Dass charismatische Persönlichkeiten oder Figuren mit hoher Bekanntheit die Kurse von Bitcoin und anderen Assets beeinflussen, ist bekannt. Im Falle von Bitcon spätestens seit den Eskapaden von Elon Musk. Noch vor zwei, drei Jahren führte jede unbedachte oder beabsichtigte Bemerkung des egozentrischen Gamblers zum Krypto-Universum zu Höhenflügen oder zu Kursstürzen von Bitcoin und Dogecoin.
Das war noch weniger die Schuld von Musk, der hat lediglich mit seinen Möglichkeiten gespielt. Die Masse der Kleinanlegerinnen und Kleinanleger hat für Kursbewegungen gesorgt. Hängen Gläubige in grosser Zahl an den Lippen ihres Idols, führen massenhafte Verzückungs-Käufe und Panik-Verkäufe zwangsläufig zu Ausschlägen bei den Kursen.
Bitcoin-Einheizer Donald Trump
Eine ähnliche Rolle hat der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump besetzt, als er an der Bitcoin-Konferenz in Nashville Ende Juli das Blaue vom Bitcoin-Himmel versprochen hat. Er hat sich als Bitcoin-Präsident positioniert und will die USA zur Bitcoin-Nation machen, wir haben berichtet, hier.
Was für Trump als strategischer Teil seiner Wahlkampf-Kampagne zusätzliche Stimmen aus der Krypto Community bringen sollte, hätte im November 2024 bei der Wahl genau das bewirken können. Die Community in Nashville und weit darüber hinaus war begeistert, mochte dem Noch-nicht-Präsidenten jedes seiner kurstreibenden Versprechen glauben und war angetan von der Ausssicht, dass in Zukunft ein Bitcoin-Präsident im Oval Office sitzen würde.
Offener Ausgang der Wahlen mit intakten Chancen für Kamala Harris
Sahen viele für die Präsidentschaftswahlen im Herbst – mit den Kandidaten Biden und Trump – den Republikaner bereits als Sieger, hat sich das Blatt inzwischen gewendet.
Die überbordende Euphorie der Bitcoin Community hat sich mit der Nominierung von Kamala Harris als demokratische Präsidentschaftskandidatin wieder gelegt. Die Ausgangslage hat sich für Trump verändert, der Weg ins Weisse Hause ist mehr als nur der erwartete Spaziergang, in dem Trump an Biden hätte vorbeiziehen wollen. Harris legt in den Umfragen zu, insbesondere auch in den wichtigen Swing States.
Ein Wahlsieg der Demokraten ist mit Kamala Harris wieder denkbar geworden. Harris wäre keine erkärte Bitcoin-Präsidentin. Sie würde auch nicht als erste Amtshandlung den krypto-kritischen SEC-Chef Harry Gensler entlassen. Ihre Position gegenüber der Kryptobranche ist, im Gegensatz zu Trump, bisher nicht so klar definiert. Sicher aber ist, Harris wäre keine willfährige Präsidentin, die der Kryptobranche jede gewünschte Gefälligkeit erweisen würde.
Die Bitcoin Community zwischen Euphorie und Ernüchterung
Mit dieser neuen Ausgangslage haben Donald Trumps Ankündigungen und Versprechen vorerst an Strahlkraft und Wirkung verloren. Kann der gefeierte Bitcoin Buddy nicht ins Weisse Haus einziehen, werden sich auch die kühn geträumten Vorstellungen von Teilen der Bitcoin-Gemeinde nicht erfüllen.
Die Begeisterung der Bitcoin Community hat mitgeholfen, den Bitcoin-Kurs Ende Juli auf 70'000 US-Dollar zu hieven. Die Ernüchterung derselben Community hat mitgeholfen, den Kurs gestern bis auf 58'000 Dollar zu drücken.
Die aktuelle Kursentwicklung hängt nicht nur mit Trumps Versprechen zusammen, Zinserwartungen und makroökonomische Entwicklungen sind mit im Spiel. Aber die Erwartungen und Enttäuschungen rund um Trump waren mitprägende Faktoren.
Lässt sich aus dieser Geschichte etwas lernen?
Wenn man will, lässt sich einiges aus dieser Geschichte lernen. Allerdings ohne den Anspruch auf Nachhaltigkeit. Diese Geschichte wird sich in ähnlicher Form mit anderen Protagonisten wiederholen. Trotzdem ein kurzer Erklärungsversuch.
Bitcon und andere Kryptowährungen stehen heute auf einem stärkeren Boden als noch vor wenigen Jahren. Dennoch sind Krypowährungen nach wie vor sehr volatil. Diese Volatilität wird getrieben durch Ereignisse und durch makroökonomische Entwicklungen und Einflüsse, die bei Kryptowährungen häufig noch deutlich stärker ausschlagen als bei anderen Assets. Diese Faktoren sind oftmals schwer oder auch gar nicht vorhersehbar.
Dazu kommen Geschichten, wie die soeben beschriebene, welche die Kurse massiv beeinflussen können. Diese Geschichten sind jedoch anders zu bewerten als übergeordnete makroökonomische Entwicklungen oder nicht vorhersehbare Ereignisse.
Gegen die Kursausschläge als Resultat solcher Geschichen sind Anlegerinnen und Anleger deutlich besser gewappnet, wenn sie wachsam bleiben. Weil die Bewegungen nach oben und nach unten oftmals vorher erkennbar sind. Wichtigstes Merkmal: Stehen einzelne Personen im Zentrum oder als Auslöser einer Kursentwicklung, ist Vorsicht angebracht. Auf eine einfache Formel gebracht, lässt sich folgendes festhalten:
Heilsbringer, Kurspropheten und Glücksritter bringen mit ihren Versprechungen keine nachhaltigen Renditen, sie verführen gutgläubige Anlegerinnen und Anleger lediglich zu unüberlegten Investitionen. Ist die Zahl der Anleger, welche irgendwelchen Versprechen glauben, gross genug, werden die Kurse kurzfristig steigen. Erweisen sich diese Versprechen als falsch oder nicht einlösbar, gerät die Herde in Panik, wirft ihre Assets auf den Markt und die Kurse werden fallen.
Um im Bild der aktuellen Geschichte zu bleiben: Donald Trump macht Wahlkampf. Eine euphorische Community nimmt den Ausgang der Präsidentschaftswahlen vorweg und treibt die Kurse nach oben. Kamala Harris hatten dabei weder Trump noch die Community auf dem Zettel. Es wären auch andere Ereignisse denkbar gewesen, welche Trumps Versprechungen pulverisiert hätten. So oder so, die überzogenen und verfrühten Erwartungen weichen Ernüchterung, im Resultat rauschen die Kurse wieder nach unten..
Der Ausgangspunkt als möglicher Lerneffekt bleibt jedoch bestehen: Eine einzelne Person macht grosse Versprechungen, die Community steigt erfreut darauf ein. Daraus lässt sich eine einfache Regel ableiten: Stellen sich einzelne Personen wie Heilsbringer, Kurspropheten oder Glücksritter an die Spitze der Karawane – in diesem Fall ein Wahlkämpfer mit erkennbaren Absichten – sollte man sich nicht allein durch deren Versprechungen beeindrucken lassen. Strohfeuer brennen heftig, aber eben nur sehr kurz. Die Kürze reicht jedoch, um sich kräftig die Finger zu verbrennen.