War Funders, die Crowdfunding-Plattform der LUKB, seit ihrem Start im Juni 2016 auf Crowdsupporting ausgelegt, gehen die Luzerner nun einen Schritt weiter. Über den neu geschaffenen Bereich Crowdlending können KMU und Startups ihre Projekte auf der Plattform Funders präsentieren und "richtige" Kredite aufnehmen.
"Richtige" Kredite heisst: im Gegensatz zum bereits etablierten Crowdsupporting (Geld gegen immaterielle Leistungen oder ohne Gegenleistung), geht's beim Crowdlending um rückzahlbares Kapital gegen Zinsen. Ein richtiger Kredit eben, allerdings nicht über die Bank, sondern zur Verfügung gestellt von der Crowd.
Kredite von der Crowd
Der Service steht Firmen, Vereinen oder Stiftungen als Kreditnehmer zur Verfügung, welche im Handelsregister eingetragen sind. Privatkredite gibt's keine.
KMU und Startups als Kreditnehmer
KMU und Startups starten ihre Kreditanfrage, indem sie auf der Plattform ihr Unternehmen beschreiben, Zweck und Ziel für die gewünschte Finanzierung formulieren, die Höhe des gewünschten Kredits (mindestens CHF 20'000.–) sowie Kreditlaufzeit und den Maximalzinssatz festlegen.
LUKB als Mittler zwischen Firmen und der Crowd
Auf der Basis dieser Angaben und weiterer Geschäftszahlen erstellt ein externes Ratingunternehmen ein unabhängiges Rating, das zusammen mit dem Projekt des Kreditnehmers auf der Plattform publiziert wird. Die LUKB selbst führt als Betreiberin der Plattform keine bankübliche Kreditprüfung durch und übernimmt auch keine Haftung für die Bonität des Kreditnehmers.
Kommt die Finanzierung erfolgreich zustande, fallen für Kreditnehmer und Kreditgeber einmalig jeweils 0.8 Prozent der gesprochenen Kreditsumme als Vermittlungsgebühr an. Wird die nachgefragte Finanzierungssumme nicht erreicht, läuft das Projekt ohne realisierten Kredit aus und für alle Beteiligten entstehen keine Kosten.
Die Crowd als Kreditgeber
Registrierte Geldgeber platzieren auf der Plattform nach der digitalen Online-Identifikation ihre Kreditgebote und ihre Zinserwartungen. Nach Ablauf der Zeichnungsfrist und sofern die nachgefragte Finanzierungssumme erreicht wird, startet das Auktionsverfahren für die Zuteilung der eingegangenen Kreditzusagen. Das heisst: den Zuschlag für die Finanzierung erhalten die vorteilhaftesten Angebote für den Kreditnehmer (tieferer Zins, höherer Kreditbetrag, Zeitpunkt des Gebotes). Während der Laufzeit des Kredits erhalten die Geldgeber (Crowd) von den Kreditnehmern (KMU und Startups) die im Voraus festgelegten Zins- und Rückzahlungen.
Eine logische Erweiterung
Die Erweiterung zum Crowdlending ist aus der Sicht der Bank sinnvoll und logisch. Die bisherige Crowdsupporting-Schiene hat sich auf der Funders-Plattform etabliert und bietet Privaten, Vereinen oder Veranstaltern gut genutzte Finanzierungsmöglichkeiten für kreative Ideen, für die neuen Tricots des Fussballclubs oder für kulturelle Projekte. Das ist sympathisch, kann die Kundenbindung erhöhen, ist gut fürs Image, hat aber noch wenig mit Erträgen und dem (fast) klassischen Kreditgeschäft zu tun.
Mit der Crowdlending-Schiene schafft sich die LUKB einen aktiven und auch atttaktiven Parallel-Kanal zum klassischen Kreditgeschäft und erweitert damit ihre Geschäftsmöglichkeiten. Kundengruppen, welche sich tiefere Zinsen versprechen oder aus anderen Gründen nicht den Weg der klassischen Finanzierung über die Bank gehen wollen, sind dadurch nicht unbedingt verlorenen Kunden. Wählen diese Kundengruppen die Form der alternativen Finanzierung, machen sie das Geschäft wohl mit der Crowd, indirekt jedoch auch mit der LUKB, welche die Plattform betreibt und über Gebührenmodelle mit im Boot bleibt.
Lohnt sich das für die Bank?
Das wird die Zukunft zeigen, die Antwort gibt der Markt. Gut möglich, dass der eine oder andere Finanzspezialist in Anbetracht der aktuell (noch) tiefen Volumen in der Schweiz die Augen verdreht und wenig Zukunft im Crowdlending erkennen kann.
