Zahlungsverhalten

Schwindet die Liebe der Deutschen zum Bargeld?

Mann zündet Zigarre mit Euroschein an
Bild: selimaksan | Getty Images

Karte überholt Bargeld, sagt das EHI Retail Institute und belegt den Zieldurchlauf der Karten mit konkreten Forschungszahlen.

Die Autoren der Studie "Kartengestützte Zahlungssysteme im Einzelhandel 2019" von EHI Retail Institute stellen die Resultate des Zahlungsverhaltens im Jahre 2018 vor und stellen fest:

Der Umsatzanteil der Kartenzahlungen liegt mit 48,6 Prozent (209,2 Mrd. Euro) zum ersten Mal höher als jener der Bargeldzahlungen, der mit einem Anteil von 48,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein Minus von 1,7 Prozentpunkten verkraften muss.

Karte überholt Bargeld, aber nur beim Umsatz

Die Liebe der Deutschen zu Scheinen und Münzen zeigt allerdings nur bei den Umsatzanteilen erste Ermüdungserscheinen. Legt man die Zahl der Transaktionen zugrunde, brennt das Feuer der Liebe weiterhin lichterloh, rund drei Viertel der Einkäufe (74 Prozent) werden nach wie vor bar bezahlt.

Was jeder Schwedin und jedem Schweden ein ungläubiges "Betalar du fortfarande eller bor du redan?" (Zahlst du noch oder lebst du schon?) abringen würde, gehört in Ländern wie Deutschland und auch der Schweiz weiterhin zum Alltag. Auch hier mit sinkenden Anteilen, die sich allerdings sehr langsam bewegen und nach unten entwickeln.

Immerhin: Vorsprung beim Umsatz, wenn auch knapp und hauchdünn

Der Unterschied von 0,3 Prozent macht noch keinen wirklichen Bargeld-Ade-Frühling, ist aber schon mal ein Anfang. Und auch eine Premiere. Die Autoren der Studie führen im Weiteren aus, weshalb die Girocard punktet und wo die Kreditkarten bleiben.

Mobile Bezahlverfahren wie Apple Pay oder Google Pay finden nur gerade am Rande Erwähnung, weil die minimalen Messgrössen eben noch keine Schlagzeilen hergeben. Smartphone-Zahlungen und Mobile Payment-Anteile sind deshalb in der Grafik nicht separat ausgewiesen, sondern verstecken sich aktuell noch in der Abteilung "Kreditkarten".


Warum die Girocard punktet 

Der deutliche Anteilszuwachs der Girocard von 3,8 Prozentpunkten bzw. 19,2 Mrd. Euro gegenüber dem Vorjahr wird nach Ansicht der Studien-Autoren im Wesentlichen durch drei Einflussfaktoren bestimmt:

Nachdem die Gebührendeckelung zu einer Konditionenangleichung mit dem SEPA-Lastschrift-Verfahren geführt hat, ist das Girocard-PIN-Verfahren für Händler deutlich attraktiver geworden. Mehrere grosse Lebensmittelhändler haben daraufhin die Girocard-Anteile deutlich höher gewichtet oder sogar komplett von SEPA-Lastschrift auf Girocard-PIN-Verfahren umgestellt.

Im Gegensatz zum Lastschrift-Verfahren ermöglicht das PIN-basierte Zahlungsverfahren ein praxistaugliches kontaktloses Bezahlen. Kunden scheint diese praktische wie schnelle Alternative zu mehr Kartenzahlungen motiviert zu haben. Hinzu kommt, dass kontaktloses Bezahlen generell häufiger für Kleinbeträge genutzt wird.

Wo die Kreditkarten bleiben

Das kontaktlose Bezahlen verhilft auch den Kreditkarten zu Wachstum – wenn auch in bescheidenem Umfang. Sie konnten ihren Anteil von 6,5 auf 6,9 Prozent ausbauen. 29,8 Mrd. Euro wurden damit 2018 per Kreditkarte umgesetzt, ein kleinerer Teil davon bereits über mobile Bezahlverfahren wie Apple Pay oder Google Pay. Mit 28,2 Prozent Anteil liegt in den vom EHI untersuchten Unternehmen die Kontaktlosquote bei Kreditkartentransaktionen dabei noch deutlich über der stark angestiegenen Girocard-Kontaktlosquote von 21,2 Prozent.

In klassischen Bargeld-Ländern wie Deutschland oder auch der Schweiz müssen die kleinen Schritte gefeiert werden. Das war einer. Dennoch ein denkwürdiger – war doch bis anhin und sehr hartnäckig Bargeld in den vergangenen Jahren auch bei den Umsatzanteilen in Führung und ungeschlagener Meister.