Mit dem Kryptohandel ist N26 nun seit gut einem Jahr im Geschäft. Seit Mitte dieser Woche können Kundinnen und Kunden der Berliner Neo-Bank N26 auch in Aktien und ETFs investieren. Das neue Produkt wird in Europa schrittweise eingeführt, die Erstversion ist für Nutzerinnen und Nutzer in Österreich geöffnet worden. Weitere Märkte und Länder werden folgen.
Der Handel funktioniert direkt in der gewohnten Umgebung der App, ebenso die Verwaltung des Wertschriften-Depots.
Angebot und Konditionen
Zum Start stehen die beliebtesten europäischen und US-amerikanischen Aktien und ETFs zur Verfügung. Das Angebot der Vermögenswerte soll eher schnell ausgebaut werden, N26 will in den kommenden Monaten auf über 1'000 Titel erweitern.
So wie die meisten Konkurrenten hält auch N26 die Eintrittshürden bewusst tief, Investitionen sind bereits ab 1 Euro möglich. Pro Transaktion wird eine fixe Fee von 90 Cents berechnet, weitere Gebühren sollen keine anfallen.
Sparen über Investitionen liegt im Trend, dem auch N26 folgen will. Die Neo-Bank verspricht, bald schon gebührenfreie Sparpläne aufzuschalten. Mit diesem Modell sind einige Neo-Banken und Neo-Broker seit längerem erfolgreich unterwegs. Insbesondere mit automatischen Sparplänen, bei denen wöchentlich oder monatlich wählbare und vordefinierte Beträge in bestimmte Aktien, ETFs oder auch in Kryptowährungen investiert werden.
Später Einstieg
N26 hat die Möglichkeit des Krypto- und Wertpapierhandels im Vergleich zu Konkurrenten erst sehr spät eingeführt. Auch heute trifft das Angebot jedoch auf eine relativ breite Kundenbasis und kann sich für die Neo-Bank auch als Spätanbieter rechnen.
Nimmt ein beträchtlicher Teil der aktiven Kundinnen und Kunden das neue Angebot an, generieren Aktien- und Kryptohandel laufend zusätzliche Umsätze und Einnahmen für N26. Diese Mehreinnahmen sind willkommen und auch notwendig, die Neo-Bank will nach eigenen Aussagen in der zweiten Jahreshälfte 2024 auf Monatsbasis profitabel arbeiten.
Das Mysterium um die Kundenzahlen von Neo-Banken
Apropos breite Kundenbasis: N26 weist seit längerem eine Kundenzahl von rund 8 Millionen aus, macht jedoch seit kurzem eine bemerkenswerte Unterscheidung. Bei der Präsentation des 2022er-Geschäftsberichts hat N26 die Zahl der ertragsrelevanten Kundinnen und Kunden mit 4 Millionen beziffert. Mit dieser Hälfte bezeichnet N26 die aktiven Kunden, welche den KYC-Prozess und die Kontoeröffnung abgeschlossen haben.
Diese neue Offenheit halbiert das Total der insgesamt ausgewiesenen Kunden. Bei der anderen Hälfte handelt es sich folglich um Karteileichen oder bestenfalls Interessenten. So oder so sind das inaktive User, welche die Registrierung nicht abgeschlossen und deshalb den Weg zu einem aktiven Konto nicht gefunden haben.
Die Frage stellt sich nun, ob dieses von N26 erstmals offengelegte Verhältnis von insgesamt ausgewiesenen und ertragsrelevanten Kunden auch bei anderen Neo-Banken die Regel sein kann. Bisher weisen nur wenige Neo-Banken aktive Kundinnen und Kunden explizit aus, die meisten beschränken sich auf die Nennung globaler Kundenzahlen, ohne einen Unterschied zwischen aktiv und damit ertragsrelevant oder gestrandeten Karteileichen zu machen.
Erzrivale Revolut zum Beispiel hat den seit zwei Jahren anhaltenden Aufenthalt von N26 im erzwungenen Trockendock mit der Wachstumsbeschränkung der BaFin genutzt, produziert heute nach eigenen Angaben monatlich nahezu eine Million Neukunden und weist ein globales Total von mehr 35 Millionen Kunden aus.
Sollte die N26-Regel in ähnlicher Ausprägung auch für Revolut gelten, wäre die Challenger-Bank mit monatlich höchstens 500'000 Neuzugängen und insgesamt knapp 18 Millionen "ertragsrelevanten" Kunden im Spiel. Das ist immer noch eine ganze Menge, aber eben nur die Hälfte.
Dass kommunizierte Kundenzahlen immer mit etwas Vorsicht zu geniessen sind, ist nicht neu. Müssen die genannten Zahlen jedoch jeweils gleich halbiert werden, wäre etwas zusätzliche Transparenz nicht falsch. Die neue Offenheit von N26 in diesem Zusammenhang kommt jedenfalls gut an – sie ersetzt Vermutungen und Spekulationen durch Fakten.