Multibanking ist die aktuell häufigste Form von Open Banking. Das hängt auch damit zusammen, dass Multibanking nicht erst seit der PSD2 ein Thema ist, sondern schon vorher zu den Möglichkeiten gehört hat, die von kundenorientiert denkenden Finanzdienstleistern angeboten worden sind.
Mit der PDS2 bekommt Multibanking allerdings mehr und mehr die Etikette eines Standards im Sinne von: Wenn sonst noch nicht viel möglich ist, wenigstens das sollte machbar sein. Multibanking ist für Nutzer insofern praktisch, als sie über ein einziges E-Banking und ein Login ihre sämtlichen weiteren Bankverbindungen im Blick haben.
Deshalb ist der Einfluss des Erstanbieters von Multibanking-Funktionen nicht zu unterschätzen. Ein Kunde loggt sich nur noch bei einer Bank ein, um auch sämtliche anderen Bankverbindungen managen zu können. Dadurch wird der Anbieter des Multibankings zur Hauptbank, er dominiert zwangsläufig die Kundenschnittstelle und wird zur "wichtigsten Adresse" für den Kunden.
Valiant realisiert Multibanking für KMU
In der jüngeren Vergangenheit schon mehrmals aufgefallen durch progressive Strategien, öffnet Valiant aktuell die Möglichkeit des Multibanking für ihre KMU-Kunden. Als weiteren Schritt in Richtung Open Banking will die Bank ihren Kunden das Finanzleben vereinfachen, indem der Gesamtüberblick über sämtliche Banken und Konten mit einem Login möglich wird – innerhalb des E-Banking von Valiant. Die Bank fasst ihren neuen Service und dessen Vorteile mit folgenden Aussagen zusammen:
Zahlungen über alle Konten hinweg suchen
Die Daten der verschiedenen Bankkonten werden über Nacht im Multibanking abgeglichen. Am Morgen sehen die Unternehmen ihre aktuelle Liquidität auf den verschiedenen Geschäftskonten im zentralen Finanzassistenten. Kunden können Kontoüberträge von den Drittbanken zu Valiant tätigen – und umgekehrt. Und sie können Zahlungen über alle angebundenen Konten hinweg suchen. Dank des integrierten Finanzassistenten, erhalten die KMU eine automatisierte Geldflussrechnung. So wissen Nutzer tagesaktuell, wie sich die Liquidität des Unternehmens entwickelt.
Einfache und intuitive Bedienung
Valiant verspricht Multibanking ohne Probleme, vor allem jedoch auch eine einfache und intuitive Bedienung. Technisch erfolgt die Verknüpfung der Drittbanken im Valiant E-Banking über die sichere Schnittstelle EBICS, die in der Schweiz bereits weit verbreitet ist (EBICS = Electronic Banking Internet Communication Standard). Entsprechend können KMU im Multibanking die Konten von diversen Banken anbinden.
Wer als Partner mit im Boot sitzt
Valiant hat Multibanking in Zusammenarbeit mit Contovista, Crealogix und Swisscom eingeführt. Gemeinsam haben diese Partner nach Aussagen von Valiant eine Innovation entwickelt, die in der Schweiz einzigartig ist und höchsten Sicherheitsstandards entspricht. So oder so will die Bank ihre Open Banking-Strategie weiterhin forcieren und macht mit Multibanking einen Schritt in diese Richtung.
Valiant CEO Ewald Burgener sieht Multibanking als wichtiges Zukunfts-Projekt mit zusätzlichen Dimensionen:
Mit Multibanking reagieren wir auf die starke Nachfrage von Unternehmen nach einer Gesamtsicht über ihre Konten. Gleichzeitig machen wir uns bereit für Open Banking, das immer mehr zum Thema wird. Diese Innovation stärkt unsere Positionierung als moderne Hauptbank für KMU.
Die Analyse vom IFZ der Hochschule Luzern
Prof. Dr. Andreas Dietrich vom Insitut für Finanzdienstleistungen Zug hat das Multibanking der Valiant einer genaueren Prüfung unterzogen und vergibt gute Noten. Dietrich vertritt auch die Ansicht, dass das Multibanking der Valiant den Kampf um die Kundenschnittstelle erhöhen wird – warum, erklärt er in einem ausführlichen Beitrag in seinem Blog, hier zu lesen.