Das realisierte Volumen für den gesamten Crowdfunding-Bereich in der Schweiz lag für das Jahr 2016 bei 128.2 Millionen Franken. Tatsächlich keine Grössenordnung, die einen Banker zu beunruhigen vermag. Dennoch darf mit Augenverdrehen noch zugewartet werden, weil:
War das Volumen 2016 noch gering, die Wachstumsraten sind es nicht. Von 2015 auf 2016 hat sich das Gesamtvolumen im Crowdfunding nahezu vervierfacht. Crowdlending ist dabei der Bereich mit der stärksten Entwicklung. Ein Blick auf die Zahlen des "Crowdfunding Monitoring Schweiz 2017" der Hochschule Luzern (Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ):
- Crowdfunding 2016
Volumen: CHF 128.2 Millionen für 3'098 Kampagnen
Entwicklung: +362% - Crowdlending 2016
Volumen: CHF 55.1 Millionen
Entwicklung: +597% - Crowdinvesting 2016
Volumen: CHF 39.2 Millionen (Anteil Real Estate Crowdinvesting: CHF 32.4 Millionen)
Entwicklung: +453% - Crowdsupporting/Crowddonating 2016
Volumen: CHF 17.0 Millionen
Entwicklung: +37% - Invoice Trading 2016
Volumen: CHF 17.0 Millionen
Entwicklung: zum ersten Mal erfasst, noch keine Vergleichswerte
Wirft man einen Blick ins Ausland, zeigen die Zahlen aus derselben Studie von 2016, in welche Richtung die Reise gehen kann. Auch im Ausland ist Crowdfunding noch im Aufbau, wenn auch sehr viel stärker entwickelt, aber das Ende der Fahnenstange ist noch längst nicht in Sicht. Einige Werte von 2015:
- China: CHF 97.8 Milliarden
- USA: CHF 34.8 Milliarden
- Grossbritannien: CHF 4.7 Milliarden
- Frankreich: CHF 340.7 Millionen
- Deutschland: CHF 266 Millionen
- Österreich: 12.8 Millionen
- Vergleichswerte Schweiz: 27.7 Millionen (2015), 128.2 Millionen (2016)
Die Autoren der Studie erwarten auch für die Zukunft eine stark beschleunigte Entwicklung in der Schweiz. Insbesondere im Bereich des KMU Crowdlendings und des Real Estate Crowdinvestings. Vor knapp einem Jahr haben die Experten der Hochschule Luzern für den Gesamtmarkt Schweiz ihre Erwartungen für das Jahr 2017 mit einem Volumen von CHF 300 bis CHF 400 Millionen beziffert. Ob sich diese Prognose bewahrheitet, werden die neuen Zahlen für das Jahr 2017 zeigen, die Studie sollte im Mai 2018 vorliegen.
Terrain besetzen für die Zukunft
Lassen sich auch heute noch nicht die ganz grossen Geschäfte machen, kann eine Crowdlending-Plattform als Investition in die Zukunft betrachtet werden. Um für diese Zukunft bereit zu sein und neues Terrain schon mal im Voraus zu besetzen. Die Intentionen von Daniel Salzmann, CEO der Luzerner Kantonalbank, scheinen genau in diese Richtung zu gehen – Salzmann umschreibt seine Motive und Erwartungen mit folgenden Worten:
Wir sind uns bewusst, dass wir als Bank hier Neuland betreten. Uns geht es primär darum, Erfahrungen zu sammeln. Wir schliessen aber nicht aus, dass das Crowdlending langfristig einen Teil des Kreditgeschäftes mit KMU ergänzen könnte. Für diese mögliche Entwicklung wollen wir uns bereits heute fit machen.
Die Zahl der Crowdfunding-Plattformen im In- und Ausland wächst, die nachgefragten Kreditvolumen ebenfalls. Die Investitions- und Betriebskosten für eine gut geführte Crowdlending-Plattform bleiben überschaubar – vor allem dann, wenn man sie in Relation zu möglicherweise nicht (mehr) direkt realisierbaren Finanzierungsgeschäften in der Zukunft setzt, weil die Musik auf anderen Kanälen spielt.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet, gehört die Entscheidung für diese Investition in die Zukunft wahrscheinlich nicht zu den unsinnigsten Entschlüssen der Gegenwart. Eine Weichenstellung, die sich längerfristig in Marktanteilen und in wachsenden Erträgen auszahlen könnte.