Kosten für Compliance, Reputationsrisiken sowie auch sinkende Margen üben Druck auf das Korrespondenzbankgeschäft auf – trotz dessen zunehmender Marktgrösse. Wie kann Technologie wirkungsvoll dazu beitragen, das Gleichgewicht zwischen Risikominderung und Einbindung in das Finanzgeschehen wiederherzustellen?
Neue Möglichkeiten, aber auch neue Herausforderungen
Die breitere Verteilung des global erwirtschafteten Wohlstands beeinflusst den Finanzsektor in vielerlei Hinsicht. Gerade beim Korrespondenzbanksektor hat die Zunahme von lokalen Banken ihre Auswirkungen gezeigt und zu einer Erweiterung des Sektors geführt. Grosse internationale Banken stehen hier im Wettbewerb, für kleinere oder regionale Unternehmen die Infrastruktur bereitzustellen, mit denen Transaktionsdienste wie grenzüberschreitende Zahlungen erbracht werden können.
Dabei handelt es sich um einen Wirtschaftszweig, der auf Vertrauen aufbaut und ein Netzwerk benötigt, das dieses untermauert. Auf der anderen Seite müssen grössere internationale Banken darauf vertrauen können, dass die lokalen Banken, mit denen sie zusammenarbeiten und die möglicherweise einer weniger strengen Aufsicht durch örtliche Behörden unterliegen, dennoch standardmässige Compliance-Anforderungen erfüllen.
Es handelt sich um einen Wirtschaftszweig, der auf Vertrauen aufbaut und ein Netzwerk benötigt, das dieses untermauert
Lokale Banken müssen im Umkehrschluss darauf vertrauen können, dass internationale Bankenvermittler über ein belastbares Transaktionsnetzwerk verfügen, das sicher ist und einem hohen Volumen standhalten kann. Diese beiden Faktoren sind für Banken unerlässlich, um Kunden in Schwellenländern effektiv mit Finanzdienstleistungen versorgen zu können.
Geschwundenes Vertrauen
Jüngste Änderungen von Aufsichtsregeln wie der US-amerikanische Bank Secrecy Act sowie erhebliche Regelverletzungen und Vorfälle, bei denen Banken unvorbereitet und unwissentlich Betrugs- oder Drogenkartelle unterstützten, haben jedoch zu einer Minderung dieses Vertrauens geführt.
Tatsächlich gaben der Weltbank zufolge 75 Prozent der internationalen Banken zwischen 2014 und 2015 an, dass sie ihre Aktivitäten mit Korrespondenzbanken zurückfahren. Die Reputationsrisiken im Zusammenhang mit Geldwäsche, Betrug, Sanktionen oder Sicherheitsverletzungen – ganz zu schweigen von hohen aufsichtsrechtlichen Bussgeldern – und den damit verbundenen Compliance-Kosten führen dazu, dass Banken überaus vorsichtig sind, wo und wie sie ihre Dienstleistungen anbieten.
Dadurch haben manchmal ganze Regionen und Geschäftsfelder, die bisher von lokalen Banken betreut wurden, keinen Zugang mehr zu einem breiteren Leistungsspektrum. Einem typischen grossen globalen Finanzinstitut könnten auf diesem Weg beispielsweise Kosten von bis zu 25'000 US-Dollar pro Jahr nur für Compliance entstehen, um ein Bankkonto in einem anderen Land offen zu halten. Wenn zudem das geschäftliche oder politische Klima in diesem Land Gefährdungspotenziale aufweist, werden die entsprechenden Beziehungen oft beendet.
Ironischerweise widerspricht dieser Trend dem global angestiegenen Transaktionsvolumen
Nehmen wir zum Beispiel den Fall des internationalen Zahlungsverkehrs: Über 80 Prozent des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs über SWIFT werden von Banken abgewickelt, darunter 49 der 50 grössten weltweit. Dennoch ist der Zahlungsverkehr teilweise noch sehr langsam und dauert durchschnittlich fünf Tage. Darüber hinaus führt der Mangel an Zusatzinformationen für die Zahlungen bei 25 Prozent aller internationalen Zahlungen dazu, dass manuelle Nachbesserungen nötig sind.
