FinTechs wie Klarna, Affirm, Ratepay, Scalapay und andere sind mit "Buy Now, Pay Later" (BNPL) schnell gewachsen und gross geworden. Big Techs wie Amazon oder PayPal sind ebenfalls mit im Spiel, Apple hat den Einstieg auf Herbst 2022 angekündigt, klassische Banken sind bisher eher zurückhaltend geblieben. Die Deutsche Bank springt in die Lücke und entwickelt eine eigene BNPL-Bezahllösung für E-Commerce und digitale Marktplätze.
Dass ausgerechnet die Deutsche Bank in diesem Bereich aktiv wird, kommt nicht von ungefähr. Bereits im März haben wir über die Initiative des digitalen Finanzhauses berichtet, das Unternehmen Finanz-Services anbieten will, die sich "spielend einfach integrieren" lassen, hier. Und warum klassische Banken generell BaaS und Embedded-Finance-Lösungen anbieten sollten, thematisieren wir immer wieder mal, zum Beispiel hier und hier.
Die BNPL-Lösung der Deutschen Bank
Die Deutsche Bank entwickelt ihre eigene BNPL-Lösung (Buy Now, Pay Later) für Rechnungs- und Ratenkäufe in Kooperation mit dem spezialisierten Wiener BaaS-FinTech Credi2 als Technologie-Partner. Im Gegensatz zu zahlreichen anderen Anbietern setzt die Bank dabei auf eine White-Label-Lösung für Online-Händler und E-Commerce-Marktplätze in Deutschland. Das heisst konkret: Händler und Marktplätze können die Embedded-Finance-Lösung der Bank flexibel in ihre eigenen Zahlungs- und Checkout-Prozesse integrieren, das BNPL-Angebot segelt unter ihrer eigenen Marke.
Damit will die Deutsche Bank nach eigenen Aussagen eine echte Alternative zu bestehenden BNPL-Angeboten schaffen. Kilian Thalhammer, Leiter Merchant Solutions bei der Deutschen Bank, fasst einen zentralen Vorteil der BNPL-Lösung mit folgenden Worten zusammen:
Anders als bei den meisten BNPL-Angeboten behalten Händler durch den White-Label-Ansatz die volle Kontrolle über die Transaktionen mit ihren Neu- und Bestandskunden
Die Deutsche Bank stellt dazu ihren Kunden ein Händlerportal zur Verfügung, über das Marktplätze und Händler sowohl Retouren als auch die Teilzahlungen der Transaktionen digital nachverfolgen können.
Liquidität für Händler, Risiko bei der Bank
Die Deutsche Bank wirft mit ihrer BNPL-Lösung ein weiteres, grosses Stück Zucker für Händler in die Waagschale: Marktplätze und Händler profitieren von einem Liquiditätsvorteil, das Risiko liegt bei der Bank. Der Kaufpreis wird gleich nach der Bestätigung des Warenversands dem Händlerkonto gutgeschrieben. Dabei bewertet die Deutsche Bank das Zahlungsausfall- und Betrugsrisiko in Echtzeit und übernimmt die aus dem jeweiligen Kaufvertrag entstehenden Forderungen in das eigene Risikoportfolio.
Das Argument der erhöhten Liquidität dürfte mit dazu beitragen, das Händler und Markplätze einen interessierten zweiten Blick auf das Angebot der Deutschland Bank werfen.
Gute Idee oder falscher Zeitpunkt?
"Buy Now, Pay Later"-Lösungen sind deshalb erfolgreich, weil Kundinnen und Kunden direkt im Shopping-Prozess die Option der Ratenzahlung wählen können. Die Variante der aufgeteilten Zahlungen kommt gut an, das zeigen zum Beispiel die Zahlen von Juniper Research: lag der BNPL-Markt nach Erhebungen der Marktforscher 2021 bei 266 Milliarden US-Dollar, soll das Volumen im Jahr 2026 bei 995 Milliarden Dollar landen.
Dass die Bewertungen der speziialisierten BNPL-FinTechs im Moment in den Keller gehen, hängt mit steigenden Zinsen, höheren Refinanzierungskosten und neuen Vorgaben von Regulatoren (die sind aktuell in Vorbereitung) zusammen, ändert jedoch nichts am Bedürfnis wachsender Kundengruppen, Ratenzahlungen in Anspruch nehmen zu können. Rechnungs- und Ratenkauf sind gefragte Optionen und werden es auch bleiben. Zudem, werden die regulatorischen Vorgaben für Konsumkredite und Ratenzahlungen verschärft, sind Banken gegenüber FinTechs deutlich im Vorteil, sie erfüllen die zu erwartenden Regularien heute schon.
So gesehen ist der Einstieg der Deutschen Bank in den BNPL-Markt eine sehr gute Idee. Zumal die Bank den Service als flexible Embedded-Finance-Lösung für Händler und Plattformen anbietet, welche die gefragte Bezahllösung unter eigenem Namen schnell und einfach in ihre bestehenden Zahlungs- und Checkout-Prozesse integrieren können. Eine Option, die erwiesenermassen Kundenbindung schafft und für Händler zu Umsatzsteigerungen führen kann.
Und der Zeitpunkt? Der ist heute so gut gewählt wie gestern – übermorgen könnte etwas spät sein, weil Big Techs bereits im Spiel sind oder gerade im Begriff, Terrain zu besetzen. Die Deutsche Bank will mit Pilotprojekten bereits im laufenden Jahr starten.