Ebenso im Beitrag enthalten, was das Multibanking der Valiant kann und welche Drittpartner und Lösungen notwendig sind, um die Einbindung mehrerer Banken ins eigene E-Banking möglich zu machen.
Wermutstropfen und Killerfaktor Onboarding
Andreas Dietrich legt in seiner Analyse den Finger auch auf einen (noch) wunden Punkt des neuen Angebots von Valiant:
Der Prozess zum Einbinden von Drittbanken ins Valiant E-Banking ist eher aufwendig und komplex. Dietrich schätzt, dass ein KMU pro Bankbeziehung ca. 30 bis 60 Minuten investieren muss.
Bemerkung von unserer Seite zum Thema: So viel Geduld für eine einzige Anbindung wird kein KMU aufbringen.
Das gesamte Onboarding soll dann 1 bis 2 Wochen dauern – so viel Zeit ist offenbar notwendig, bis das entsprechende Drittbanking im E-Banking von Valiant aufgeschaltet ist (?). Als Grund für diesen langen Prozess benennt Dietrich auch den über den Postweg laufenden Prozess von EBICS. Im Moment sollen hier keine weiteren Optimierungen möglich sein (?).
Bemerkung von unserer Seite zum Thema: Setzt EBICS hier noch auf berittene Boten, denen das Pferd geklaut worden ist?
Gegenrezept und Angebot von Valiant
Auf Dauer ist dieses zähflüssige Onboarding mit Medienbruch und Postwegen sicher nicht die digitale Komfortlösung mit Zukunft. Die Stichworte "aufwendig und komplex" passen einfach nicht zu digitalen Angeboten, welche das Leben der Zielgruppen einfach machen sollen.
Valiant versucht jedoch, den Stolperstein und Killerfaktor mit einem Service-Angebot beiseite zu räumen:
Valiant übernimmt für KMU-Kunden den gesamten Onboarding-Prozess von Drittbanken – in der Startphase (während sechs Monaten) ist dieser Service kostenlos. Nach der Startphase verrechnet die Bank 100 Franken Umtriebsentschädigung für die Einrichtung von jeweils zwei Verbindungen.
Möglichkeiten und Grenzen von Open Banking in der Schweiz
Ziehen alle Banken und Drittanbieter am selben Strick, werden vorhandene Technologien genutzt, Standards harmonisiert und koordiniert aufeinander abgestimmt, dann sind die Möglichkeiten von Open Banking nahezu grenzenlos.
Davon sind wir in der Schweiz allerdings noch sehr weit entfernt. Im Gegensatz zur EU, welche der PSD2 unterliegt, bestehen bei uns keine einheitlichen Regelungen und Regulierungen, welche die Idee "Open Banking" befruchten und die Einführung gemeinsamer Lösungen forcieren.
Die Initiative von Valiant ist ein guter und wichtiger Schritt – allerdings könnte es in der Schweiz noch länger dauern, bis sich ein Nutzer seine gewünschte und individuelle Oberfläche der persönlichen Finanzen, Bankverbindungen und Features komfortabel selbst komponieren und auf dem Desktop "zusammenklicken" kann. Die Widerstände der Anbieter, die Kundenschnittstelle zu öffnen, sind noch deutlich grösser im Vergleich zur Einsicht, welche Chancen und Möglichkeiten gerade dadurch genutzt werden könnten.
Längerfristig wird's der Markt richten, konkret die erwachenden Wünsche und Forderungen von Bankkunden, welche sich inzwischen anderenorts Appetit holen. Die Initiativen und Angebote aus anderen Sphären nehmen sprunghaft zu, das bringt Kunden auf gute Ideen und lässt Wünsche eher schnell wachsen.
Auf Anbieterseite ist gut beraten, wer die Menükarte der neuen Finanzdienstleistungen intern spätestens dann geschrieben hat, wenn Open Banking von der Idee zum geforderten und genutzten Standard geworden ist.