Das FinTech Transferwise hat aktuell einen Sekundärverkauf von Unternehmensanteilen (Secondary Share Sale) in Höhe von 319 Millionen US-Dollar bekanntgegeben. Im Gegensatz zu Primärkapital (neue Investitionen mit frischem Kapital) ermöglicht ein Sekundärverkauf bestehenden Anteilseignern und Mitarbeitern, einen Teil ihrer Beteiligungen an neue oder bestehende Investoren zu verkaufen.
Mit D1 Capital Partners und Vulcan Capital sind zwei neue Investoren mit im Boot, die Aktionäre Baillie Gifford, Fidelity Investments und Local Globe haben ihre bestehenden Beteiligungen erweitert.
Der aktuelle Verkauf von Anteilen wurde über das Geschäftskunden-Produkt von Transferwise abgewickelt – das ist die momentan am schnellsten wachsende Produktsparte mit 10'000 neuen Geschäftskunden pro Monat.
Weil die Anteile zu höheren Preisen die Besitzer gewechselt haben, erhöht sich auch die Unternehmensbewertung, welche neu mit fünf Milliarden US-Dollar angegeben wird. Damit hat Transferwise die Bewertung innerhalb eines Jahres um 43 Prozent gesteigert.
Warum braucht Transferwise kein frisches Kapital?
Transferwise wächst weiterhin sehr schnell und expandiert laufend in weitere Länder. Auch die Schweiz steht auf der Expansions-Landkarte, im Mai 2020 hat das Unternehmen die "TransferWise Switzerland AG" gegründet und eintragen lassen, wir haben berichtet.
Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Unicorn FinTechs mit Milliardenbewertungen, operiert Transferwise in mehrfacher Hinsicht sehr erfolgreich und deshalb in einer komfortablen Situation: das FinTech arbeitet seit drei Jahren profitabel, finanziert das forsche Wachstum über die laufenden Einnahmen und braucht deshalb kein zusätzliches Kapital.
Daraus lässt sich unschwer schliessen: das ursprüngliche und laufend erweiterte Geschäftsmodell von Transferwise trifft und erfüllt ein Bedürfnis, funktioniert und kommt im Markt an. Deshalb gehört das inzwischen neun Jahre alte FinTech zu den erwachsenen Startups, das sehr schnell wächst, ohne Geld zu verbrennen.
Der Jahresumsatz im Fiskaljahr 2018/2019 ist um 53 Prozent gewachsen und lag bei 179 Millionen GBP, der Gewinn nach Steuern bei 10 Millionen GBP. Auf den neuen Geschäftsbericht 2019/2020 für das abgelaufene Fiskaljahr (bis 31. März 2020) darf man gespannt sein, der wird in wenigen Wochen vorliegen.
Das ursprüngliche und das erweiterte Geschäftsmodell
Mit seinem Geschäftsmodell hat sich das Unternehmen zum Ziel gesetzt, Geld weltweit so schnell und so einfach wie möglich zu bewegen. Während das FinTech anfänglich ausschliesslich Geldtransfers anbot, wurde das Angebotsspektrum in den vergangenen Jahren erweitert: Mit dem Multi-Währungs-Konto bietet Transferwise eine Alternative zu teuren internationalen Bankgeschäften und richtet sich vor allem an Expats, Freiberufler und Reisende.
Transferwise in aktuellen Zahlen
Auf Multi-Währungs-Konten von Transferwise befinden sich aktuell Kundeneinlagen in Höhe von zwei Milliarden britischen Pfund (2,2 Mrd. Euro). Seit 2018 wurden insgesamt eine Million Debitkarten herausgegeben.
Mehr als acht Millionen Kunden nutzen Transferwise derzeit und versenden jeden Monat grenzüberschreitende Zahlungen in Höhe von umgerechnet vier Milliarden britischen Pfund. Damit sparen die Nutzer nach Angaben des Unternehmens jedes Jahr rund eine Milliarde britische Pfund an Bankgebühren.
Transferwise fokussiert nicht nur auf Komfort und Gebühren, auch Tempo steht im Vordergrund. Um die 30 Prozent der internationalen Transfers erreichen den Empfänger in unter 20 Sekunden. Aktuell stehen rund 2'500 Währungsrouten und 54 Währungen zur Verfügung. An insgesamt 14 Standorten beschäftigt Transferwise weltweit über 2'200 Mitarbeitende.
Ein bemerkenswertes Statement von Kristo Käärmann
Kristo Käärmann, CEO und Mitgründer von Transferwise, zum Unternehmen, zu den Zielen und zu seiner Vision:
«Es wird viel über Einhörner gesprochen, aber wir bauen etwas noch Selteneres. Transferwise ist ein schnell wachsendes und profitables Unternehmen. Unsere Mission ist es, den besten Weg zu finden, um Geld weltweit zu bewegen – schnell, bequem, transparent und irgendwann möglicherweise kostenlos. Neun Jahre nach Gründung sparen unsere Kundinnen und Kunden jedes Jahr eine Milliarde Pfund an versteckten Gebühren. Das ist ein Anfang und trotzdem nur die Spitze des Eisbergs. Wir stehen noch am Beginn einer langen Reise.»
Käärmanns Pläne und Ziele sind nicht als Kampfansage an Banken zu verstehen, nur an Kosten und an Gebühren. Letztere sind schon drastisch gefallen. Und Banken, welche ihren Kunden zusätzliche starke Services anbieten möchten, sind bei Transferwise als Partner jederzeit willkommen. Aktuell nutzen bereits zehn Banken über APIs die Technologie von Transferwise, auch diese Zahl wird steigen.