Nach der Slowakei ist Deutschland erst das zweite europäische Land, in dem der Technologie-Gigant mit Google Pay startet.
Auch mit dem Vorgänger, Android Pay, hat Google in Europa erst sehr dünn Terrain besetzt und ist nur in einer Handvoll Ländern vertreten.
Es spricht allerdings vieles dafür, dass sich das in nächster Zeit ändern könnte. Einige Überlegungen zum Thema.
Google Pay im Umfeld von unmotivierten Konsumenten, nicht genutzten Potenzialen und angriffslustigen Konkurrenten
Die strategischen Ansätze, die wir im Folgenden als Gedankenmodell grob skizzieren, betreffen oder beschäftigen in unterschiedlicher Ausprägung alle Anbieter und Big Techs.
Die missionarische Aufgabe
Das Transaktionsvolumen mit mobilen Zahlungen erhöht sich jährlich, wenn auch (noch) nicht in gigantischen Ausmassen, ist jedoch sehr unterschiedlich auf verschiedene Länder verteilt. Während Mobile Payments in nordischen Ländern längst schon zum Alltag gehören, geben Konsumenten im deutschsprachigen Raum nach wie vor Bargeld und Karten beim Bezahlen den Vorzug.
In zahlreichen europäischen Ländern ist das Bezahlen übers Smartphone aktuell noch weniger eine Frage von bestimmten Anbietern und ihren Lösungen, so weit sind die bisher abstinenten Nutzer noch gar nicht. Konsumenten sind nicht empfänglich für Anbieter, Methoden und feine Unterschiede, solange sie den Komfort des mobilen Bezahlens für sich selbst noch gar nicht entdeckt haben.
Deshalb sind im Moment sämtlicher Anbieter dazu verdonnert, das Terrain gemeinsam zu ebnen, um den bisher ausgebliebenen Durchbruch zu beschleunigen und zu provozieren. Das ist die zentrale missionarische Aufgabe, die ein einzelnen Anbieter allein nicht stemmen kann – oder bisher jedenfalls nicht stemmen konnte. Natürlich spielt jeder für sich, nur kann das System XY nicht überzeugen, wenn es noch gar nicht um Systeme geht, sondern vielmehr um ein grundsätzliches Verhalten.
Bereit sein, wenn die Post abgeht
Klar ist, dass sich mobile Bezahlmethoden durchsetzen werden – unklar ist, wann. Der unmittelbar bevorstehende Durchbruch wird seit Jahren mit kühner Regelmässikeit durch wechselnde Studien prognostiziert, die Revolution hat bisher nicht stattgefunden. Irgenwann wird sie jedoch ausgerufen und die Transaktionvolumen steigen sprunghaft an – wer dann nicht bereits präsent ist, wird einen schweren Stand haben.
Für alle anderen gilt: jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sich aus dem Kreis der Missionare mit einer gemeinsamen Aufgabe zu verabschieden und nur noch mit den eigenen Pferden das Rennen zu bestreiten.
Aus einer starken Position heraus den Aufschwung nutzen
Eine starke Position haben jene Anbieter, die in Sachen Markt, Partner, Kooperationen, Handel, Unterstützer, Kommunikation und Systeme schon längst bereit und aktiv waren, bevor der Durchbruch stattgefunden hat. Diese Anbieter können den Aufschwung für sich nutzen, an Stellschrauben drehen, partiell verstärken und skalieren. Wer jetzt noch erfinden muss, hat den Zug verpasst.
Mit der richtigen Lösung überzeugen
Welches die richtige Lösung ist, werden Markt und Konsumenten entscheiden. Starke Vorlagen könnten hier von Alipay kommen, möglicherweise auch von Wechat Pay. Apple Pay weiss, wie Komfort auf dem Smartphone ausgelegt sein muss, Google Pay ist für Überraschungen gut, Samsung Pay wird nachziehen, Twint ist bis dahin möglicherweise europaweit im Einsatz und auch weitere Anbieter können für Überraschungen sorgen.
Mit Komfort und Vielseitigkeit punkten
Ohne die richtige Lösung heute schon zu kennen, vorne mitspielen werden jene Anbieter, die innerhalb von Ökosystemen vieles möglich machen und sich nicht auf reine Bezahlfunktionen beschränken. Bezahlen kann man mit Karten heute schon schnell und komfortabel und "nur" Bezahlen auf dem Smartphone mag minimal komfortabler sein, weil die physische Karte wegfällt und virtuell im Handy integriert ist – dieser kleine Fortschritt hat jedoch nicht das Potenzial, in absehbarer Zeit Massen zum Umsteigen zu bewegen.
Bisher hat's keine der zahlreichen Lösungen geschafft, wirkliche und grosse Bewegung in Märkte und Zielgruppen zu bringen. Das liegt möglicherweise nicht nur daran, dass Konsumenten Bargeld lieben und gerne mit Karten bezahlen – vielleicht war einfach noch nicht die Lösung dabei, die ihnen über das reine Bezahlen hinaus noch ganz andere Funktionen bietet, die Menschen und Konsumenten das Leben wunderbar einfach machen. Die werden kommen und neue Bewegung bringen – von wem, bleibt aktuell noch offen.
Google Pay in Deutschland
Wie Google in Deutschland und in Europa operieren wird, zeigt sich erst in Zukunft. Strategische Überlegungen und Pläne über ein reines Bezahlsystem hinaus, darf man jedoch unterstellen. Zumal Apple Pay bereits in Europa aktiv ist (noch nicht in Deutschland), Alipay zur Europa-Offensive bläst, Amazon nicht untätig bleiben wird, Facebook mit Bezahlfunktionen in Messenger-Umgebungen wie Whats App Märkte testet und in allen Ländern Europas bereits zahlreiche nationale Bezahllösungen mit im Spiel sind.
In diesem Umfeld einfach eine weitere reine Bezahllösung mit dem Brand "Google" in den Markt zu stellen, dürfte weder die Idee noch die Antwort auf Dauer sein. Wenn doch, wäre das für ein Big Tech mit dem kreativen Gestaltungs- und Innovationswillen von Google sehr überraschend. Das Aktuelle zum Markteintritt ist folglich kaum das Finale und lässt sich im Moment kurz zusammenfassen:
Am 26. Juni 2018 ist Google in Deutschland mit Google Pay gestartet, macht als App aus Android Smartphones mit NFC-Chip eine Kontaktlos-Kreditkarte, funktioniert im Moment noch mit sehr wenigen Karten (und Banken), setzt auf Tokenization, erlaubt Zahlungen unterhalb von 25 Euro ohne PIN- oder Fingerprint-Eingabe und kann natürlich auch Online-Zahlungen.
Schon alles? Kaum, nur das eben, was zum Start bekannt ist, über neue Features, Mehrwert und mögliche Überraschungen werden wir berichten.