Kann Technologie – angesichts der anhaltenden Globalisierung, die zu einem Anstieg des internationalen Handels und von Investitionen führt sowie die Nachfrage nach den damit verbundenen Dienstleistungen weltweit beflügelt – dazu beitragen, den Sektor wiederzubeleben, der darum kämpft, das Gefüge von Vertrauen und Leichtigkeit neu zu erfinden, das für ihn die Geschäftsgrundlage bildet?
Technologische Entwicklungen
Viele Vorgänge bei grossen internationalen Banken werden immer noch manuell ausgeführt. Die Einführung bestimmter Technologien birgt daher ein enormes Potenzial der Effizienzsteigerung und Prozessoptimierung in sich. Aus diesem Grund setzten einige Player auf Künstliche Intelligenz (KI) in Form von Smart Contracts, um den Fallstricken von Subjektivität zu entgehen und betrügerische Transaktionen zu erkennen, ohne dass eine menschliche Beurteilung erforderlich ist. Andere nutzen KI und Analytics auf Hyperkontext-Basis, um das Risiko von kriminellem Finanzgebaren zu reduzieren und ersetzen manuelle Bearbeitungen durch Transaktionsüberwachungstechnologien.
Auch die "Schienen" des Finanz-Ökosystems entwickeln sich weiter: Die Global Payment Innovation (GPI) von SWIFT wurde eingeführt, um der weltweiten Bankenszene internationale Zahlungen in Echtzeit zu ermöglichen, wobei GPI bis 2020 der Standard für alle grenzüberschreitenden SWIFT-Zahlungen sein soll. Um es in Relation zu setzen: In nur 15 Monaten wurden mit GPI bereits 25 Prozent des gesamten grenzüberschreitenden SWIFT-Zahlungsverkehrs abgewickelt.
Blockchain könnte auch im Bereich Korrespondenzbanken zu erheblichen Vereinfachungen führen
Blockchain könnte auch im Bereich Korrespondenzbanken zu erheblichen Vereinfachungen führen und sofortige sowie sichere grenzüberschreitende Zahlungen ermöglichen. Eine globale Bank hat kürzlich die weltweit erste kommerziell tragfähige Handels-Finanztransaktion mit Blockchain durchgeführt, die den Weg für eine viel breitere Akzeptanz ebnen könnte. Innovationen wie die oben genannten werden die dringend benötigten Verbesserungen in Bezug auf Geschwindigkeit, Integrität und Transparenz bringen und damit das gesamte Kundenerlebnis verbessern.
Ein Schlüsselfaktor ist hier die Zugänglichkeit: Wenn lokale Banken oftmals nicht unbedingt den Willen oder die Ressourcen haben, in Spitzentechnologie zu investieren, so müssen sie das auch nicht, wenn internationale Banken dies stattdessen tun. Diese kleineren Unternehmen hätten im Rahmen einer Korrespondenzbankbeziehung Zugang zu den Plattformen des grösseren Unternehmens. Internationale Banken verfügen über die Ressourcen, um Funktionen wie Smart Contracts an lokale Partner weiterzugeben und diese, bei gegebener richtiger Unterstützung, als entsprechende Mehrwertdienste abzurechnen. Höhere Gebühren für diese Art von Dienstleistung könnte auch dazu beitragen, das Problem der Rentabilität für internationale Banken zu lösen.
