten in der Zwischenzeit sechs immobilienbesicherte Kredite an. Ähnlich wie bei einer Bank werden die Kreditgesuche geprüft. Es werden Dokumentationen erstellt und wenn diese Prüfung durchlaufen ist, werden die Kreditprojekte auf den jeweiligen Websites der Plattformen publiziert. Anlegerinnen und Anleger können sich dann an den Projekten, welche sie für attraktiv befinden, beteiligen. Ein Kredit wird dann letztlich meist durch eine Vielzahl von Investoren finanziert. Die Betreiber der Plattformen sorgen üblicherweise für die Abwicklung der Transaktionen, die Rückzahlungen sowie auch das Mahnwesen. Diese Kreditplattformen sind also in erster Linie Technologieunternehmen. Anders als Banken, die Hypothekarkredite auf ihre Bilanz nehmen und über Spargelder finanzieren, investieren die Plattformen nicht selbst in die Kredite. Trotzdem sind sie aber daran interessiert, die Kredite vor deren Platzierung detailliert zu prüfen. Denn nichts treibt Investoren schneller zur Konkurrenz, die nur einen Mausklick entfernt ist, als sich häufende Kreditausfälle.
Meist handelt es sich bei diesen immobilienbesicherten Krediten um Überbrückungskredite mit relativ kurzer Laufzeit von 12 bis 24 Monaten. Florian Kübler, CEO und Mitgründer der Plattform Lend macht zwei Beispiele: Eine Frau, die in ihrem eigenen Haus in Genf wohnt, will eine Wohnung in Freiburg kaufen und umziehen. Sie hat bereits ein geeignetes Objekt gefunden und braucht Geld für den Kauf, während sich der Umzug und der anschliessende Verkauf des Hauses in Genf noch über eine Zeit hinziehen wird. Für diese Zeit nimmt sie einen Kredit auf der Plattform Lend auf, der mit 5% pro Jahr verzinst wird. Bei der kurzen Laufzeit fällt dies für die Kreditnehmerin nicht besonders ins Gewicht. Für Anleger hingegen ist das äusserst attraktiv. «Ich selbst investiere das Geld für die Ausbildung meiner Kinder auch so», unterstreicht Kübler.
Das zweite Beispiel ist ein Unternehmer, der bereits mehrere Immobilien besitzt und zur Sanierung eines neu erstandenen Mehrfamilienhauses Kapital benötigt. Banken belehnen Immobilienportfolios solcher Kunden typischerweise nur bis auf 65% des Wertes. Bei Kreditplattformen erhält der Kreditnehmer bis zu 80% des Belehnungswertes. Das bietet immer noch einen ausreichend hohen Risikopuffer. Zudem geben Kreditnehmer dieser Art oftmals eine Solidarbürgschaft ab, was die Sicherheit für die Investoren zusätzlich erhöht.
Solche Überbrückungsfinanzierungen dienen häufig auch der energetischen Sanierung von Eigenheimen, die von Banken bereits hypothekarisch belehnt sind oder aber auch der Renovation von Ferienhäusern sowie bereits in die Jahre gekommenen Objekten. Nach der Sanierung wird eine Neubewertung vorgenommen und die Banken sind dann gerne bereit, die Kredite zu refinanzieren. Insofern sind das – gerade in Zeiten, in welchen die Energiekosten vermehrt zum Thema werden – sinnvolle Projekte. Der Schweizer Gebäudebestand wird nachhaltiger und der Energieverbrauch kann gesenkt werden. «Immobilien-Crowdlending ist ein Geheimtipp, weil die Zinsen angesichts des Risikos eigentlich viel zu hoch sind», so Kübler.
Wie so oft beim Investieren ist es grundsätzlich zu empfehlen, nicht alle Eier in den gleichen Korb zu legen. Die Robustheit und auch die Planbarkeit der Erträge kann weiter erhöht werden, wenn in eine Vielzahl von immobilienbesicherten Krediten investiert wird. Der Diversifikationseffekt beginnt erst ab 20 bis 30 Positionen im Portfolio richtig zu spielen.
Während durch Diversifikation die Robustheit eines Gesamtportfolios von Immobilienkrediten deutlich erhöht werden kann, steigt damit einhergehend aber die Herausforderung in Bezug auf die Bewirtschaftung. Eine grosse Zahl an verhältnismässig kleinen Immobilienkrediten muss effizient bewirtschaftet werden. «Der Schlüssel ist Digitalisierung, nur so lassen sich solche Portfolios in ihrer vollen Granularität effizient managen», sagt Gregor Stadelmann, CEO und Mitgründer des Softwareunternehmens i2 group. Das Schweizer FinTech hat eine Softwareplattform entwickelt, welche auf täglicher Basis die relevanten Daten aufbereitet. Damit wird eine bisher unerreichte Einsicht in die Entwicklung von breit aufgestellten Kreditportfolios möglich. Insbesondere institutionellen Anlegern wie auch Asset- und Fondsmanagern wird dadurch ein wertvolles Tool zur Verfügung gestellt.
Das Geschäft mit Immobilienkrediten wird also gleich doppelt digitalisiert. Zum einen ermöglichen es Crowdlending-Plattformen, diese Kredite auf verschiedene Investoren aufzuteilen und damit bereits ab kleineren Investitionsvolumina investierbar zu machen. Zum anderen verhilft die Digitalisierung dabei, den Überblick zu bewahren und auch Portfolios mit einer Vielzahl an Krediten effizient zu bewirtschaften. Diese Kombination wird wohl dazu führen, dass in Zukunft noch viel mehr Gelder in diesen Bereich fliessen, was ihn auch für grössere institutionelle Anleger attraktiv machen dürfte. Auf jeden Fall handelt es sich um spannende Alternative für alle Anleger, welche zu den Kapitalmärkten unkorrelierte sowie regelmässige Erträge in CHF mit einem sehr guten Verhältnis von Rendite zu Risiko suchen.