Wir von der MoneyToday.ch-Redaktion haben uns zum damaligen Zeitpunkt lediglich darüber gewundert, wo die SIX in diesem Spiel bleibt, in dem die Deutsche Börse als Partner und Handelsplatz mitmischt. SIX, die mit ihrer Digital Exchange (SDX), der End-to-End-Plattform für digitale Vermögenswerte, damals schon am Ball war.
SIX wird Teil des Ökosystems für digitale Assets
Das Wundern hat ein Ende, SIX und die bestehende "Kollaboration" geben bekannt, dass SIX neu als Partner das wachsende Ökosystem verstärken wird. Das Gewicht und die Bedeutung dieser zentralen Botschaft sind in der Mitteilung mit der getitelten Ankündigung "SIX und Sygnum Bank beteiligen sich an Daura" beinahe verlorengegangen.
Dass SIX sich als Macherin in das Ökosystem "mittels einer Beteiligung an der Daura AG einfügt", darf als finanzieller und juristischer Akt verstanden werden. Wirklich wesentlich ist jedoch: SIX ist mit im Boot und verstärkt zusätzlich eine bereits gut aufgestellte und schlagkräftige Vereinigung. Ein Zusammenschluss von Partnern, die sowohl einzeln wie auch im Verbund in den letzten Monaten durch Leistungen und konkrete Resultate überzeugt haben.
Und wo bleibt die Deutsche Börse?
SIX gibt sich in ihrer Information insofern etwas sybillinisch, als sie ausführt, was die Deutsche Börse in Zukunft tun wird, ohne zu sagen, was die Deutsche Börse in Zukunft nicht mehr tun wird:
"Die Deutsche Börse wird ihre Expertise, mit der sie bislang den Aufbau des Schweizer Ökosystems aktiv unterstützt hat, jetzt in Projekte in Deutschland und der EU27 einbringen, die aufgrund neuer regulatorischer Entwicklungen möglich geworden sind"
Was heisst das nun – das eine tun und das andere nicht lassen? Oder für SIX den Platz räumen? Näheres zu diesem Punkt war heute von keinem der beteiligten Partner zu erfahren.
Wir schliessen daraus, dass der Börsenpartner-Part von der SIX übernommen wird und die Deutsche Börse nicht mehr als Partner des Schweizer Ökosystems agiert.
Die verschiedenen Partner, ihre Rollen und ihre Statements
SIX, Swisscom, Sygnum und die Startups Custodigit und Daura haben in den vergangenen Monaten intensiv am Aufbau von Ökosystemen für digitale Vermögenswerte gearbeitet. In dieser Zeit wurden an verschiedenen Fronten wichtige Fortschritte erzielt.
Swisscom, Daura, Custodigit, MME
Swisscom ist es zusammen mit Partnern und drei Banken im November 2019 gelungen, eine erste rechtlich verbindliche Wertpapiertransaktion mit Tokens abzuwickeln. Die technische Basis dafür wird von Swisscom in Zusammenarbeit mit Daura, Custodigit und MME entwickelt und betrieben.
Johannes Höhener, Verwaltungsratspräsident der Daura und Leiter FinTech bei Swisscom, zur neuen Konstellation:
Mit der Beteiligung von SIX und Sygnum an Daura und der zukünftig gemeinsamen Aufbauarbeit standardisieren wir die Tokenisierung von Schweizer Vermögenswerten – zudem besteht die Möglichkeit, dass sich SIX neben Post und Swisscom mit einem Engagement im Betrieb der privaten Blockchain «Consensus as a Service» einbringen kann
Sygnum Bank
Sygnum ist seit September 2019 als weltweit erste Digital Asset Bank operativ und beteiligt sich nun an Daura.
Mathias Imbach, Mitgründer der Sygnum Bank, zur aktuellen Entwicklung:
Die neue Beteiligung von SIX und Sygnum Bank an Daura steht repräsentativ für eine noch wirksamere Bündelung der Kräfte wichtiger Spieler im Schweizer Ökosystem digitaler Vermögenswerte – sie wird es uns ermöglichen, nachhaltige Standards für alle zu setzen
Weitere Details zur Positionierung und zu den Zielen von Sygnum gibt's im aktuellen Interview mit den Sygnum-Gründern Mathias Imbach und Manuel Krieger.
Daura
Daura bietet Unternehmen, die nicht börsenkotiert sind, eine Plattform für das digitale Aktienbuch und die Emission von Wertschriften-Tokens. Eine neu geschaffene Aktie wird dabei durch einen digitalen Token repräsentiert. Funktional ist der Token ein unveränderbarer digitaler Schlüssel, der direkt vom Unternehmen erstellt wird. Dies ermöglicht KMUs via Internet neue Investoren an ihrem Unternehmen zu beteiligen.
Peter Schnürer, CEO der Daura, fasst die Vorteile aus seiner Sicht zusammen:
Die grössten Profiteure eines funktionierenden Digital Asset Ökosystems sind am Ende die Anleger und Unternehmen – innerhalb weniger Stunden lassen sich Aktien von Schweizer KMU tokenisieren und nahezu in Echtzeit im Partnernetzwerk transferieren und abrechnen
SIX
SIX baut mit der SIX Digital Exchange (SDX) eine vollständig integrierte Finanzmarktinfrastruktur für digitale Assets auf. Sie wird Unternehmen die Möglichkeit bieten, digitale Wertschriften-Tokens zu emittieren. Gleichzeitig soll die SDX Handel, Abwicklung und Verwahrung von diesen digitalen Vermögenswerten in Echtzeit und in einem regulierten Rahmen erlauben. SIX ist in eine Kollaboration mit dem Technologiepartner R3 eingegangen, um diese Plattform zu realisieren. Der Prototyp der SDX ist seit September 2019 in Zusammenarbeit mit grossen internationalen Banken im Testbetrieb und geht voraussichtlich nächstes Jahr live.
Thomas Zeeb, Mitglied des SIX Executive Boards und für das gesamte Handels- und nachgelagerte Wertschriftengeschäft zuständig, zur Rolle der SIX und SDX:
«SDX wird als digitale Börse einen zentralen Teil der künftigen Schweizer Finanzplatzinfrastruktur bilden. Allerdings braucht jedes Ökosystem auch Teilnehmer, die verschiedene Rollen in dem System übernehmen. Die Beteiligung an Daura fügt sich perfekt in unsere Strategie ein, ein solches Ökosystem am Schweizer Finanzplatz aufzustellen. Die bei Daura emittierten Tokens von KMUs können so nahtlos und in Echtzeit über die SDX gehandelt, abgewickelt und verwahrt werden. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt hin zum Schweizer Ökosystem für digitale Vermögenswerte.»
Der wichtigste Punkt: Das Ökosystem für digitale Assets ist offen konzipiert
Die Zusammensetzung der aktuellen Partner ist nicht festgefügt und bleibt nicht in Stein gemeisselt, Raum für weitere Mitstreiter und Anbieter ist vorhanden. Ein zentraler Punkt, um das Ziel zu erreichen, das Luka Müller, Gründer und Partner von MME, kürzlich im Special "Zukunft Banking" formuliert hat:
Die Schweiz muss zum Digital-Asset-Zentrum der Welt werden
Müller vertritt explizit die Auffassung, dass nur ein offenes Ökosystem die Voraussetzungen für langfristigen Erfolg schafft und den Boden legt, um weitere Service-Anbieter ins Boot zu holen und auch zusätzliche Marktplätze im In- und Ausland einzubinden.