Neue Service-Modelle
Während die Anforderungen von Geschäftskunden steigen, kommen die Interaktionen, die grössere Banken den lokalen Partnern bieten, zunehmend zu kurz. Um lokale Partner zu motivieren, ihre Dienste wieder grossflächig in Anspruch zu nehmen, sollten grosse internationale Banken ihre Prozesse und Preismodelle variieren. Herkömmliche Geschäftsprozesse wie die Modernisierung von Scheckzahlungen sowie die Anpassung an heutige Kundenstrukturen scheitern daran, dass die Angebote mit zu hohen Compliance-Kosten verbunden sind. Könnten internationale Banken daher andere Preisstrukturen für ihre Dienstleistungen in Betracht ziehen und Modelle anwenden, die denen des Privatkundengeschäfts ähneln?
Einige grössere Banken bieten inzwischen beispielsweise spezifische Dienstleistungen rund um die Transaktionsüberwachung, das Dokumenten- und Vertragsmanagement sowie Finanzanalysen an. Dadurch wird die Erfahrung der lokalen Banken verbessert, und zwar durch kostengünstige mundgerechte Produkte, die ihren Bedürfnissen besser entsprechen. Damit können auch die Kosten für Service und Compliance gesenkt und gleichzeitig die Teilnehmer am Ökosystem befähigt werden, ihre Dienste variabel zu berechnen.
Lokalen Partnern wird damit ein nahezu iPhone-ähnliches Erlebnis geboten
Den lokalen Partnern wird damit ein nahezu iPhone-ähnliches Erlebnis geboten, da sie nicht so sehr für ein Produkt bezahlen, das weitgehend austauschbar ist, sondern vielmehr für die Art und Weise, wie es ihnen präsentiert wird. In der Bankenwelt könnte dies dazu führen, dass Gebühren auf dem Wert der Leistung beruhen, die von den grösseren globalen Banken bereitgestellt wird, anstatt auf einer Standardgebühr für jede Transaktion.
Kooperation als Schlüssel zum Erfolg
Auch wenn die Marktchancen auf den ersten Blick gross zu sein scheinen, könnten die Bedenken der jeweiligen Stakeholder verhindern, das Geschäftspotenzial des Korrespondenzbankgeschäfts in vollem Umfang zu realisieren. Internationale Banken wissen um Risiken wie Geldwäsche und auch die Aufsichtsbehörden benötigen die entsprechende Einsicht in die Vorgänge. Rechts-, Personal- und Risikoteams in den Banken technologische Innovationen schmackhaft zu machen, darin besteht die zusätzliche Herausforderung. Und das wird keine leichte Aufgabe sein.
Diese Hindernisse mögen wohl die potenziellen Einnahmen internationaler Banken schmälern, doch die Folgen für die fehlende Bereitstellung von Finanzmitteln sind gravierender, denn Grossteile der Bevölkerung in Regionen, die nicht mit Bankdienstleistungen versorgt sind, könnten vom Finanzsystem abgeschnitten werden, wenn ihre lokalen Banken nicht über die hierfür erforderliche Infrastruktur verfügen.
Der Schlüssel liegt darin, Banken, FinTech-Unternehmen, Berater und Aufsichtsbehörden an einen Tisch zu bringen
Der Schlüssel zur Lösung der Unwägbarkeiten, unter denen die Branche leidet, liegt darin, Banken, FinTech-Unternehmen, Berater und Aufsichtsbehörden an einen Tisch zu bringen, um einen ausgewogenen Ansatz zu entwickeln, der den Bedürfnissen aller Beteiligten gerecht wird. Schliesslich ist das Korrespondenzbankgeschäft im Grunde genommen ein von Menschen geführtes Geschäft, das auf Sicherheit, Berechenbarkeit und Servicequalität basiert.
Dank der Effizienzsteigerung durch Technologien wie KI und Analytics verfügen Banken und Aufsichtsbehörden über mehr Spielraum bei der Zusammenarbeit, um das Potenzial des Korrespondenzbankgeschäfts zu nutzen und damit die lokalen Banken in die Lage zu versetzen, auch ihren Kunden moderne Finanzdienstleistungen anzubieten.