Gestern hat die Challenger-Bank N26 eine Erweiterung der aktuellen Series-D-Finanzierungsrunde gemeldet. Die Anfang 2019 mit 300 Milionen US-Dollar gestartete Runde, ist bereits Mitte 2019 um 170 Millionen US-Dollar erweitert worden. Mit den von durchwegs bestehenden Investoren nachgeschossenen 100 Millionen hat sich die Series-D-Finanzierung nun auf insgesamt 570 Millionen US-Dollar erhöht.
Wie kommt's?
Nach Angaben von N26 haben sich "alle grossen Investoren" an der aktuellen Runde beteiligt. 100 Millionen sind eine stolze Summe, der Betrag liegt jedoch deutlich tiefer als die vorangegangen Runden und nimmt sich im Vergleich zurm letzten Funding von Revolut im Februar 2020 mit gigantischen 500 Millionen US-Dollar fast schon bescheiden aus.
In Zeiten von Corona sind auch Challenger-Banken von sinkenden Erträgen betroffen, wir haben kürzlich berichtet. Ein konkreter Artikel der Financial Times (Paywall) zu den negativen Auswirkungen auf N26 ist allerdings von Georg Hauer, General Manager DACH bei N26, kurz danach relativiert worden, unter anderem mit dem Statement:
«N26 ist von COVID-19 deutlich weniger betroffen als andere Unternehmen. Anfängliche Umsatzeinbussen durch niedrigere Konsumausgaben werden bereits durch die weiterhin sehr stabilen Neukundenzuwächse kompensiert.»
Ob der überraschende Zeitpunkt und die Begleitumstände auf eine notwendige Überbrückungs-Finanzierung hinweisen oder ob das frische Kapital als zusätzlicher Verstärker für Konsolidierung, Expansion oder beides gedacht ist, spielt allerdings im Ergebnis keine Rolle. Die erfreuliche Massnahme zeigt: die Investoren sind vom Kurs des FinTechs überzeugt und bereit, auch in schwierigen Zeiten Kapital nachzulegen.
N26 gibt an, dass die Unternehmensbewertung "trotz der aktuellen Situation an den weltweiten Börsen stabil bei 3,5 Milliarden US-Dollar bleiben" würde. Damit, so N26, "verfügt das Unternehmen nicht nur über eine der höchsten Bewertungen, sondern auch über eine der besten Finanzierungen aller europäischen Fintechs".
Die Pläne von N26
Mit den zusätzlichen 100 Millionen US-Dollar will N26 seine Produktentwicklung noch schneller vorantreiben und das Wachstum in den Kernmärkten weiter ausbauen. Valentin Stalf, Co-Founder und CEO von N26, verweist auf «einen enormen Schub», den digitales Banking in den vergangenen Wochen erfahren habe und schliesst daraus: «Immer mehr Menschen verzichten auf Bargeld, bezahlen kontaktlos und nutzen digitale Angebote. Dieser Trend wird sich weiter fortsetzen. Als eine der weltweit führenden mobilen Banken gestaltet N26 diesen Wandel massgeblich mit.» Selbstbewusst doppelt Stalf nach:
Wir sind davon überzeugt, dass Europa mit N26 die digitale Innovation im Bankenbereich weltweit führen kann
In den kommenden Monaten will N26 weiter in den Ausbau der 24 europäischen Märkte sowie der USA investieren – dort, so N26, "ist das Unternehmen aktuell die erfolgreichste europäische Challenger-Bank". Eine Bemerkung mit einem gewissen Charme, zumal die Zahl der europäischen Disruptoren in den USA noch sehr überschaubar ist und für die einheimische Konkurrenz vorderhand kaum spürbar sein dürfte. Aber das kann und soll sich ja ändern.
Darüber hinaus unterstreicht N26 nochmals die Vorbereitungen für den nächsten Markteintritt, derzeit beantragt die Challenger-Bank eine FinTech-Lizenz in Brasilien. N26 hat kürzlich gegenüber unserer Redaktion den geplanten Start 2021 bestätigt.
Neue Kundensegmente auf dem Radar?
Eine aktuelle Analyse von N26 zeigt, dass digitales Banking für immer mehr Menschen relevanter wird: Über 65-Jährige geben aktuell bei N26 so viel Geld für Online-Einkäufe aus, wie noch nie zuvor. Jede fünfte Transaktion erfolgt in dieser Altersgruppe mittlerweile online.
Das muss nicht bedeuten, dass N26 nun in die Gruppe der älteren Generation investiert. Die im Zuge der Corona-Krise generellen Verhaltensänderungen breiter Gruppen führen jedoch in zahlreichen Bereichen für viele Menschen zu neuen Komfort-Erlebnissen – und damit auch zu einer Gewöhnung. Von diesen Effekten wird N26 profitieren können, so wie andere FinTechs und Dienstleister auch.
Wer sich in Leistung und dann auch in Marketing und Kommunikation in nächster Zeit gut positioniert, wird auffallen und kann sich einen Vorsprung sichern. Gerade bei Gruppen und Segmenten, die in der Vergangenheit noch nicht reif für die Angebote von Challenger-Banken waren.